35 Prozent der Bürger legen hauptsächlich mit dem Velo ihre Wege innerhalb der Stadt zurück – ein Wert, den in Deutschland nur wenige andere Radhochburgen wie Münster oder Freiburg erreichen.
„Wir wollen die Attraktivität für die Radfahrer noch weiter steigern“, erklärt Heidelbergs Oberbürgermeister Professor Dr. Eckart Würzner. „Dazu sind wir bereits eine Rad-Offensive mit einem großen Maßnahmenbündel angegangen.
“ Gemeinsam mit Heidelbergs Erstem Bürgermeister Jürgen Odszuck, Alexander Thewalt, Leiter des Amts für Verkehrsmanagement, und dem städtischen Radverkehrsbeauftragten Jochen Sandmaier stellte er das Maßnahmenbündel bei einer Radtour vor Ort vor.
Der aktuell größte Brocken innerhalb der Offensive: Der Bau einer zusätzlichen Rad-Achse vom Heidelberger Süden über den Neckar in das Neuenheimer Feld. Zu Spitzenzeiten sind hier jeden Tag rund 12.000 Menschen auf zwei Rädern unterwegs. „Das ist ein schöner Erfolg unserer Radpolitik. Auf dem wollen wir aufbauen. Wir brauchen deshalb eine Nord-Süd-Achse in einer ganz neuen Qualität“, so OB Würzner. Die zusätzliche Achse kommt auch dem Kraftverkehr zugute: Da Rechtsabbieger weniger Radfahrer zu berücksichtigen haben, wird der Verkehrsfluss auf der Mittermaierstraße besser und sicherer.
Wie die neue Qualität aussehen soll, ist schon heute zu sehen: Die Stadt hat in den vergangenen Jahren eine neue Trasse von der Südstadt in die Bahnstadt angelegt. Auf den ehemaligen Bahntrassen werden Radfahrer und Fußgänger gemeinsam geführt. Die gesamte Trasse ist kreuzungsfrei: Straßen werden per Brücken überspannt. „Das Angebot kommt hervorragend an“, freut sich der OB. „In einer noch besseren Qualität setzen wir die Trasse fort bis an den Ort, der den meisten Verkehr in Heidelberg anzieht: das Neuenheimer Feld.“ Bei dem hohen Verkehrsaufkommen an Radfahrern legt die Stadt Radwege grundsätzlich nur noch getrennt vom Fußverkehr an. Diese Trennung des schneller werdenden Radverkehrs vom Fußverkehr dient neben dem Komfort für beide der Sicherheit.
Die Stadt geht jetzt die zwei letzten großen Teilprojekte für die Nord-Süd-Achse an. Die Gneisenaubrücke verbindet die Bahnstadt mit Bergheim über die Bahngleise hinweg. Derzeit läuft das Genehmigungsverfahren beim Regierungspräsidium. Das Geld – 8,5 Millionen Euro – steht bereits bereit, inklusive Fördermitteln von 1,7 Millionen Euro durch das Land. „Wir haben das Ziel, noch in diesem Jahr mit dem Bau beginnen zu können“, erklärt OB Dr. Würzner. An die Gneisenaubrücke soll sich eine Rad- und Fußwegverbindung über den Neckar ins Neuenheimer Feld anschließen. Hierzu startet die Bürgerbeteiligung am kommenden Freitag, 13. Juli 2018.
Die Stadt wächst – und mit ihr das Verkehrsaufkommen
Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck dazu: „Der Verkehr ist die wichtigste Herausforderung in unserer Stadt – das ergibt regelmäßig die Heidelberg-Studie. Ein Grund ist, dass wir uns in einem innerstädtischen Bereich bewegen, der hoch verdichtet ist, und das Straßennetz weder quantitativ noch qualitativ den heutigen Anforderungen gewachsen ist. Heidelberg ist eine dynamisch wachsende Großstadt – auch das Verkehrsaufkommen erhöht sich kontinuierlich.“
In nur zehn Jahren sei die Einwohnerzahl um rund 15.000 Bürger gestiegen. Mit der Entwicklung der Bahnstadt und der Konversionsflächen setze sich der Trend fort. „Mit der umfassenden Stärkung des Fahrradverkehrs drehen wir an einer wichtigen Stellschraube.“
Fokus auf Fahrradhauptachsen und Lückenschluss des Radwegenetzes
Daneben ist die Weiterentwicklung der Ost-West-Achse geplant. Sie sieht beispielsweise eine Umgestaltung des Adenauerplatzes vor. Dort soll die Radwegeführung in Ost-West-Richtung klarer strukturiert werden, unter anderem mit neuen Fahrradstreifen und Ampeln. Die Arbeiten sollen ab Februar 2019 beginnen, die Gesamtkosten belaufen sich auf voraussichtlich 1,15 Millionen Euro.
Hinzu kommt der schrittweise Lückenschluss des bestehenden Radwegenetzes. Die Stadt hat hierzu ein Programm definiert, um 15 Lücken zu schließen. Das Spektrum reicht von wenigen Metern wie in Neuenheim an der Haltestelle Kußmaul-Straße bis hin zu mehreren Kilometern entlang der Peterstaler Straße in Ziegelhausen. Ebenfalls geplant sind weitere Fahrradstraßen. In der Vorbereitung sind derzeit 20 Abschnitte.
