Pressestimmen

► „Süddeutsche Zeitung“: Gefolgschaft gekündigt

„Einige Parteifreunde sollen Schulz in den vergangenen Tagen an Scharpings Satz erinnert haben. Vielleicht hat ihn das von seinem Vorhaben abgebracht, nach dem Job des Außenministers in einer möglichen neuen großen Koalition zu greifen, obwohl er doch versprochen hatte, niemals in ein Kabinett unter Kanzlerin Merkel einzutreten. Vielleicht war es der Sturm der Entrüstung, der öffentlich über Martin Schulz hinwegbrauste. Und sicher hat eine Rolle gespielt, dass ihm nun, was längst überfällig war, andere Spitzengenossen die Gefolgschaft aufgekündigt haben.“

► WELT: Hoch gepokert und vollkommen verzockt

„Martin Schulz hat hoch gepokert und sich vollkommen verzockt – in mehrfacher Hinsicht. Die SPD ertrug das mit Selbstverleugnung und Schmerzfreiheit. Ein kollektives Führungsversagen, wie es dies selten in der SPD gegeben hat. Nicht zufällig erwies sich die Fraktion als immer einen Schritt dem Parteivorstand voraus. Die Abgeordneten kannten offenbar besser als Schulz die Stimmung in der Bevölkerung. Einst hatte Schulz über Gabriel gesagt, der reiße mit dem Hintern alles wieder ein, was er zuvor aufgebaut habe. Bei Schulz, dem erfolgreichen früheren EU-Parlamentspräsidenten, fällt einem eigentlich gar nichts ein, was er seit seiner Ausrufung zum Parteichef und Kanzlerkandidaten im Januar 2017 aufgebaut haben soll. Eingerissen hat er umso mehr.“

►„Mannheimer Morgen“: Opfer des eigenen Chaos

„Schulz ist nicht nur ein Missverständnis, ein Unfall in der sozialdemokratischen Geschichte, sondern er ist in den letzten Monaten zum Super-Gau der Genossen geworden. Nicht andere haben ihn zu Fall gebracht. Endgültig zu Fall gebracht hat Schulz sich allein. Er ist Opfer des Chaos, das er angerichtet hat in einer Partei, die ohnehin anfällig ist für selbstzerstörerisches Verhalten. Sein Verzicht könnte nun die entscheidenden Stimmen für die GroKo bringen. Ob damit aber auch das Chaos in der SPD beendet sein wird, ist nicht sicher. Schließlich muss sich die Partei nun auch selber fragen, wieso sie sich in Martin Schulz so irren konnte.“

  • Schulz vor dem Aus!
    So stürzte die SPD ihren Noch-Chef

    Nach dem Koalitions-Poker schien für Martin Schulz die Welt sehr in Ordnung zu sein. Zwei Tage später ist plötzlich alles anders.

  • Sie waren mal Freunde … Wie Gabriel Martin Schulz rasiert
    der jetzt den Triple-X gibt: Ex-EU-Parlamentschef, Ex-Kanzlerkandidat, demnächst Ex-SPD-Chef. Kurz: ein Spezialist für Bruchlandungen.

„Badische Zeitung“ (Freiburg): Hype war Verblendung

„Oje, SPD! Weit weg von der Intensivstation ist die alte Tante nicht mehr. Im Innersten zerrissen und nach außen konfus erscheint sie in diesem Zustand allenfalls bedingt regierungsfähig. Martin Schulz jedenfalls, dessen Kurzzeit-Ära nun ein jähes Ende fand, hat der SPD nicht gut getan. Der Hype um ihn entpuppte sich als Verblendung, der folgende Absturz als große Ernüchterung. Beides ist nicht nur seine Schuld. Doch das ändert nichts daran, dass der Blick auf diese Partei einen geradezu beelendet.“

„Neue Osnabrücker Zeitung“: Nicht nachzutreten fällt schwer

„Dem Vernehmen nach hat jeder, wirklich jeder geraten, alles zu werden, nicht aber ins Kabinett einzutreten. Martin Schulz hat sich anders entschieden. Das Ergebnis ist bekannt. Die Schuld trägt er allein. Justizminister. Das wäre ihm vielleicht noch verziehen worden. Aber das Außenamt? Schulz hatte ganz offenkundig nicht verstanden, wie sehr er die Hoffnungen im vergangenen Jahr enttäuscht hatte, und zwar umso stärker, je näher die Menschen ihn kennenlernten. Es gebietet der Anstand, nicht nachzutreten, da Schulz nun am Boden liegt. Doch sich zu beherrschen fällt schwer. (…)“

Das sagt die SPD-Basis

  • Martin Schulz

    Genossen-Schelte Wut der SPD-Mitglieder zwang Schulz zum Rückzug

    Martin Schulz wird nun doch nicht neuer Außenminister. Grund dafür ist eine massive Wutwelle der SPD-Mitglieder.

