Schwärzestes Facebook – Jahr: Mark Zuckerberg

Die große Facebook-Ernüchterung droht zur ersten großen Krise des Social Networks zu werden. Die Entwicklung des sechstwertvollsten Konzerns der Welt ist weiter blendend, doch die Skepsis wächst. Nick Bilton, der vor Jahren ein großes Enthüllungsbuch über Twitter veröffentlichte, bescheinigt dem Unternehmen nicht zuletzt seines Geschäftsgebarens wegen eine problematische Zukunft.

 

Zwar immer mal wieder. Aber jetzt wirds richtig ernst. Wenn Facebook-Chef Mark Zuckerberg nach Jahren, in denen er jeden Tag einen Schlips trug, Mandarin lernte, oder jede zweite Woche ein neues Buch las, sein Social Network selbst zur Herausforderung erklärt, muss einiges im Argen liegen.

Genau dieser Eindruck hatte sich zur Jahreswende durchgesetzt: In den vergangenen Monaten hat Konzernchef Zuckerberg für Facebooks Rolle bei der US-Wahl, der Verbreitung von Fake News und der möglichen Spaltung der Gesellschaft immer wieder kräftigen Gegenwind bekommen – zuletzt sogar mehrfach von eigenen Mitarbeitern.

„Mark Zuckerberg räumt ein:
Facebook ist in echten Schwierigkeiten“

Doch trotz Zuckerbergs PR-Offensive ist der Befreiungsschlag ausgeblieben. Mehr noch: Mit Facebooks Ankündigung, den Newsfeed zulasten von Verlagsinhalten umbauen zu wollen und Medieninhalte zudem von Nutzern in einer halbherzigen Miniumfrage bewerten zu lassen, erntete Facebook viel Kritik. Mark Zuckerbergs 2018 hat mit einem veritablen Fehlstart begonnen.

Dass es indes noch um einiges schlimmer kommen könnte, schildert der renommierte Techreporter Nick Bilton („Hatching Twitter“) in einem neuen Artikel bei Vanity Fair. „Die Abwärtsspirale hat begonnen“ , konstatiert Bilton. „Jetzt, wo 2018 begonnen hat, gibt Mark Zuckerberg endlich zu: Facebook ist in echten Schwierigkeiten.“

„Komplett skrupellos, ohne ein Fünkchen Moral“

Nach Auffassung von Bilton trägt dazu nicht nur die immer größere Unmutswelle im Silicon Valley, der sich vor Tagen auch Salesforce-CEO Marc Benioff anschloss bei, sondern am Ende selbst Facebooks aggressives Geschäftsgebaren, das Gründer Mark Zuckerberg seit Tag eins kultiviert habe.

In frühesten Gründertagen schon ist Zuckerberg als elitärer Nerd aufgefallen, der kein Problem damit hatte, einen Auftrag von Kommilitonen zu seiner eigenen Geschäftsidee zu machen. „Mark Zuckerberg ist komplett skrupellos, ohne ein Fünkchen Moral und bereit, alles zu tun, um jemanden zu bescheißen“, wetterten die ausgebooteten Winklevoss-Brüder später über ihren Ex-Kommilitonen.

Entsprechend düster fiel das Hollywood-Porträt von Zuckerberg im Kassenschlager  „The Social Network“ aus: „Der Film zeigt Zuckerberg als unsicheren Mistkerl, der Leute übers Ohr haut, um ein viel reicherer, unsichererer Mistkerl zu werden“, watschte das TechBlog  AllThingsD den Facebook-Chef vor sieben Jahren ab.

Facebook könnte aufgespalten werden

Anno 2018 scheint es, als sollten die Geister der Vergangenheit Zuckerberg einholen. Durch die milliardenschweren Zukäufe (Instagram, WhatsApp), aber auch die aggressive Verdrängung von Wettbewerbern (Snapchat, Twitter), besitzt Facebook in der Social Media-Industrie einen monopolartigen Status.

Zuckerberg droht nicht nur eine stärkere Kontrolle bei seinem Social Network, wie sie Benioff angeregt hat, als vielmehr eine Aufspaltung von Facebook, Inc., wie Marketing-Professor Scott Galloway vermutet, der Facebook unter den fünf großen US-Digitalunternehmen am gefährdetsten für einen staatlichen Eingriff hält.

„Die Sache ist ernst. Entweder passiert es durch die US-Regierung oder durch die EU-Kommission, aber es wird passieren“, war sich Galloway bereits im vergangenen Oktober sicher. Zuckerbergs Leitmotto „Move fast and break things“ könnte den 33-Jährigen so am Ende selbst einholen, wenn Facebook aufgespalten wird, mutmaßt Bilton. Im Worst Case könnte Facebook, der Messenger, WhatsApp und Instagram folglich in vier unterschiedliche Unternehmen aufgespalten werden.

Jan. 2018 | Allgemein, In vino veritas, Zeitgeschehen | Kommentieren