Neben dem traditionsreichen Heidelberger Bachchor (Foto: © Annemone Sake) unter der Leitung von Christian Kabitz und dem Philharmonischen Orchester Heidelberg begleiten die Sopranistin Silke Evers, der Altus Jonathan Mayenschein, der Bass Thomas Trolldenier sowie der Heidelberger Tenor Namwon Huh das Konzert. Die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Silke Evers ist in großen Konzertsälen wie der Berliner Philharmonie, dem Berliner Konzerthaus, der Kölner Philharmonie oder der Tonhalle Zürich zu hören und kommt für dieses Konzert nach Heidelberg. Der erst 1997 geborene Jonathan Mayenschein erhielt bereits im Alter von sechs Jahren Gesangsunterricht. Er war Mitglied in verschiedenen Chören, u. a.bei den Aurelius Sängerknaben, ähnlich wie Gastsänger Thomas Trolldenier, der seine ersten sängerischen Erfahrungen als langjähriges Mitglied der Würzburger Domsingknaben sammelte. Der beliebte Heidelberger Tenor Namwon Huh ist derzeit unter anderem als Ernesto in „Don Pasquale“ und Don Ottavio in „Don Giovanni“ zu erleben und wechselt für diesen Abend in der Peterskirche Kostüm und Maske gegen Frack und Sängerpult.

Autograph der ersten Seite des Credo

Bachs h-Moll-Messe gehört zu seinen größten und nicht zuletzt den am schwierigsten aufzuführenden Werken überhaupt. Sie hat den Komponisten über zwei Jahrzehnte beschäftigt: angefangen vom Sanctus (1724) über die „Missa“ von 1733 bis zu den ergänzenden Ordinariumssätzen aus den letzten Lebensjahren. Damit bildet das Werk in seinem Formenreichtum an Arien, Duetten sowie konzertanten und fugierten Chören eine Essenz seines profunden Könnens und persönlichen Stils.

Es sei das „größte musikalische Kunstwerk aller Zeiten und Völker“ (so enthusiastisch der erste Herausgeber Hans Georg Nägeli 1818), eines der anspruchsvollsten chorsinfonischen Werke überhaupt und, zu guter Letzt als Weltdokumentenerbe aufgenommen. Lange dachte man, die Kunst der Fuge sei Bachs letztes Werk gewesen. Doch Bach beschäftigte in seinen letzten Lebensjahren noch etwas anderes: Der Plan, eine schon vollendete „Missa brevis“ aus dem Jahre 1733 (bestehend aus Kyrie und Gloria) zu einer „Missa solemnis“ mit Credo, Sanctus und Agnus auszubauen. In den Jahren 1748 und 1749 macht er sich daran, die 15 Jahre alte, kleine Messe zur großen zu vervollständigen. Dieses heute als „h-Moll-Messe“ bekannte Werk wurde zu seinem „Opus summum“, seinem Vermächtnis – zur letzten großen Komposition, die er vollenden konnte, bevor er am 28. Juli 1750 in Leipzig verstarb.

Hören Sie hier schon einmal – quasi zur Einstimmung auf dies großartige Werk  (J.-S. Bach würde begeistert gewesen sein) – Ausschnitte (Sanctus, Osanna, Benedictus, Agnus Dei, Sanctus) von einer Probe des Windsbacher Knabenchors.

Im August 2017 besuchten wir dann die Aufführung mit den Windsbachern auf dem Rheingau Musik Festival im Kloster Eberbach – und waren beeindruckt von sowohl der Durchsichtigkeit, Balance und Transparenz dieser Interpretation zugunsten der Vokalstimmen, die von der barocken Phrasierung zumeist flüssiger Tempi lebte, wie auch der Gegenüberstellung von Sätzen im Stilo antico wie beispielsweise im „Gratias“, „Credo“ oder „Confiteor“ und einer barocken Klangsprache, wie sie im „Gloria“  oder „Osanna“ erklingt. Faszinierend für uns in der eberbacher Aufführung der Windsbacher, wie der Chor im „Credo“ – das läßt sich oben links auf der ersten Seite beinahe schon graphisch erleben – in fünfstimmigem Chor und basso continuo einen eher lyrischen Fugenkopf mit der zweimaligen Wiederholung „Confiteor , confiteor“ mit einem signalartigen Oktavsprung als Bekräftigung nach oben gibt. Zum Schluss des „Confiteor“ dann lässt der Chor dieses mystisch und harmonisch so unglaubliche „Et expecto resurrectionum morturorum“ (Ich erwarte die Auferstehung der Toten) im Adagio, in dem einen die aufsteigenden Dreiklangs-Brechungen einzelner Stimmen innerhalb kühner Harmonik nachgerade den Fingerzeig gen Himmel weisen könnten. Natürlich – auch dies ein Satz von vielen, der aber erahnen läßt, was hier alles an Details und kompositorischer Auslegung zu entdecken – und zu interpretieren – ist.
Mit dem Ausschnitt aus unserer  „Konzertkritik“ der Windsbacher möchten wir aufzeigen, wie sehr Bach auch verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten Raum läßt. Wir freuen uns auf den Abend in der Peterskirche …

Weitere Informationen zum Konzert des 3. Bachchor-Konzerts
und Tickets: www.theaterheidelberg.de 06221|5820.000

März 2018 | Heidelberg, Allgemein, Feuilleton, InfoTicker aktuell, Junge Rundschau, Senioren, Rhein-Neckar-Kreis | Kommentieren