Im vergangenen Jahr hat es nach Angaben der Bundesregierung 2219 Angriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte gegeben. Damit sei die Zahl der fremdenfeindlichen Übergriffe gegenüber dem Jahr 2016 zurückgegangen, das gehe aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Parlamentsanfrage der Linkspartei hervor. 2016 seien noch etwa 3500 Angriffe erfasst worden. Zu den Delikten zählten gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung, Beleidigung, Volksverhetzung, Hausfriedensbruch, schwere Brandstiftung und Sprengstoffexplosionen.

Auch gegen Sinti und Roma richten sich ausgeprägte Aggressionen. Sie neigten zur Kriminalität, meinen 58,5 Prozent der Deutschen. Und etwa die Hälfte der Bevölkerung ist der Ansicht, Sinti und Roma sollten aus den Innenstädten verbannt werden. Schwule und Lesben sind ebenfalls  Zielscheibe solcher Abwertungen.

Diese Ressentiments gegen einzelne gesellschaftliche Gruppen haben deutlich zugenommen in den vergangenen Jahren. Zugleich bewegen sich „klassische“ rechtsextreme Einstellungen auf gleichbleibendem Niveau – wie Judenhass, Überfremdungsängste, Führerfantasien oder ein verharmlosender Blick auf die NS-Vergangenheit.

Einer der Studienautoren, Oliver Decker, sagt, es sei eine Verschiebung zu beobachten – weg von „althergebrachten“ rechten Positionen hin zu Aggressionen gegen einzelne Gruppen. Auch weil solche Aussagen gesellschaftlich auf etwas mehr Akzeptanz treffen als etwa eine Verherrlichung der NS-Zeit. Der Rechtsextremismus-Experte Timo Reinfrank erklärt, es gehöre zum Modernisierungskurs der Rechten, sich weg zu bewegen vom „verpönten Erbe des Rechtsextremismus“ hin zu neuen Mobilisierungsparolen.Das „verpönte Erbe“ trifft aber auch immer noch auf Zustimmung von bis zu zehn Prozent und mehr in der deutschen Bevölkerung. Da wird befunden, der Nationalsozialismus habe auch seine guten Seiten, Hitler ebenfalls, die NS-Verbrechen würden übertrieben dargestellt und Deutschland brauche wieder einen starken Führer. Auch die allgemeine Ausländerfeindlichkeit, die sich gegen Migranten insgesamt richtet, ist nach wie vor weit verbreitet. Fast 34 Prozent der Deutschen meinen, die Bundesrepublik sei „durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Ausmaß überfremdet“. Und ein gutes Viertel der Bevölkerung findet: „Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken.“Elmar Brähler – ebenfalls Studienautor – betont: „Das Ausmaß der Ausländerfeindlichkeit hat zwar nicht zugenommen, aber es war immer schon da und es ist groß.“ Auch das sei besorgniserregend.

Und: Menschen mit rechten Einstellungen sind laut Studie zunehmend offen dafür,
zur Durchsetzung ihrer Interessen Gewalt anzuwenden.
Die Wissenschaftler meinen, das Potenzial für rechtspopulistische Parteien sei noch größer
als es die Wahlergebnisse bislang zeigten.
März 2018 | Allgemein, Politik, Sapere aude | Kommentieren