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Tanztheater Heidelberg: „Bacon“ von Nanine Linning

Bacon by Nanine Linning. [1]Die britische Premierministerin, Margret Thatcher, war schockiert. Sie meinte, das sei doch der Mann, der diese ‚schrecklichen Bilder‘ male. In der Tat: der britische Maler Francis Bacon stieß mit seinen Werken in die Abgründe der menschlichen Seele vor (Foto: Kalle Kuikkaniemi – „Bacon“ von Nanine Linning). Die Beziehungen zugrundeliegender Mechanismen von Begehren, Dominanz und Ausgrenzung stellte er auf eine schonungslos ehrliche Weise dar, die von schmerzhafter Schönheit zeugt.

Gerade aber diese Sicht auf die Dinge machte ihn zu einem der erfolgreichsten Künstler der Welt. Bacon vertrat die Meinung: Seine Gemälde könnten nicht annähernd so entsetzlich sein, wie das Leben selbst. Sein starkes Werk war sicher auch von biographischen Erlebnissen geprägt.

Nanine Linning ergründet diesmal mit ihrem Stück die Gefühlswelten der Bilder Francis Bacons. Sie entdeckt in der Kompromisslosigkeit der Darstellung auch eine Analogie zur eigenen Kunst: „Mich interessiert das Tierische, das Instinkthafte. Ich fordere meine Tänzer auf, ihre eigenen Grenzen zu überschreiten.“ Mit exzessiver Körperlichkeit erforscht die Choreografin fundamentale Verhaltensmuster, die mit ihrer Archaik und Unbarmherzigkeit die Grenzen zwischen menschlichem und animalischem Gebaren verschwimmen lassen. Aus beinahe beunruhigender Nähe wird der Zuschauer Zeuge des Kampfes des Einzelnen um Zugehörigkeit − ein Solo gleich einem Schrei aus der Isolation. Physisch erfahrbar wird das Ringen um Überlegenheit in Duetten von ergreifender Intensität und einem Trio, dessen untrennbare Verbundenheit keinerlei Harmonie zulässt.

Der Darstellung fundamentaler Verhaltensweisen steht in Bacons Kunst das Geheimnis um das gegenüber, was das Bild nicht zeigt, allenfalls andeutet – die verborgene Seite des Portraits, der Raum hinter dem Bild. Auch Linnings Szenerie spielt mit diesen Dunkelstellen, wie auch mit den charakteristischen geografischen Strukturen in Bacons Gemälden, die die Figuren zu umgrenzen scheinen.

Zutiefst faszinierend und erschütternd zugleich kehrt das – u. a. mit dem ‚Swan‘ für die beste niederländische Choreografie ausgezeichnete Stück – zwölf Jahre nach seiner Entstehung in einer aktuellen choreografischen Bearbeitung sowie mit neuem Video- und Lichtdesign auf die Bühne zurück. „Bacon“ erfuhr seine Uraufführung 2005 mit der (freien) Kompanie NaninElnning.NL in den Niederlanden.
2010 gab es am Theater Osnabrück eine Neufassung und nun – 2017 – wird der Abend am Theater und Orchester Heidelberg mit einem Tänzer mehr als in der ursprünglichen Fassung neu inszeniert und choreografiert.

Besonders stolz ist Nanine Linning, dass die erste Probe mit den Tänzern der Companie bereits im Dezember 2016 in der Staatsgalerie Stuttgart im Rahmen der damaligen Bacon – Ausstellung durchgeführt werden konnte. So gelang es, den Tänzern einen ganz eigenen Zugang zu den Werken des Malers zu öffnen und sie zu inspirieren.

Premiere am Samstag, 18. März, um 20.00 Uhr im Zwinger1.
Weitere Informationen sowie Tickets: www.theaterheidelberg.de
Telefon: 06221|5820.000

Konzept, Choreografie, Kostüme Nanine Linning; Video Juliane Noß; Musik Jacob ter Veldhuis