Es muss doch noch mehr geben als eine langweilige, vorgezeichnete Existenz ins Grab hinein, eine lieblose Ehe, die einem jede Selbstachtung raubt, und Kinder, die einem fremd sind – sagt sich der gut siebzigjährige Désiré Cordier.
Er entwickelte eine seltsame Strategie und beschließt, ‚einen auf dement zu machen‘. Das bereitet ihm sichtlich Vergnügen. Die Rolle des senilen Vergesslichen spielt er so gut, dass ihn die Familie schließlich ins Pflegeheim „Winterlicht“ bringt. Dort lernt er vermeintlicher Weise frei zu sein, lernt ins Bett zu machen, verachtet Schlager zu singen, lernt den Blick eines verängstigten Alten, der nichts mehr wahrnimmt. Der Bibliothekar vergisst seine Frau und erzählt Unsinn vor sich hin. Er will seine Ruhe. Mit herzzerreißender Schonungslosigkeit zeigt der flandrische Bestseller-Autor Dimitri Verhulst, dass es gar nicht so einfach ist, in Würde zu altern.
„Lesezeit“ am Do 28.04.2016, 16.30 Uhr, in der Stadtbücherei
Dimitri Verhulsts – geboren 1972 in Aalst, einer mittelgroßen belgischen Stadt in Ostflandern – jobbte auf der Ferieninsel Mallorca als Animateur, arbeitete bei einem Pizza-Express, in einer Plastikfabrik und als Touristenführer. Seinen ersten Roman veröffentlichte er 1999. Seine Gedichte wurden für den C. Buddingh Prize nominiert. Der Roman „Problemski Hotel“ (2003) erschien in neun Ländern. In dem Roman „Die Beschissenheit der Dinge“ (2006) erzählt der Autor seine eigene Geschichte. Dafür wurde er für den AKO-Literaturpreis nominiert und 2009 wurde der Stoff verfilmt. „Der Bibliothekar, der lieber dement war als zu Hause bei seiner Frau“ erschien 2014. Mit dem Buch zeigt der gefeierte Bestsellerautor aus Flandern voller Komik, aber auch sehr schonungslos, sehr aktuelle Themen auf, die eigentlich in die Rubrik „nicht lustig“ gehören.
Mit dieser „Lesezeit“, mittlerweile eine bewährte Kooperation zwischen der Stadtbücherei sowie dem Theater und Orchester Heidelberg, wird ein gelungener Bogen zum bevorstehenden 33. „Heidelberger Stückemarkt“ geschlagen, der am 29. April eröffnet wird. Neben zahlreichen Lesungen und Gastspielen ist in diesem Jahr Belgien das Gastland. Am 07. und 08. Mai wird neue Dramatik dieses kleinen, aber sehr theateraffinen, Landes präsentiert. Besonders darf sich das Publikum auch auf die Gastspiele, u. a. von der berühmten Need Company, freuen. Mehr dazu unter: www.heidelberger-stueckemarkt.de; www.theaterheidelberg.de; 06221/5820.000;
Der Eintritt für die „Lesezeit“ ist frei!