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Hierzulandiges Absurdistan über alles – Wider die Hinnahme der Ganzkörperverschleierung

Islamisten-Demo in Frankfurt [1]Auch ihnen gefalle die Burka nicht – so leiten beinahe all jene deutschen Politiker ein Statemant ein, die sich derzeit immer noch gegen ein »Verbot der Burka« in Deutschland aussprechen und glauben, damit ein schlüssiges Argument gefunden zu haben, wenn sie äußern, man könne „doch nicht alles verbieten, was einem nicht gefällt« – so jedenfalls tönt es gleichlautend, wenn — nur mal eben zum Beispiel – CDU-Innenminister Thomas de Maizière & der Hessische Grünen-Politiker Al Wazir sich zu dieser Frage „einbringen“.

Eine dämlichere, wenngleich vorgeblich zumindest liberale Großzügigkeit fingierende Bemerkung ist selten dazu geäußert worden. Der rhetorische Trick, eine singuläre Option zu multiplizieren, um sie dann in ihrer unterstellten Pauschalisierung mit großer liberaler Geste zurückzuweisen, ist jedoch leicht als rhetorische Schaumschlägerei durchschaubar.

Ja doch: sowohl Sophistik, wie auch Scholastik oder Kasuistik des unterschiedlichen  Kopftuch-Gebrauchs mit muslimischen Begründungen kann man unterm Gesichtspunkt sowohl von verbürgter Religionsfreiheit als auch individueller Selbstbestimmung & Identitätsbildung kontrovers diskutieren.

lederhose_kurz [2]dirndl_lang [3]Fragen wir doch aber einmal, ob hierzulande je irgendwann mal wer bekannt geworden wäre, der etwa ein Verbot zu verlangen versucht hätte, weil ihm entweder Lederhosen oder Dirndl missfallen hätte. Selbst wer der Meinung wäre, dass die derzeitige Sommerbekleidung in vielen Fällen jedem »interesselosen Wohlgefallen«, das Immanuel Kant als »Schönheit« definierte, aufs brutalste widerspricht, käme doch heute auf die wahnwitzige Idee, eine allgemeine Kleidungsordnung zu fordern, die Kants und seinem ästhetischen Empfinden entspricht.

Die nur für Frauen geltende muslimische Ganzkörperverschleierung jedoch, ist neben vielen anderen ihr widerstreitenden Argumenten, derart jenseits aller Kleidungsoptionen  in der öffentlichen, liberal-säkularen Gesellschaft – wie es vergleichbar nur noch das radikalste Gegenbild zur Ganzkörperverschleierung wäre: die nudistische Selbstentblößung.

Gäbe es eine religiöse Gruppierung, die von ihren Anhängern deren öffentliche Nacktheit verlangte, dürfte diese Minderheit gewiss nicht ihre religiös begründete Nudität zu Markte tragen. Und würde die Ganzkörperverhüllung auch für Männer gelten, könnte man sicher sein, dass sie längst keine demonstrativ Gleichgültigen mehr fände, die sich auf ihre vermeintliche Toleranz etwas zugutehalten, weil die ihnen missfallende Burka gleichgültig ist; oder jedem zu sein habe.

Auch die oft von Politikern gehörte Begründung von einem Verbot abzusehen, weil es sich ja nur um eine winzige radikale Minderheit handele, die eine weibliche Ganzkörperverschleierung favorisiere, ist absurd. Oder ist schon einmal jemand aufgetreten, der die Abschaffung des Rot auf Verkehrsampeln gefordert hätte, weil nur eine Minderheit dieses Halteverbot ignoriere?

Dagegen haben (nicht nur) Heidelberger Geschäftsleute, Wohnraumvermieter  und – nicht zuletzt – die Ärzte der umliegenden Edel-Kliniken, in denen wahabitische Kundschaft (nach dem Verbot der Ganzkörperverschleierung in Frankreich) Zuflucht gesucht und gefunden hat, geradezu rational nachvollziehbare ökonomische Gründe für ihre Aversion eines deutschen »Burka-Verbots«. Es würde sie ja um die gerade erst glücklich zu ihnen ausgewichene Petro-Dollar-Kundschaft bringen.

In Cannes kam es kürzlich sogar zu blutigen Ausschreitungen, weil sich Frauen dem Burkini-Verbot des Bürgermeisters widersetzten und im Ganzkörperanzug im Mittelmeer badeten.

Man muß der Meinung sein dürfen, prinzipiell dagegen zu sein,  wenn Frauen Kleidervorschriften gemacht werden, ob dies nun der eigene Ehemann oder der Staat oder irgendwelche selbsternannten Frauenbefreierinnen tun. Frauen müssen sich kleiden dürfen, wie sie wollen, wenngleich anderer Meinung zu sein womöglich auch noch für »post-feministisch gehalten wird.

Und: Welche »blutigen Ausschreitungen« die Frauen in Cannes wohl von ihren Ehemännern oder Brüdern zu gewärtigen gehabt hätten, wenn sie sich nicht an deren Burkini-Gebot gehalten hätten?

CCD_verzicht auf copyright [4]Die öffentliche Diskussion krankt daran, dass sich sowohl Befürworter  wie auch Gegner eines deutschen »Burka-Verbots« nur unter dem Gesichtspunkt streiten, ob es pazifizierende oder reaktivierende Wirkung unter den in Europa lebenden Muslimen hätte. Deshalb mobilisieren die Printmedien derzeit ihre Frankreich-Korrespondenten, um zu erfahren, was das Verbot dort »bewirkt« habe, wie es umgangen werde, in welche Konflikte es die Behörden bringe und dass die (50 € in Frankreich) anfallenden Strafen – wie der SZ zu entnehmen ist – von einer anonymen Quelle bezahlt werden.

Geführt wird eine Diskussion über sowohl Zweck als auch Wirkung; nicht über Substanz oder Selbstverständnis der Öffentlichkeit und den Grenzen des Privaten im Öffentlichen Raum.