Die Bild-Zeitung hat ein neues Feindbild gefunden: den Kinderkanal. Seit einigen Wochen arbeitet sich das Boulevardblatt an den Online- und TV-Inhalten des Senders ab und bemängelt dabei konkret die Aufklärungs- und Sexualthemen. Aktueller Aufreger ist ein „Intim-Lexikon“ mit lustig gemeinten Synonymen für Geschlechtsorgane. Bei „Hupen“ und „Eiern“ versteht die Bild offenbar keinen Spaß.

„Ganz ehrlich: ein bißchen Spaß muss sein“, findet die Online-Redaktion des Kinderkanals und veröffentlicht deshalb zwei kleine Schaubilder mit internationalen Blödel-Ausdrücken für Brüste und Vulva/Vagina beziehungsweise Penis und Hoden. Dazu gehören unter anderem die deutschen Begriffe „Glocken, Hupen, Muschi und Eier“ und ihre fremdsprachigen Äquivalente wie beispielsweise „Cock“, „le zizi (dt: das Zipfelchen)“, „Pussy“ oder „Pitones“ (dt: Höck

Die Ratgebersendung „Kummerkasten“ des Kinderkanals richtet sich an Jugendliche und Teenager; das „internationale Intim-Lexikon“ ist im dazugehörigen Online-Angebot des Kummerkastens auf der Kika-Webseite erschienen. Dort findet die Zielgruppe Inhalte zu Liebe und Aufklärung (beispielsweise „Ohne Dings kein Bums – was möchtest du über das 1. Mal wissen?“), aber auch Berichte zum Thema Leistungs- und Schulstress oder „Die wichtigsten Fragen zur Scheidung der Eltern“.

Während der Genital-

 

 

 

 

 

 

 

 

Spickzettel für den Kika ein spaßiger Umgang mit Geschlechtsorganen sein soll, ist er für die Bild ein „nächster Aufreger um den Kinderkanal von ARD und ZDF“. Deshalb titelte die Zeitung am Montag mit den Worten „So versaut der Kinder-Kanal unsere Kinder“ und fragt: „Ob Eltern diesen ‚Spaß‘ verstehen?“ Im folgenden Text werden zwei CSU-Politiker aus Bayern zitiert, die den Spickzettel als „vulgären Stammtisch-Slang“ einordnen und fordern: „Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder bei Kika ein altersgerechtes und hochwertiges Angebot bekommen“. Ein pädagogischer Mehrwert sei hier nicht zu finden, urteilen sie. Eine Kika-Sprecherin erklärte derweil gegenüber Bild: „Das (…) Element ist eingebettet in ein umfangreiches Onlineangebot zum Thema. Wir halten eine Betrachtung dieses Elementes daher nur im Hinblick auf das gesamte Angebot für sinnvoll.“

Es ist nicht das erste Mal, dass die Bild-Zeitung Kritik an Beiträgen des öffentlich-rechtlichen Kinderkanals äußert. Seit Jahresanfang sind bereits elf Beiträge erschienen, die dem Kika unpassende Berichterstattung vorwerfen. Die meisten davon beziehen sich zwar auf die umstrittene Dokumentation über die Liebesbeziehung eines deutschen Mädchens zu einem Flüchtling.

Doch in den letzten drei Wochen allein sind drei Bild-Artikel erschienen, die sich generell mit der Art und Weise auseinandersetzen, wie der Kika Aufklärungs- und Sexualthemen aufbereitet. So erschien zunächst der Text „Kinderkanal lockt mit Busen-Memory“, dann „Hier lernen Jungs, wie man Mädchen an die Wäsche geht“ und schließlich „So versaut der Kinder-Kanal unsere Kinder“. Auch in den Zwischenüberschriften werden die Inhalte des Kikas zum Skandal hochgeschrieben: „Was ist nur beim Kinderkanal los?“ oder „Neuer Wirbel um den Online-Kummerkasten“.

In den sozialen Netzwerken stößt die Berichterstattung der Bild über den Kinderkanal auf Kritik. In einigen Tweets wird beispielsweise der Boulevardzeitung Doppelmoral vorgeworfen:
 Auf die Frage nach den Gründen für die wiederholte Berichterstattung über den Kika erklärt Bild-Chef Julian Reichelt: „Ich halte es nicht für grundsätzlich                                         wichtig, dass der Kika für seine Themenauswahl kritisiert wird, sondern nur dann, wenn die Themenauswahl oder -umsetzung kritikwürdig ist.“
Feb. 2018 | Allgemein, Gesundheit, In vino veritas, Junge Rundschau | Kommentieren