Die Frage, was überhaupt „deutsch“ ist, hat an Popularität gewonnen – das lässt sich angesichts der Ergebnisse der letzten Bundestagswahl nicht bestreiten. Dass selbst in Kreisen der Unionsparteien wieder widerstandslos von einer „konservativen Revolution“ gesprochen wird, unterstreicht diese allgemeine gesellschaftliche Tendenz. Es ist nicht zu leugnen: „Deutschland verändert sich.“
Damit beginnt Peter Trawnys 2016 erschienenes Buch, das mit der Frage Was ist deutsch? betitelt ist, um im Untertitel konkreter den Verrat an dem Vermächtnis Adornos zu konstatieren.
Bereits 1965 hatte Adorno in einem Radiointerview diese Frage „reflektiert“, was im ersten Schritt ihre Kritik bedeutet. „Denken ist, an sich schon, vor allem besonderen Inhalt Negieren“, heißt es in der Negativen Dialektik pointiert. Adorno wende sich gegen die vergegenständlichte Form des Denkens, durch die es ‚das Deutsche‘ auf einige Charakteristika herunterbricht, um es dann scheinbar allgemeingültig festzusetzen, referiert Trawny Adornos Kritik der Frage. Vielmehr gebe es statt einer deutschen Identität eine Nicht-Identität des Deutschen.
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