zur_auswahlauch Facebookler und *Innen dürfen künftig – melden gerade Agenturen – das berühmte Kriegsfoto mit dem nackten kleinen Mädchen Kim Phuc sehen. Der Brief des Aftenposten-Chefredakteurs Espen Egil Hansen an Mark Zuckerberg hatte sich gestern weltweit und in Windeseile verbreitet: Hansen hatte Mark Zuckerberg direkt auf seine Verantwortung in der Öffentlichkeit angesprochen. „Nun räumt Facebook Fehler ein: Obwohl auf dem Bild ein unbekleidetes Kind zu sehen sei, erkenne das Online-Netzwerk die historische Bedeutung des Fotos an.“
Ist doch wirklich sehr nett! Oder?

Nein, ist es nicht! Facebook braucht Redakteure, um seine Algorithmen vom Redigieren abzuhalten, meinen Fachmenschen, und Facebook sollte privilegierte Beziehungen zu Medien aufbauen: Wenn es abweichende Meinungen gibt, und die wird es geben, dann sollte Facebook eine Methode – eine Person, einen Redakteur – haben, der im Namen der Firma verhandeln kann. Das externe Medium muss dabei keineswegs immer gewinnen, schließlich handelt es sich hier um einen Service von Facebook; aber es muss angehört und respektiert werden.

Facebook aber hatte nicht nur aktiv gehandelt und nicht nur einen Algorithmus handeln lassen: Wenn Facebook das Bild einmal zensiert hätte, wäre es unglücklich, aber Facebook hat es unendlich oft zensiert, und das ist schon massiv gruselig. Aber das genau hatte Facebook getan – massenhaft hatten Norweger das Foto gepostet, um gegen die Zensur des Bildes zu protestieren; jedes Mal wurde es entfernt. Darüberhinaus allerdings hatte das Netzwerk zusätzlich noch an den Chefredakteur der größten norwegischen Zeitung geschrieben und aufgefordert, das Bild von seiner Facebook-Seite zu entfernen – und dann doch lieber nicht auf eine Antwort gewartet und das Bild selbst entfernt.“

Sehr streng kommentiert auch die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg, die das Foto ursprünglich auch gepostet hatte, diesen Fall, indem sie, indem sie darauf aufmerksam machte, dass Facebook heute ein entscheidender Ort der Öffentlichkeit ist: „Wenn Facebook solche symbolischen Bilder löscht, die eine entscheidende Rolle bei der Veränderung des Blicks der Welt auf Krieg und Grausamkeit gespielt haben, dann verändert es Geschichte. Ich möchte, dass meine Kinder und andere Kinder in der Welt in einer Gesellschaft aufwachsen, in der Geschichte erzählt wird, wie sie war.“
Wer allerdings – das muß angenommen werden dürfen – sich das tun zu können auf Facebook verläßt, wird auch künftig noch eine Weile auf Sand gebaut haben!

Sep. 2016 | Allgemein, Junge Rundschau, Sapere aude, Zeitgeschehen | Kommentieren