Kein All-Star-Game, keine College-Turniere: Ein umstrittenes Gesetz, das Homosexuelle diskriminiert, hat für North Carolina drastische Konsequenzen. Sogar Michael Jordan schaltet sich ein.
Um die ganze Tragweite der Entscheidung der National Collegiate Athletic Association (NCAA) abschätzen zu können, ist ein Blick in die Vergangenheit erforderlich.
Wenn im März die sogenannte March Madness ausbricht, ist der Wahnsinn nirgends größer als in North Carolina. Der US-Bundesstaat gilt als Hochburg des amerikanischen College-Sports, die Nachwuchs-Basketballspieler (Bild oben) der Universitäten in Duke oder der State University sind hier größere Stars als die Profis aus der National Basketball Association (NBA).
Was Wunder gleicht es deshalb einem sportpolitischen Erdbeben, dass die NCAA nun mitgeteilt hat, dem Bundesstaat North Carolina für die laufende Saison gleich sieben Meisterschaftsturniere zu entziehen. Betroffen sind neben Basketball auch Baseball, Fußball, Lacrosse, Tennis und Golf. Unter der aktuellen Gesetzgebung in North Carolina, heißt es in der Mitteilung, die nicht nur in Amerika für Aufsehen sorgt, sei es schwierig, „eine integrative Atmosphäre für Athleten, Trainer, Funktionäre und Fans zu gewährleisten“. Wo die Veranstaltungen stattdessen stattfinden sollen, ist noch offen.
Landesweiter Shitstorm
Seit März gilt in North Carolina ein Gesetz, dass die geschlechterspezifische Nutzung öffentlicher Toiletten regelt. Demnach darf nur eine Männertoilette aufsuchen, dessen Geschlechtsvermerk in der Geburtsurkunde damit übereinstimmt, das Gleiche gilt für Frauen. Diese Regelung diskriminiert nicht nur Homosexuelle, Bisexuelle und Transgender. Es bescherte dem Bundesstaat auch eine Klage des US-Justizministeriums, den Entzug des NBA-All-Star-Spiels im nächsten Februar sowie einen öffentlichen Shitstorm.
Von Ringo Starr bis Bruce Springsteen echauffierten sich Prominente über die Gesetzesnovelle, sogar Michael Jordan (Bild) wagte sich aus der Deckung. Das Basketballidol, dessen Stern als Collegespieler in North Carolina aufging und der als Anteilseigner des NBA-Teams Charlotte Bobcats so etwas wie der Gastgeber des All-Star-Spiels hätte sein sollen, sagte: „Wir können die Entscheidung der NBA nachvollziehen. Es tut uns sehr leid, dass es uns trotz aller Bemühungen nicht gelungen ist, das Spiel in North Carolina zu halten.“ Für einen Mann, dem in seiner aktiven Karriere stets vorgeworfen wurde, sich nie zu politischen Themen positioniert zu haben, ist das eine bemerkenswerte Aussage. Das All-Star-Spiel findet nun in New Orleans statt.
Andere wählten deutlich schärfere Worte. „Diese Entscheidung ist vorbildlich und setzt einen Maßstab für alle Sportarten“, sagte Hudson Taylor von der amerikanischen LGBT-Vereinigung (Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender): „Verbände und Ligen, die an Werte wie Respekt und Gleichberechtigung glauben, können keine Meisterschafts- oder All-Star-Spiele in Städten austragen, die diese Werte missachten.“
Der Gouverneur von North Carolina, der Republikaner Pat McCrory, hat noch nicht öffentlich auf die NCAA-Mitteilung reagiert. Stattdessen teilte eine Sprecherin der Republikaner mit: „Die Entscheidung ist so absurd, das ist fast schon Comedy.“ Dass sie mit dieser Haltung die gestrichenen Events zurück nach North Carolina holt, muss bezweifelt werden dürfen.