Stefan Aust, wie die, die ihn kennen kennen. Immer noch: „Junger Spund“, hochgekrempelte Ärmel zum Anpacken. Optisch hat er sich wenig verändert, er signalisiert der Welt aus der gleichnamigen Zeitung heraus und auch zum Start ins achte Lebensjahrzehnt eine Aufbruchstimmung wie eh und je. Stefan Aust – am Freitag wird er 70, spricht im Zeit-Interview (unten der Link dorthin) über seine Anfänge bei Konkret, seine Zeit als Spiegel-Macher und erklärt, warum Verlage Chefredakteure schleunigst feuern sollten, die Titel nicht für sich selbst machen. Seine wichtigsten Aussagen in Kurzfassung:
Über den Reiz, mit Ende 60 neben dem Herausgeberposten auch noch die Chefredaktion der Welt zu übernehmen:
„Ich war ja an dem Fernsehsender N24 beteiligt, den wir vor drei Jahren an Springer verkauft haben. Mathias Döpfner fragte mich damals, ob ich als Herausgeber von WeltN24 dabeibleiben wolle. Das hat mich schon sehr interessiert, weil ich immer der Ansicht war, dass Print, Online und Fernsehen zusammengehören. Mir war (schon vor fast 20 Jahren) klar, dass sich Journalismus in Zukunft vor allem elektronisch abspielen würde.“
Über das aktuelle Sparprogramm bei der Welt:
„Wir wollen, dass Journalismus ein funktionierendes Geschäftsmodell bleibt. Die Welt ist seit Langem digital ausgerichtet. Und das ist gut so. Aber wahr ist auch: Das Internet hat keine natürlichen Grenzen wie etwa bei der Seitenzahl einer Zeitung. Das ist im Prinzip ja sehr schön. Aber gelegentlich muss man auch fragen: Machen wir möglicherweise zu viel? Man muss sich auch die Strukturen anschauen, die Ressorts anschauen und prüfen, welche Veränderungen sinnvoll sind. Kein Haus bleibt verschont, so etwas gelegentlich zu machen.“
Über das Gerücht, dass ihn Vierbeiner besser leiden können als Menschen:
„Vielleicht ist es so, dass die Pferde mich lieber mögen. Aber umgekehrt gibt es auf jeden Fall Pferde und Menschen, die ich furchtbar finde.“
Auf die Frage, was er von den Spiegel-Titelzeilen „Die Mission“, „Bitte geht nicht!“, „Geht’s noch?“ und „Paris“ aus den letzten Wochen hält:
„Ich glaube, ich hätte keine dieser Zeilen gemacht. Wenn ich getitelt habe, habe ich das nie in der Erwartung getan, ob sich das jeweilige Angebot verkauft. Ich habe mich zumeist danach gerichtet, was mich selbst interessiert. Einen anderen Maßstab haben Sie nicht. Und wenn Sie zu oft danebenliegen, sollte sich der Verlag schnellstens von Ihnen trennen. Sie können kein Magazin, keine Zeitschrift, keine Zeitung machen für eine Zielgruppe, der Sie selbst nicht angehören. (…) Ich glaube, ich wüsste schon, was ich anders machen würde.“
Über seine Doppel-Rolle als Chefredakteur und Buchautor:
„Irgendjemand hat neulich gesagt, dass ich – seit ich bei der Welt bin – mehr geschrieben hätte als in 13 Jahren beim Spiegel. Das ist noch untertrieben. Ich habe allein in diesem Jahr mehr geschrieben als in 13 Jahren beim Spiegel. Wahrscheinlich brauchte ich so lange, um zu lernen, wie das geht.“
Warum ihn sein aktuelles Buchprojekt (rowohlt, 21. September 2016) über Konrad Heiden, der 1935 die erste Hitler-Biographie veröffentlichte, so fasziniert:
„… weil er die furchtbare Entwicklung vorausgesehen hat, die totale Diktatur, die Ermordung der Juden, selbst auf welche Weise dieses geschehen würde. Wenn man seine Beobachtungen liest, fragt man sich: Warum haben andere das nicht auch gesehen? Heiden beobachtete den Aufstieg Hitlers in den zwanziger Jahren aus nächster Nähe, hat ihn auch gelegentlich im kleinen Kreis beobachten können und registrierte, die »beseelten Gesichter des Publikums«, wie er schrieb. Aber er selbst hielt immer eine kritische und neugierige Distanz.“
Das ganze Interview ist in der aktuellen Ausgabe der Zeit zu lesen oder als einzelner Artikel hier bei Blendle.