Deutliche Verbesserungen im Radwegenetz realisiert Heidelberg auch im Rahmen anderer Verkehrsprojekte. So bekommen Radfahrer beispielsweise zwei eigene Spuren auf der neuen Brücke nach Eppelheim, die im Rahmen des Mobilitätsnetzes gebaut wird. Auch am Hauptbahnhof verbessert sich die Situation künftig für Radler im Zuge des Umbaus des Bahnhofsvorplatzes.
Radschnellverbindungen in die Nachbarkommunen
Gemeinsam mit anderen Kommunen und dem Verband Region Rhein-Neckar setzt sich die Stadt Heidelberg dafür ein, interkommunale Radschnellwege zu schaffen. Hintergrund ist, dass Heidelberg eine Stadt mit sehr hoher Pendlerquote ist: Der Anteil der Einpendler an den Beschäftigten am Arbeitsort beträgt 70 Prozent. Anvisiert werden Radschnellwege in nördlicher Richtung entlang der Bergstraße bis nach Darmstadt, nach Südwesten bis Schwetzingen, nach Süden bis Bruchsal. Zudem soll die Radverbindung nach Leimen ausgebaut werden. Für den Radschnellweg in Richtung Westen nach Mannheim hat das Land Baden-Württemberg die Baulastträgerschaft übernommen. Auch hier ist eine Bürgerbeteiligung geplant.
Am Donnerstag, 12. Juli 2018, 18 Uhr, findet eine öffentliche Veranstaltung des Regierungspräsidiums Karlsruhe in der Heidelberger Stadthalle statt.
„Unsere Vision ist eine schnelle und komfortable Fahrradwegeverbindung von Schwetzingen über Heidelberg bis nach Darmstadt beziehungsweise bis nach Mannheim“, sagte Alexander Thewalt, Leiter des Amts für Verkehrsmanagement. „Mit Pedelecs und E-Bikes lassen sich heute auch größere Distanzen zurücklegen – ohne verschwitzt ins Büro zu kommen. Fast jeder dritte Weg, der mit dem Auto gefahren wird, ließe sich ersetzen, wenn die Potentiale des Fahrrads ausgeschöpft werden. Das hat eine Studie des Umweltbundesamts vor fünf Jahren ergeben. Aus Fahrradmetropolen wie Amsterdam oder Kopenhagen weiß man, dass mit der Verbesserung der Fahrradinfrastruktur der Anteil an Fahrradfahrern erheblich ansteigt. Insofern sind wir mit unseren Radverkehrsaktivitäten auf einem guten Weg.“
Heidelberg deutschlandweit unter Top 10 fahrradfreundlicher Kommunen
Auf dem Fahrradklima-Index des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), der die Fahrradfreundlichkeit von Kommunen misst, rangiert Heidelberg bundesweit auf Platz 7 unter den Städten vergleichbarer Größenordnung. Jochen Sandmaier, seit 2014 Fahrradbeauftragter bei der Stadt Heidelberg, berichtete: „Das Fahrrad ist seit mehr als einem Jahrzehnt das beliebteste innerstädtische Verkehrsmittel in Heidelberg. Im regelmäßigen Kontakt mit den Bürgern nehme ich wahr, dass sich immer mehr Menschen fürs Fahrradfahren begeistern. Der siebte Platz auf dem Fahrradklima-Index ist für uns Ansporn, im Urteil der Fahrradfahrer noch besser zu werden.“
Kleinere Maßnahmen verbessern Fahrkomfort und Sicherheit der Radfahrer
Zu der Fahrrad-Offensive gehören unter anderem die 2015 erfolgte Einrichtung des öffentlichen Fahrradvermietsystems VRNnextbike. Es hält aktuell 29 Stationen mit Mieträdern in Heidelberg bereit. Zudem fördert die Stadt die Anschaffung von Lastenrädern und -anhängern. Seit einigen Monaten können Interessierte kostenlos zwei Lastenräder ausleihen, um die Alltagstauglichkeit zu testen. In den vergangenen vier Jahren hat die Stadt Heidelberg 830 zusätzliche Fahrradstellplätze im gesamten Stadtgebiet eingerichtet. Rund um den Hauptbahnhof – einen Hotspot des Fahrradparkens – gibt es aktuell 100 Abstellmöglichkeiten mehr als zuvor. Mittelfristig soll ein Fahrradparkhaus mit 800 bis 1.000 Stellplätzen entstehen.
Aktivitäten im Rahmen der Initiative RadKULTUR sollen die Freude am Fahrradfahren erhöhen. Mit Aktionen wie „plus 5 Minuten“ und „Schulterblick“ soll die Verkehrssicherheit erhöht werden. So werden Fahrradfahrer animiert, mehr Zeit für ihren Weg einzuplanen, um kritische Situationen zu vermeiden. Autofahrer werden sensibilisiert, beim Abbiegen stärker auf Radfahrer zu achten.