Der Verfassungsschutz hat gerade seinen Bericht für 2017 vorgelegt. Der größte Aufreger ist gleichzeitig die größte Schein-Nachricht: Im Vorjahr zählten die Verfassungsschützer noch 10.000 Reichsbürger, jetzt schon 16.500. Kriechen die Rechten also wieder erstarkt aus dem Gulli? Nein, die Szene ist schon lange wieder stark, jedoch kann der Geheimdinst bei solchen Bildern (rechts)  gar nicht mehr nicht nicht hinschauen – weil ihm nämlich gerade mächtig auf die Finger geschaut wird. Dennoch habe man nach eigener Auskunft „noch immer kein volles Bild der Szene“:

Morde, Sprengstoffanschläge, Raubüberfälle – die Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier Helfer des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“ sind verurteilt. Damit aber darf die Aufklärung noch lange nicht enden. Zu viele Umstände der Taten liegen noch im Dunkeln, zu viele mögliche Tatbeteiligte sind bislang im schlimmsten Fall unbekannt – und die nächste Generation der Rechtsterroristen wächst längst wieder heran.

Die Biographien der NSU-Terroristen, ihrer Helfer und Unterstützer sind eng mit den gesellschaftlichen Radikalisierungsprozessen der Neunziger Jahre verbunden. Böhnhardt, Zschäpe, Mundlos: Das Kerntrio der Terrorgruppe entstammte einer rechtsradikalen Szene, die im Deutschland der Neunziger Jahre nicht überall Außenseiter war. Im Gegenteil: Der Terrorismus war eingebettet in ein Milieu aus Bürgerlichen und Parteien, die die Ideologie der Täter teilten oder billigten. Er war eingebettet in ein umfassendes Klima des Rassismus und des Nationalismus.

Die Waffen der Terrorgruppe NSU: Bis heute ist nicht vollständig geklärt, woher sie kamen, wer sie überbrachte.

Rechter Terror wieder salonfähig:

Die Fremdenfeindlichkeit, die Asyldebatte, der kurzzeitige Aufstieg rechtsradikaler Parteien wie der NPD im wiedervereinigten Deutschland – viele der Phänomene, die die Neunziger Jahre prägten, begegnen uns 20 Jahre später wieder. Die Bilder der brennenden Flüchtlingsheime der vergangenen Jahre ähneln den damaligen Pogromen in Rostock-Lichtenhagen, Solingen und Hoyerswerda – und auch die Unterstützerbasis dieser erneuten Gewaltwelle ist vergleichbar. Vokabular und Weltbild, mit denen die NPD einst noch provozierte, sind heute eine offenbar salonfähige „Alternative für Deutschland“.

Mit der AfD hat es eine Partei in den Bundestag, in Landesparlamente und (wie auch mit zwei Leuten in den Heidelberger Gemeinderat) geschafft, die begrifflich, personell und ideologisch den militanten Rechtsradikalen ähnlich nahe steht wie die NPD – gegen u. a. deren Verbot wir vor Jahren bereits geschrieben haben.
Der Landesvorsitzende Brandenburgs, Andreas Kalbitz, besuchte im Jahr 2007 – als der NSU im Verborgenen bereits zehn Menschen ermordet hatte – ein paramilitärisches Zeltlager der nationalsozialistischen „Heimattreuen Deutschen Jugend“. Wenig später wurde der Verein als verfassungsfeindlich verboten – im NSU-Prozess in München vertrat ein ehemaliger Führungskader den angeklagten Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben als Anwalt.

Die AfD ist der sichere Hafen

Und Kalbitz ist nicht das einzige Beispiel. Auch in weiteren Teilen der Partei ist eine Nähe zu jenen Kreisen festzustellen, die nicht nur ideologisch dem rechtsextremen Terrorismus das Feld bereiten. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jan Nolte beschäftigt als Mitarbeiter einen mutmaßlichen Komplizen des Terrorverdächtigen Franco A., der sich Waffen für Anschläge auf Politiker besorgte. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron wurde lange Zeit vom Verfassungsschutz für seine Nähe zur Identitären Bewegung beobachtet – bis sein Einzug ins Parlament (und so weiter!) das unmöglich machte.

Jul 2018 | Allgemein, InfoTicker aktuell, Junge Rundschau, Politik, Sapere aude | 1 Kommentar