“Handbuch für Medienguerillas” – so nennt sich das Handbuch der rechten “Generation D” (Photo by Scott Rodgerson on Unsplash), das vor wenigen Wochen von HoGeSa veröffentlicht wurde und hier nochmal zum Einfachsolesen bereitsteht. Im Kern geht es in diesem Manual um Hetzkampagnen im Internet, die Manipulation der öffentlichen Meinung durch gezielte Falschinformationen, Fake-Accounts und Sammel-Cotentangriffe auf Schwachpunkte der “linksgrünversifften” Öffentlichkeit. Früher auch bekannt als: die normale Mitte der Gesellschaft.
Nun fragt man sich natürlich, wer so etwas braucht … und liest. Im Kern handelt es sich dabei um geschlossene Gruppen, die im deutschsprachigen Raum – was Wunder – durchaus einige Überschneidungen mit der Identitären Bewegung zu haben scheinen. Zumindest, wenn man Iconographie, Themen und Stargäste in der Community als Indikator annimmt. Mehrheitlich scheint es sich dabei um ziemlich junge Männer zu handeln, die sich in Sachen kommunikativer Manipulation schon deshalb für überlegen halten, weil sie schon mal was von Schopenhauers eristischer Dialektik gehört haben (wer sie nicht kennt, hier gibt’s mehr), mit dem Internetz umgehen können und – sagen wir es vorsichtig – viel Tagesfreizeit haben.
Das lockere Leben eines rechten Computerfreaks hat aber spätestens dann ein Ende, wenn er bei unseren Freunden von Reconquista Germanica eintritt und sich – ernsthaft – als Rekrut bewerben darf. Denn in diesen militärisch straff organisierten Zirkel mit bis zu 7.000 Mitgliedern, geht es schon in der Gruppenorganisation eher stramm militärisch zu. Mit militärisch meinen wir militärisch.
HGr. steht für “Heeresgruppe”, was die Organisationseinheiten des Servers beschreibt – und natürlich die Einheiten der Wehrmacht und der SS, die zuletzt 1941 den Kampf um den sog. Lebensraum im Osten antraten. Wir gehen bei der Gruppenbetitelung nicht von einem Zufall aus.
Nun beschreibt das “Handbuch für Medienguerillas” ja sehr schön, wie die Troll-“Kriegsführung” à la Schopenhauer abzulaufen habe. Wir zitieren aus dem Artikel “Das Shitposting”:
„Die Menschen sprechen mehr auf Bilder an, als auf Text. Mit Bildern kann man hervorragend memetische Kriegsführung betreiben und sein Narrativ unters Volk bringen. Man kann zB die Lügen der Presse einfach als #fakenews taggen. Aber besser ist noch ein Bild oder Gif von Trump oder anderen Anti-Fake-News-Helden, wie er sagt: „You are fake news“. Sei kreativ. Wenn Deine Gegner ihr echtes Gesicht als Profilbild haben, umso besser. Photoshoppe es auf irgendwelche Typen die sich im Schwulenporno gerade in den Arsch ficken lassen oderso. Und oftmals gibt es auch eine große Auswahl an mit Bedeutung aufgeladenen lustig-ironischen Memes wie Pepe. Hillary Clinton wurde im Prinzip von einem Comic-Frosch besiegt. Es gibt keine größere Demütigung.“
Aber was bedeutet das konkret?
Wir wollen es mal an ein paar Beispielen klar machen, die genau jetzt rumgereicht und in Memes verarbeitet werden. Und zwar in der Community Reconquista Germanica auf der Plattform Discord, in die man nur per Einladung reinkommt. Man beginnt mit einem Bild, das einen “Gegner” zeigt und das man leicht photoshoppen und damit in einen neuen Kontext setzen kann. Menschen, die Bilder hochhalten sind fast schon ein Klassiker für diese stupide Art der Manipulation.
So wird geschmackloser Weise ausgerechnet aus Steffen Seiberts und Anne Wills Erinnerungsposts zum Holocaust-Gedenktag …
und
… zunächst eine weiße Seite gemacht. Diese wird in der Community als füllbares Template verteilt.
Die gleichen Vorlagen existieren auch mit einer Vielzahl anderer als “Gegner” angesehener Politiker, die den guten aufrechten Deutschen den Gefallen getan haben, ein Schild hochzuhalten. Was dann kommt, kann man sich vorstellen. Die Schilder werden im Team gefüllt und zur Auslieferung in die Social Networks bereitgestellt. Und die sehen dann so aus:
Eines vorweg: Das sind die wirklich harmlosen und besonders dummen Varianten dieses Bildes. Die harten Sachen sehen ganz anders aus. Alleine vor der Bundestagswahl haben wir da durchaus noch deutlich aggressivere Taktiken gesehen. Auch hier gilt wieder: diese Form von Digital-Mobbing/Manipulation ist kollektives Storytelling. Es wirkt wie eine Kinderbastelstunde, bei der sich die lieben Kleinen ihre selbstgemalten Machwerke zeigen und dann austauschen. Nur dass die malenden Kinder die sind, die Lügenpresse schreien, während sie es selbst komplett in Ordnung finden, den Hass durch Bildmanipulationen weiter zu schüren.
Der Zweck heiligt bekanntlich ja die Mittel. Und so zeigt sich, wie aus einem kleinen PDF-Handbuch für die eitlen identitären “Medienguerillas” Tag für Tag vollorganisiert das Gift entsteht, das unsere Gesellschaft im Netz zersetzt. Keine dieser Bildmanipulationen war teuer, keine von ihnen wird viel Reichweite erzielen.
Aber durch den hohen Organisationsgrad, die Dauerhaftigkeit und die toxische Kreativität der rechten Trolle, wirkt es. Und es wird nicht zum Versiegen kommen.
Hass und Desinformation ist organisiert.
Das sollte unsere Gesellschaft verstehen lernen.