Acht der Opfer des NSU trugen türkische Namen, eines einen griechischen, eines einen deutschen. Fatma Aydemir stellt in der taz einen Tag nach dem Urteil gegen Beate Zschäpe die Fragen, die bis heute Scham auslösen: „Wie kann es sein, dass bei solch einer Namensliste die Behörden all die Jahre nicht auf die Idee kamen, im rechten Milieu zu ermitteln? Wieso gingen die Ermittlungen streng in Richtung des eigenen Umfelds und ins Drogenmilieu? Rassismus ist ein Problem, das sich immerzu reproduziert, indem es unsichtbar gemacht wird.“
Konrad Litschko und Andreas Speit berichten in der taz vom Tag der Urteilsverkündung. Durch die mangelnde Kooperation Zschäpes bleibt – wie bei vielen RAF-Morden – über den Hergang der Taten eine Menge unklar.
Stefan Aust geht im Gespräch mit Cicero davon aus, dass die drei NSU-Protagonisten nicht allein agiert haben: „Man darf nicht von drei Tätern reden. Wie gesagt, Frau Zschäpe ist an keinem Tatort gewesen.
Und die Beweise dafür, dass Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos an den Tatorten waren, sind auch nicht besonders stark. Mir hat mal einer der Ermittler gesagt, wenn die beiden Uwes noch am Leben wären, wäre es gar nicht so einfach, ihnen nachzuweisen, dass sie in jedem Fall am Tatort gewesen sein sollen. Es gibt zum Beispiel keine DNA-Spuren – bis auf den Fall des Mordes der Polizistin Michèle Kiesewetter.“
„Ein Gericht ist ein Gericht, keine Wahrheitskommission für Zeitgeschichte“,
schreibt hingegen Heribert Prantl in der SZ und ist einverstanden mit dem Urteil.
Konsequenzen hätte er sich allerdings für den Verfassungsschutz gewünscht:
„Gäbe es ein Strafrecht für Behörden – dieser Verfassungsschutz verdiente die Höchststrafe:
seine Auflösung.
Das wäre ein Paukenschlag: ‚Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil.
1. Der Verfassungsschutz wird aufgelöst.
2. Es wird seine Neuorganisation bis zum 31. 12. 2019 angeordnet.‘
Aber so etwas anzuordnen, lag nicht in der Kompetenz des Staatsschutzsenats des Oberlandesgerichts. Es wäre dies die Pflicht der Bundes- und der Landesregierungen. Diese haben, im Gegensatz zum Gericht, ihre Aufgaben nicht erfüllt. Das Geheimdienst- und Staatsschutzwesen braucht eine Fundamentalreform.„
Und auf Zeit Online meint Mely Kiyak: „Wie immer in diesem Land, wenn es um Terror geht, wird die Wahrheit nie ans Licht kommen. Wie immer in diesem Land, wenn es um Terror geht, ist die Öffentlichkeit darauf angewiesen, dass die Täter sich im Laufe der Jahrzehnte vertrauensvoll an die Reporter des Spiegels oder des Sterns wenden und ihre Versionen von Wahrheit präsentieren werden.
Verlage werden hohe Vorschüsse an Autoren zahlen, denen es gelingen wird, Vertrauen zu den Terroristen aufzubauen, und irgendwann werden echte Täter aus der ersten und Wichtigtuer aus der dritten Reihe wie selbstverständlich in den TV-Sendungen sitzen und sprechen.“