
Aus dem Simplicissimus vom 31.8.1925: „Zwölf Mark kost‘ dees Büachl? A bißl teier, Herr Nachbar … Zündhölzeln ha’m S‘ koane??“
Einen Tag vor dem Erscheinen waren die ersten 4.000 Exemplare schon weg: „Mein Kampf“, das Buch, mit dem Adolf Hitler seinen Rassenwahn und die NS-Ideologie begründete, ist vor zwei Jahren als „historisch-kritische Neuausgabe“ erschienen.
Das Werk könnte auch – streng eingeordnet – im, war zu hören, Schulunterricht in Berlin und Brandenburg eingesetzt werden.
Ein Vertreter des zuständigen Buchvertriebs bestätigte am Donnerstag, die bundesweite Erstauflage reiche noch nicht einmal für die 15.000 Vorbestellungen aus, die inzwischen eingegangen sind. Die erste Auflage umfasst nur 4.000 Exemplare.
Zweite und dritte Auflage sind schon geplant
Einen solchen „Run“ habe man nicht erwartet, sagte der Firmensprecher. Eine zweite und dritte Auflage sind aber bereits geplant. Die nächste soll am 18. Januar erscheinen. Wegen des ausführlichen wissenschaftlichen Kommentars ist das Buch knapp 2.000 Seiten stark und kostet 59 Euro. Die beiden Bände werden vom „Institut für Zeitgeschichte“ (IfZ) in München herausgegeben und auch in Süddeutschland gedruckt. Der Vertrieb erfolgt jedoch von Berlin aus.
Dass die politisch umstrittene Neuausgabe überhaupt möglich geworden ist, hat urheberrechtliche Gründe. So war der Urheberschutz gut 70 Jahre nach dem Tod Hitlers am 31. Dezember 2015 ausgelaufen. Die Herausgeber haben jahrelang recherchiert, um die von Hitler niedergeschriebenen Ideen kritisch zu hinterfragen und auch zu widerlegen. Unkommentierte Ausgaben von „Mein Kampf“ bleiben in Deutschland hingegen weiterhin verboten.
Bayern wollte den Nachdruck verhindern
Hitler hatte das Buch 1924 nach seinem Umsturzversuch im November 1923 in der Festungshaft in Landsberg geschrieben. Darin waren bereits die Grundlagen für seine spätere Eroberungspolitik angelegt. Die US-Militärregierung übertrug die Urheberrechte an dem Werk nach Kriegsende 1945 an den Freistaat Bayern, der seitdem eine Neuveröffentlichung verhindert hatte. Dabei hatten die bayerischen Behörden immer wieder die Ansicht vertreten, dass ein Nachdruck zur Verbreitung verfassungsfeindlicher Propaganda und der Volksverhetzung dienen könne.
Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) und der Deutsche Lehrerverband haben sich dafür ausgesprochen, die Neuausgabe auch im Schulunterricht einzusetzen. Auch Bayern hält ihren Einsatz im Schulunterricht für möglich. „Das menschenverachtende Weltbild Hitlers und der NSDAP muss dabei demaskiert werden, damit die Hetzschrift ‚Mein Kampf‘ nicht politisch oder ideologisch missbräuchlich eingesetzt oder falsch verstanden werden kann“, sagte der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle.
Auch Schulen wollen das Buch behandeln
Schließlich gehört die Analyse zeitgenössischer Quellen, darunter auch von Auszügen aus „Mein Kampf“ und von Hitler-Reden, seit langem zum Unterrichtsstoff. Grundsätzlich müsste solche Quellen im historischen Kontext behandelt werden. Dabei würden auch Hitlers Absichten thematisiert.
Die kommentierte Neuausgabe von „Hitlers Machwerk und Machtwerkzeug“ könne vor allem in den Fächern Geschichte und Politische Bildung eingesetzt werden. Der Text eignet sich in der Tat, um über Verführung durch Sprache, über Demagogie und planmäßige Lügen zu diskutieren. Andere NS-Textejedenfalls werden dafür bereits genutzt, darunter auch die Sportpalast-Rede von Joseph Goebbels, in der der NS-Propagandaminister 1943 in Berlin zum „totalen Krieg“ aufgerufen hatte.
„Der Ideologie des Nationalsozialismus entschieden entgegentreten“
Schulverwaltungen halten die kritische Auseinandersetzung mit Hitlers Buch für unproblematisch. So gebe es auch im Deutschunterricht Anknüpfungspunkte, um den Nationalsozialismus zu thematisieren, wozu die Lehrkräfte Literaturbeispiele frei wählen können.
Ziel muss allerdings sein, Persönlichkeit heranzubilden, welche fähig sind, der Ideologie des Nationalsozialismus und allen anderen zur Gewaltherrschaft strebenden politischen Lehren entschieden entgegenzutreten. Demokratie, Frieden, Freiheit und Menschenwürde sind dabei wichtige zu vermittelnde Werte.
Albert Speer, 1980 im Gespräch [2] mit Heidelberger (KFG)-Schülern in der „Grabengasse 9“ wurde nach eigenem Bekunden dieser Werte-Vermittlung nicht teilhaftig. Er habe dies Buch nicht gelesen. Hätte er mal getan haben sollen.