der_ist_drinDie demnächst – wie wir hoffen – in der Redaktion eintrudelnden Texte von wem und welch literarischer Art auch immer, erscheinen bis zum 1. Juli des Jahres (um sich an diese neue „Sparte“ zu gewöhnen) außer in der dafür vorgesehenen Kategorie „Kurz-Text-Arena“ auch in der „Heidelberg“- und „Junge Rundschau“ – Kategorie. Ab dann finden Sie Lyrik, Essays und andere Kurz-Texte nur noch in der „Arena“. Hier nun nochmal ein Text von Fritz Feder. got

Heute – weil ja morgen Sonntag ist – mal ein Kurztext, eine Art Deutungsversuch, zum Thema Fußball, aber nicht nur …aus dem gerade gegebenen aktuellem Anlass natürlich, der EM. Der Ball ist rund (man stelle sich vor, er wäre eckig), aber er agiert ja nicht allein.
Konstruktivisten, die mir politisch oft nicht sonderlich konstruktiv erscheinen, weil zu gerne in der Tendenz harsch neoliberal, und sich besser Konstruktionisten nennen sollten, zumal sie ja der Auffassung sind, wir konstruierten uns die Welt bloß und es gäbe sie objektiv eigentlich gar nicht, und Systemiker, die so gut wie alles, was aus mehreren Elementen, die miteinander verbunden sind, besteht, also die Globalisierung, eine Gesellschaft, ein Krieg oder auch eine Familie, der Verkehr und eben auch Fußball, unter System-Aspekten betrachten, fühlen sich ja bekanntlich einander sehr nah.

Was mir Anlass gibt, diese sonderbar „selbstische“, akademische Spezies, die auch eine sehr manierierte Fachsprache konstruiert hat, am Beispiel des Systems: Spieler-Ball-Trainer-Tor etwas näher unter die Lupe zu nehmen….

Über Fußball und systemischen Konstruktivismus (aus Anlass der EM)

Ein Fußballspiel ist – in konstruktivistischer Sicht – eine systemische Veranstaltung, bei der zwei autopoietische Teilsysteme aufeinander treffen, um im Wege struktureller Kopplung(en) den Ball so zu perturbieren und zu driften, dass er beim Gegner, der rein erkenntnistheoretisch gar keiner ist, sondern eine inverse Selbstkonstruktion, ins Netz geht. Die externen Beobachter der agierenden und selbst lernenden Systeme, auch Trainer genannt und sehr geübt in Ballermöglichungsdidaktik, sehen dann je nach ihrer jeweils gegebenen Anschlussfähigkeit an das eine oder andere Teilsystem mit immanenter oder auch expressiver Freude, will sagen, emotionaler Kompetenz, ein solches Netz-Werk, auch Tor genannt. Mitunter gelingt sogar ein solches Tor im Wege der regressiven Selbstorganisation, was zu Viabilität ins je eigene Tor führt, eine Art Selbst-Netz-Werk. Konstruktivisten (und, tja nun, auch Konstruktivistinnen, die es aber kaum gibt! Ist so!) freuen sich, wenn die strukturelle Kopplung in toto am Ende ein Patt erbringt, denn sie wollen partout niemandem unschöne Affekte implementieren. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus,  wenn es sie denn gibt. Fritz Feder

Literatur zum Nachschlagen: Niklas Luhmann (alles), Rolf Arnold (alles), Ludwig A. Pongratz (Untiefen im Mainstream), Sepp Herberger (frei nach): Der Ball ist rund, damit er beim Driften die Richtung wechseln kann.

Juni 2016 | Heidelberg, Junge Rundschau, Kurz-Text-Arena | Kommentieren