[1]Unter einer Depression zu leiden bedeutet nicht nur eine gedrückte Stimmung und Antriebslosigkeit zu haben, sondern auch eine Einschränkung wichtiger kognitiver Funktionen (Denkfunktionen wie Aufmerksamkeit, Konzentration, Lernen und Gedächtnis, Planungsfähigkeit, Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, etc.). Bei 30-50% der an Depression Erkrankten bleiben kognitive Defizite, auch nach Heilung der Krankheit, hinaus bestehen. Diese kognitiven Defizite bedingen eine Einschränkung in der Bewältigung des normalen Alltags und können einen Berufseinstieg erschweren oder gar unmöglich machen.
Wissenschaftliche Studien haben eine Verbesserung der Kognition durch kognitive Remediationstherapie (CRT) (computer-basiertes Training der kognitiven Funktionen) bei Depression bewiesen. Das zugrundeliegende neurobiologische Prinzip von CRT ist die Neuroplastizität – der Veränderungskapazität des Gehirns durch Lernen.
Kalzium spielt eine wichtige physiologische Rolle im Körper. Allerdings ist Kalzium nicht nur für die physische Gesundheit wichtig (was bisher etabliert ist), sondern nimmt auch eine wesentliche Rolle bei der Informationsübertragung im Gehirn ein. Daher könnte Kalzium einen wichtigen Einfluss auf kognitive Fähigkeiten haben. Ein Zusammenhang von Kalzium und Kognition konnte bereits in eigenen Vorergebnissen ermittelt werden. Diese zeigten, dass depressive Patienten bei einem im niedrigen Normbereich liegendem Kalziumgehalt im Blut größere kognitive Defizite aufweisen. Wir vermuten, dass Kalzium eine wichtige Rolle für das Lernen und die Gedächtnisbildung darstellt. In diesem zweiten Schritt wollen wir deswegen den Zusammenhang zwischen Kalzium und der Lernfähigkeit untersuchen. Die Lernfähigkeit stellt in diesem Fall das Ergebnis, also die kognitive Leistung, nach einem erfolgten kognitiven Training der Studienteilnehmer dar.
[2]In einer aktuellen Studie untersuchen gerade die Medizinstudentin Thea Grützner – links im Bild (Gabriel de Oliveira Gerdemann) beim kognitiven Training mit der Psychologin Lena Listunova – beim durchführen neuropsychologischer Testungen den Einfluss des Kalziumspiegels im Blut auf die Wirksamkeit von kognitiver Remediationstherapie mit dem Ziel zusätzliche Therapieansätze für die Behandlung von Depression zu entwickeln. Mithilfe eines Trainings soll innerhalb der Studie die Kognition der Teilnehmer verbessert werden und damit einhergehend deren Alltagsfunktionalität. Die Studie wird von Mitarbeitern der von PD Dr. med Roesch-Ely und Prof. Dr. med Weisbrod geleiteten AG Neurokognition in der Abt. Allg. Psychiatrie, Uniklinikum Heidelberg, durchgeführt. Mehr Informationen dazu: (https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Neurokognition.5050.0.html?&L=0) [3].
„Wir vermuten“ – so die Wissenschaftler – „dass ein neuer effektiver Ansatz in der Therapie von Depression eine Kombination von professionellem Training der Kognition und einem gut eingestellten Kalziumspiegel darstellt. So könnte in Zukunft einer ausgewogenen Ernährung ggf. Kalzium Substitution kombiniert mit kognitivem Training bei der Therapie von Depression (v.a. für die Verbesserung der Alltagsfunktionalität) eine größere Rolle zukommen“.
Kognitive Funktionen zeigen auch eine große Varianz bei psychiatrisch gesunden Menschen. Deshalb soll – unter anderem – untersucht werden, inwieweit der Kalziumgehalt im Blut mit der kognitiven Leistung bei gesunden Probanden korreliert. Ein niedrigerer Kalziumgehalt könnte auch bei Gesunden eine niedrigere kognitive Leistung bedingen. Ferner ist die Frage interessant, ob depressive Patienten grundsätzlich einen niedrigeren Kalziumspiegel im Blut haben als gesunde Menschen und daher der Kalziumgehalt im Blut maßgeblich die kognitive Leistung bei Menschen mit Depression negativ beeinflusst.
Falls dies mit dieser Studie bestätigt werden sollte, könnten daraus unkomplizierte Empfehlungen zur Verbesserung der kognitiven Leistungen durch z.B. Ergänzung der Nahrung mit Kalzium abgeleitet werden. Aus diesem Grund werde man den Zusammenhang von Kognition und Kalzium auch bei Gesunden untersuchen um die Mechanismen der Kognition besser zu verstehen.