Von den Tagesthemen bis zur Süddeutschen Zeitung: Zahlreiche Medien berichten derzeit über sogenannte „Predatory Journals“ – nur scheinbar seriöse wissenschaftliche Journale, deren Beiträge jedoch nicht die als „Peer Review“ bezeichnete Prüfung durch Fachkollegen durchlaufen haben.
Besonders tragisch ist es, wenn auf diese Weise dubiose Krebstherapien als wissenschaftlich seriös einherkommen.
Für Patienten ist daher der beste Schutz, auf die Behandlung in großen Krebszentren zu vertrauen – nach medizinischer Leitlinie oder im Rahmen klinischer Studien.„Die Praktiken unseriöser Journale schaden der gesamten Wissenschaft und werfen ungerechtfertigt ein schlechtes Licht auch auf die weit überwiegend seriös arbeitenden Wissenschaftler“, sagt Michael Baumann, Vorstandvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). „Besonders schlimm ist es, wenn Patienten durch die ungeprüften Ergebnisse der ‚Fake Science‛ verunsichert werden und sich dadurch womöglich für Therapien ohne nachgewiesenen Nutzen entscheiden.“
In der Tat beobachten die Expertinnen im Krebsinformationsdienst des DKFZ, dass es zunehmend Anbieter gibt, die ihre – in aller Regel für den Patienten kostenpflichtigen – Methoden zur Krebsbehandlung unter Berufung auf pseudowissenschaftliche Fachartikel anpreisen, die keine nach anerkannten Regeln durchgeführte wissenschaftliche Prüfung durchlaufen haben. Diese besteht bei seriösen Fachzeitschriften aus einer kritischen Beurteilung durch Experten anderer Institutionen (Peer Review) und einer genauen Bewertung durch die Herausgeber. Neue Erkenntnisse werden darüber hinaus umfassend in der jeweiligen medizinischen Fachgemeinschaft diskutiert, bevor sie in klinischen Studien weiter getestet werden oder Eingang in Behandlungsleitlinien finden.
„Für Betroffene und Patienten ist es oft nicht möglich zu beurteilen, wie belastbar die Beweise zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Verfahrens tatsächlich sind“, so Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes des DKFZ. Und auch hochseriöse Forschungsergebnisse, die in anerkannten Journalen veröffentlicht wurden, münden nicht immer in einem neuen Behandlungsverfahren, das Erkrankten einen zusätzlichen Nutzen bietet. „Generell ist die Entscheidung für ein Therapieverfahren allein auf der Basis einer eigenen Literaturrecherche meist nicht empfehlenswert“, erklärt Weg-Remers.
Doch was können Patienten tun, um die für sie beste Therapie zu finden? Als öffentlich finanzierter und unabhängiger Ansprechpartner bietet der Krebsinformationsdienst des DKFZ fundierte Informationen zu Krebs – auf Basis der besten verfügbaren Evidenz. „Alle unsere Informationen sind durch Fachquellen belegt, die ein Team aus Experten des Krebsinformationsdienstes kontinuierlich sorgfältig prüft und im Hinblick auf ihre wissenschaftliche Beweiskraft einordnet“, erläutert Weg-Remers.
Ratsuchende, die sich per Telefon oder E-Mail an dieses Angebot des DKFZ wenden, können sicher sein, seriöse, aktuelle und verständliche Antworten auf ihre Fragen zu erhalten. „Generell raten wir, dass Patienten auf eine Behandlung in ausgewiesenen Krebszentren oder onkologischen Praxen vertrauen sollen. Dort wird die Therapie – soweit möglich – entlang medizinischer Leitlinien durchgeführt. Zudem können Patienten an klinischen Studien teilnehmen, mit denen innovative Therapieverfahren seriös geprüft werden“, erklärt die Expertin. „Im Einzelfall kann es auch sinnvoll sein, eine zweite ärztliche Meinung einzuholen.“
Dagmar Sitek, die Leiterin der Zentralbibliothek des DKFZ, sagt: „Wir bekommen zahlreiche Anfragen von Wissenschaftlern, die von unseriösen Verlagen, die häufig aggressive Marketingpraktiken an den Tag legen, zur Publikation ihrer Ergebnisse aufgefordert werden.“ Sitek bietet daher regelmäßig Workshops an, bei denen sich junge Wissenschaftler mit den Regeln guter wissenschaftlicher Publikation vertraut machen können. Sie appelliert an die Kollegen aus der Forschung: „Fragen Sie im Zweifelsfall lieber bei uns nach. Wir prüfen jeden Einzelfall.“
Die Praktiken der unseriösen Predatory Journals schaden der Forschung gleich in mehrfacher Hinsicht: Zum einen werden ungeprüfte Forschungsergebnisse verbreitet, auf die sich wiederum möglicherweise Fachkollegen mit ihrer Arbeit berufen. Einmal veröffentlich, sind solche „Fake News“ nur schwer wieder aus der Welt zu schaffen. Auf der anderen Seite kommen Wissenschaftler zu Schaden, die ihre seriösen und wichtigen Ergebnisse im guten Glauben in einem solchen Journal publizieren und damit sich und möglicherweise ihre gesamte Forschung in Verruf bringen.
Kontakt zum Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums:
Telefon: 0800 420 30 40, täglich von 8:00 bis 20:00 Uhr, kostenfrei
E-Mail: krebsinformationsdienst@dkfz.de
Wie funktioniert die wissenschaftliche Qualitätssicherung in der Krebsforschung und Krebsmedizin? Der Krebsinformationsdienst beschreibt dies allgemeinverständlich auf der folgenden Internetseite:
https://www.krebsinformationsdienst.de/grundlagen/ebm-leitlinien.php
Die Helmholtz-Gemeinschaft hat im Internet Kriterien zusammengestellt, anhand dererWissenschaftler Fachzeitschriften auf Seriosität überprüfen können:
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.000 Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.