„Volksstimme“ (Magdeburg): Zurück ins Glied

„,Wenn einer, der mit Mühe kaum gekrochen ist auf einen Baum, schon meint, dass er ein Vogel wär, so irrt sich der.‘ Diesen Vers Wilhelm Buschs wird ein belesener Mann wie Martin Schulz kennen. (…) Den eigenen Genossen und Vorgänger Sigmar Gabriel derart schäbig aus dem Amt zu kanten, hätte den SPD-Entscheid wohl zugunsten der GroKo-Gegner entschieden. (…) ‚Wir müssen die Distanz zwischen oben und unten überbrücken. In der Gesellschaft und in der Partei‘, hatte Schulz auf dem Parteitag im Dezember verkündet. Erreicht hat er das Gegenteil. Zurück ins Glied.“

„Münchner Merkur“: GroKo-Stimmung ist im Eimer

„Eine neue Regierung lebt stets auch von der Aufbruchstimmung, die sie erzeugen kann, und vom Vertrauensvorschuss der Bürger. Für das Kabinett Merkel IV ist hier wenig Gutes zu erhoffen. Die Stimmung ist total im Eimer, noch bevor das neue Kabinett im Amt ist. Und der erste Minister tritt zurück, noch bevor er seinen Eid ablegen konnte. Mit letzter Kraft schleppt sich die GroKo an den Start. Die Explosion der Unzufriedenheit verschuldet haben die Politiker selbst. Nicht nur Schulz hat sein Wohl über das der Partei gestellt.(…) Schulz hat die SPD ruiniert. Merkel die CDU. Auch für sie wird es Zeit, Platz zu machen für den Neuanfang.“

►„Kölner Stadt-Anzeiger“: Schulz verschwindet in der Versenkung

„Die SPD führt derzeit vor, wie der Wille zur Ohnmacht den Willen zur Macht nicht nur deutlich überwiegt, sondern auch erheblich desaströser wirkt. Es ist nicht zu fassen, wie eine Partei sich ohne Not derart entmachtet. Martin Schulz wird in der Versenkung verschwinden. Nicht einmal die Friedrich-Ebert-Stiftung wird ihm als Austraghaus noch zur Verfügung stehen.“

Kommentar

  • Schulz verzichtet auf Aussenministerium

    BILD: Erbärmlich!

    Was haben SPD-Vorsitzende und Joghurt gemeinsam? Ein sehr kurzes Haltbarkeitsdatum. So spottet man im Berliner Regierungsviertel.

►„Allgemeine Zeitung“ (Mainz): Brüssel ist nicht Berlin

„Am Ende hat sich auch gezeigt, dass der Brüsseler Betrieb einen Spitzenpolitiker auch nicht ansatzweise auf das Berliner Haifischbecken vorbereitet. Sigmar Gabriel, der schon alles verloren hatte, hat dagegen noch einmal seine machiavellistischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt (…) Dass er in der einzigen Sekunde, in der ein Putsch gegen Schulz noch möglich war, sein Töchterchen instrumentalisierte, mag nicht die feine Art gewesen sein. Trotzdem Chapeau.“

►„Heilbronner Stimme“: Intransparentes Tauziehen
„Des einen Leid, des anderen Freud? Eigentlich hätte die SPD feiern können. Wahlverlierer, aber Koalitionsgewinner. Und was passiert? Andrea Nahles, Martin Schulz, Olaf Scholz – aber auch Sigmar Gabriel geht es nur um Posten. Ein intransparentes Tauziehen, das nur eines beweist: Erst das Amt, dann der Inhalt. Schulz abgesägt, dafür aber mit dem Amt des Außenministers entschädigt. Andrea Nahles hat damit schon vor ihrer Wahl zur neuen Parteichefin ein Eigentor geschossen.“

„Augsburger Allgemeine“: Absurde Verrenkungen

„Schulz fing an als einer, der sich nicht verbiegen lassen wollte. Und er endet als einer, dem die absurdesten Verrenkungen nicht zu peinlich waren, um seine eigene Karriere zu retten. Das Scheitern des SPD-Vorsitzenden ist aber auch eine tragische Geschichte. Die Schuld an einem derart historischen Absturz, wie ihn die SPD gerade erlebt, kann unmöglich ein Mann allein tragen. Doch jene Genossen, die Schulz am Anfang noch zu Füßen lagen, traten ihn am Ende mit Füßen. Sein Rückzug war die beste Entscheidung seit Monaten – auch für ihn selbst.“

►„Nordwest-Zeitung“ (Oldenburg): Wortbrüchiger, machtbesessener Egoist

„Der 19. März 2017, der Tag, an dem Schulz zu „Mister 100 Prozent“ wurde, scheint Ewigkeiten entfernt. Seitdem hat Martin Schulz in Rekordzeit so ziemlich alles verraten, wofür er einst zu stehen vorgegeben hatte. Der betont bodenständige Buchhändler aus Würselen hat sich als wortbrüchiger, machtbesessener Egoist entpuppt. Sein offenbar von der Parteispitze erzwungener Rückzieher soll zwar der Schadensbegrenzung dienen. Am Ende dürfte er den Schaden für die gesamte SPD aber noch einmal vergrößern. (…)“

Feb. 2018 | Allgemein, Politik, Theater | Kommentieren