Das baden-württembergische Innenministerium hat einen Evaluationsbericht zur Polizeireform vorgelegt. Wenige Tage zuvor hat das Polizeipräsidium Mannheim die aktuelle Kriminalitätsstatistik vorgestellt. Sie weist für Heidelberg erneut starke Anstiege aus – unter anderem in den Bereichen Rauschgift und Gewaltkriminalität.
Dazu erklärt Heidelbergs Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner:
„Die beiden Analysen zeigen sehr klar zwei Dinge: Wir brauchen deutlich mehr Polizisten in Heidelberg, um der zunehmenden Kriminalität zu begegnen. Und die Führungsstruktur muss bei uns in der Stadt sitzen. Am besten wäre ein eigenes Polizeipräsidium. Es ist nicht nachvollziehbar, warum wir als einzige Großstadt in Baden-Württemberg kein eigenes Polizeipräsidium bekommen sollen.“
So heißt es in dem Bericht: „Die starke Zentralisierung von Organisationseinheiten hat die sich an örtlichen Strukturen orientierende Kriminalität teilweise außer Acht gelassen. Diese Kriminalität muss in erster Linie orts- und personennah dort bekämpft werden, wo sie entsteht, zumal die lokale Kriminalität von besonderer Bedeutung für das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung ist.“ Hierzu zählen laut Bericht unter anderem insbesondere Straften wie Gewalt- und Raubdelikte und Drogenhandel. Genau in diesen beiden Bereichen ist die Kriminalität in Heidelberg nach der jüngsten Statistik der Polizei jedoch deutlich gewachsen, im Bereich Rauschgift sogar um 52,9 Prozent.
„Zuschnitte, die sich stärker an örtlichen Strukturen orientieren, führen zu verkürzten Interventionszeiten und damit höherer Bürgerorientierung“, hält der Evaluationsbericht fest. „Dann verstehe ich aber nicht, warum derselbe Bericht die Bürgerorientierung mit einem zusätzlichen Präsidium in Pforzheim stärken möchte, aber nicht mit einem Präsidium oder zumindest mit einer geeigneten Führungsstruktur in Heidelberg“, sagt Prof. Würzner. Nach der aktuellen Kriminalitätsstatistik der Polizei zählt Heidelberg zu den fünf Städten des Landes mit der höchsten Kriminalitätsrate – im Gegensatz zu Pforzheim.
Und noch aus einem anderen Grund bezeichnet Prof. Würzner die Empfehlung des Evaluationsberichtes als „hochgradig ärgerlich“: „Erst diese Woche hat uns das Innenministerium bescheinigt, dass Mannheim und Heidelberg so unterschiedlich strukturiert sind, dass im Rettungswesen zwei getrennte Leitstellen benötigt werden – eine für Mannheim, eine für Heidelberg und den Rhein-Neckar-Kreis. Warum die unterschiedliche Struktur für Feuerwehr und Rettungsdienste relevant ist, aber nicht für die Polizei, ist für mich nicht nachvollziehbar. Die Daten der Kriminalitätsstatistik jedenfalls sprechen leider eine andere Sprache.“
Oberbürgermeister Prof. Dr. Würzner möchte seine Kritik dabei ausdrücklich nicht als Kritik an der Arbeit der Akteure im Polizeipräsidium Mannheim verstanden wissen. „Alle Beteiligten engagieren sich hervorragend. Aber sie stoßen strukturell an Grenzen und brauchen dringend Entlastung durch eine verstärkte Struktur in Heidelberg. Das käme der gesamten Region zugute.“
Auch der Gemeinderat fordert mehr Polizeikräfte und geeignete Strukturmaßnahmen der Polizei für Heidelberg
In seiner letzten Sitzung hat der Gemeinderat eine aktuelle Diskussion über die Entwicklung der Sicherheitssituation in der Stadt geführt. Anlass dazu ist die Vorlage des Evaluationsberichtes zur Polizeistrukturreform in Baden-Württemberg durch die Landesregierung in dieser Woche sowie die Vorlage der jüngsten Kriminalitätsstatistik durch das Polizeipräsidium Mannheim vor wenigen Tagen.
Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner bat zum Abschluss der Diskussion die Mitglieder des Gemeinderates um ein Stimmungsbild. Der Gemeinderat stimmt im Rahmen dieses Stimmungsbildes mit breiter Mehrheit der folgenden Resolution zu:
„Wir benötigen Transparenz über das Gutachten in Bezug auf die Detaildaten zu Heidelberg Das Land muss die Zahl der Polizeikräfte in der gesamten Region deutlich erhöhen, um sowohl das Sicherheitsniveau als auch das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in Heidelberg und der gesamten Metropolregion Rhein-Neckar dauerhaft wieder zu verbessern. Dies kann erreicht werden durch ein eigenständiges Polizeipräsidium Heidelberg oder durch alternative strukturelle Maßnahmen, die der aktuellen Sicherheitssituation gerecht werden.“
Oberbürgermeister Prof. Würzner dankte dem Gemeinderat für das Stimmungsbild. „Das ist eine klare politische Aussage: Wir brauchen mehr Polizeikräfte und wir brauchen strukturelle Maßnahmen, um der geänderten Sicherheitslage in unserer Stadt zu begegnen. Andere Regionen haben von der Polizeireform profitiert. Wir in der Metropolregion bislang nicht. Hier muss das Land dringend nachsteuern.“
04.Apr.2017, 23:08
Die CDU-Fraktion begrüßt, dass sich die Vorsitzende des Heidelberger Kreisverbandes der Polizeigewerkschaft,
Christiane Eiermann, für ein eigenes Polizeipräsidium für Heidelberg ausgesprochen hat. Hierbei hat sie die Unzufriedenheit der Kolleginnen und Kollegen der Heidelberger Polizei in drastischen Worten geschildert. „Aus Sicht der CDU-Fraktion dürfen die zahlreichen Mängel undFehlentwicklungen nicht ignoriert werden.“ stellt der CDU – Fraktionsvorsitzende Dr. Jan Gradel klar.
Die von Eiermann genannten Probleme wurden den CDU Stadträten auch von anderen Beamten im persönlichen Gespräch beschrieben. Auch die Befragung der Polizisten im Rahmen der Evaluation der Polizeireform spricht mit ihren teilweise verheerenden Ergebnissen für das Polizeipräsidium Mannheim eine eindeutige Sprache. Daher kämpft die CDU seit langem für ein eigenes Polizeipräsidium in Heidelberg: Zum einen sind die Heidelberger Polizisten mit den Arbeitsbedingungen unzufrieden, da die Polizeiarbeit durch die Eingliederung in das Polizeipräsidium Mannheim von dort aus dominiert wird. Diese Verschiebung wirkt sich negativ auf die Polizeipräsenz in Heidelberg aus. Hierunter leidet auch die Sicherheit der Bürger in unserer Stadt. Diese Problematik wird noch dadurch verstärkt, dass im Lagezentrum aufgrund des Schichtbetriebes nicht immer Heidelberger Polizisten mit derentsprechenden Orts- und Problemkenntnis eingesetzt werden
können.
Diese strukturellen Defizite treffen aktuell auf eine Situation, in der die Kriminalitätsrate insgesamt
angestiegen ist. Dies hat zu einer großen Verunsicherung in der Bevölkerung geführt. „ Bürger berichten uns immer wieder, dass sie sich zunehmend unsicher fühlen, etwa durch mehr Diebstähle auf der Neckarwiese oder neue Kriminalitätsformen wie das Antanzen.“ stellte hierzu der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Werner Pfisterer fest.
„Die beschriebenen Zustände sind aus Heidelberger Sicht nicht hinzunehmen. Wir fordern daher die anderen Fraktionen im Gemeinderat, insbesondere die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf, ihre Haltung dringend zu überdenken und sich unserer Forderung nach einem eigenen Polizeipräsidium für Heidelberg anzuschließen.
Unser Ziel ist, dass wir in Sachen Sicherheit und Polizei wieder Herr im eigenen Haus werden“, stellte Stadtrat
Alexander Föhr klar: „Die Sicherheit der Bürger und die Zufriedenheit der Polizistinnen und Polizisten, die jeden
Tag einen hart Job machen, müssen für uns an oberster Stelle stehen.“
07.Apr.2017, 12:39
Die Unabhängigen Wählerinitiative DieHeidelberger fordert ein eigenes Polizeipräsidium für Heidelberg
Nur jetzt besteht noch die Chance, eine aus Sicht unserer Stadt fatale negative Entscheidung des Landes rückgängig zu machen und hier wieder ein Polizeipräsidium installiert zu bekommen, wie es in allen anderen Großstädten von Baden-Württemberg der Fall ist. Die Fakten liegen auf dem Tisch, eine gestiegene Kriminalität in Heidelberg und eine schlechte polizeiliche „Versorgung“ von Mannheim aus. Deshalb sollte mit einem Gemeinderats-Beschluss dem Sicherheitsbedürfnis der Bürger hier bei uns Rechnung getragen und ein Präsidium auch bei uns gefordert werden.
Wer allerdings dachte, dass dies im Gemeinderat eine eindeutige Sache sei, hat sich kräftig geirrt. Nur Bedenken sowohl formeller als auch inhaltlicher Art kamen von Links und Grün, so dass sich CDU, DieHeidelberger, FDP, FWV und der Oberbürgermeister in der Minderheit sahen, Stuttgart gegenüber ein deutliches Zeichen zu setzen. Erst als sich auch bei der SPD die Einsicht durchsetzte, dass nur die Interessen der Stadt Heidelberg der Leitfaden sein können, kam ein mehrheitliches Meinungsbild – kein Beschluss! – für eine entsprechende, aber abgemilderte Resolution zustande. Hoffen wir, dass dies trotzdem nutzt, die Landesregierung auf Heidelbergs Bedürfnisse hinzuweisen!