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€uropäische Presse

dicht [1]Österreich hat mit Bauarbeiten am Brennerpass begonnen, um dort wieder Grenzkontrollen einzuführen. Am Ende soll zusätzlich ein Zaun Flüchtlinge aus Italien stoppen.

Nach der Schließung der Balkanroute schottet sich das Land damit weiter ab. Die Presse kritisiert dieses Vorgehen scharf und wirft der Regierung in Wien Heuchelei vor.

 DIE PRESSE (AT)

 Wien sind die Sicherungen durchgebrannt

Als unüberlegten Aktionismus kritisiert die liberal-konservative Tageszeitung Die Presse das Handeln Wiens: „Statt gleich von Militär und Zäunen zu sprechen, Baumaschinen auf den Brenner zu beordern, um neue Kontrollstellen und Zäune zu errichten, hätte es vielleicht nur ein paar Minuten der Reflexion gebraucht. ‚Was tun wir hier eigentlich?‘ Österreich ’sichert‘ eine Grenze, die eine lange, schwierige Geschichte hat. Die Bundesregierung sendet Signale der politischen Härte aus. … Logistische Vorbereitungen für einen möglichen Migrationsdruck hätte jeder verstanden. Der überstürzte, laut angekündigte Festungsbau auf dem Brenner mit Zäunen und Soldaten zeugt nur davon, dass bei den Verantwortlichen die Sicherungen zum Schutz vor allzu plumpem Aktionismus durchgebrannt sind.“

Wolfgang Böhm Zum Originalartikel [2]

 

EURACTIV (BE)

Brenner könnte neues Idomeni werden

Vor der Bildung von Flüchtlingslagern südlich des Brenners und neuen diplomatischen Spannungen warnt das Europaportal Euractiv: „Sollte Österreich Kontrollen an all seinen Grenzübergängen nach Italien einführen, könnten Migranten anfangen, Camps an Italiens Nordgrenze zu errichten. Das könnte zu einer ähnlichen Situation führen wie im nordgriechischen Idomeni [3], wo tausende Menschen auf die Möglichkeit warten, nach Mazedonien zu gelangen. Einige Migranten könnten versuchen, Frankreich zu erreichen, das nun wahrscheinlich selbst Kontrollen an seinen Grenzen zu Italien wiedereinführen würde. … Rom wird vermutlich scharf auf diese neue Einwanderungspolitik reagieren, weil es diese als Versuch seiner Nachbarländer interpretieren wird, Italien zu isolieren. Infolgedessen werden die Behörden der EU und Deutschlands in den kommenden Wochen wahrscheinlich bemüht sein, die bilateralen Spannungen zu verringern.“ Zum Originalartikel [4]

 

IL GIORNALE (IT)

Die Mauern unerträglicher Heuchelei

Ausgerechnet die etablierten Parteien, und noch dazu die sozialdemokratischen ziehen in Europa nun die Mauern hoch, höhnt die national-konservative Tageszeitung Il Giornale:

„Die Politik hat auf zweierlei Weise auf die Krise reagiert: Die Einen haben gesagt, dass das Problem besteht und gelöst werden muss. Die Anderen haben so getan, als existiere es nicht. Erstere wurden Populisten geschimpft, letztere galten als gute oder gutgläubige Menschen. … Wer einen Funken Aufrichtigkeit besäße, müsste jetzt eingestehen, dass die Politik, die die Folgen der Migration ignorierte, dumm war. Ja, dumm und unglückselig. … Populisten sind häufig – und leider – Kassandren. Die anderen sind schlicht und ergreifend Heuchler. Alles Menschen mit sauberer Maske und schmutzigem Gewissen. Wie der Bauherr der Mauer am Brenner mit doppeltem Stacheldraht, Werner Fayman, ein geschniegelter sozialdemokratischer Herr. Der gleiche, der die Grenze nach Slowenien [5] dicht gemacht hat.“

Salvatore Tramontano Zum Originalartikel [6]

 

KALEVA (FI)

Europa ist nun mal die einzige Hoffnung

Die Flüchtlingsströme werden sich nur verlagern, abreißen werden sie nicht, glaubt die liberale Tageszeitung Kaleva:

„Mit Beginn des Frühlings in Europa treten die Vorhersagen ein: der Menschenstrom über das Mittelmeer nach Norden nimmt zu, insbesondere seitdem der Weg über die Türkei nach Europa nahezu blockiert ist. … Wenn die Berichterstattung über das Flüchtlingslager in Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze abebbt, können die Europäer vielleicht bald verfolgen, wie die Flüchtlinge an der italienisch-österreichischen Grenze stranden. … Möglicherweise ist dies erst der Anfang eines großen Umbruchs. Der wohlhabende Kontinent ist zum Rettungsring für Menschen ohne Zukunftsaussichten geworden. Eine Rückkehr zu alten Zeiten in Europa wird es nicht geben.“

Zum Originalartikel [7]

 

EU startet Abschiebungen in die Türkei

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex hat mit der Umsetzung des EU-Ankara-Abkommens begonnen und Flüchtlinge aus Griechenland in die Türkei abgeschoben. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Aktion. Was ist der Preis für die Lösung der Flüchtlingskrise?

DE VOLKSKRANT (NL)

Den Haag hat dreckiger Politik zugestimmt

Berichte der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, wonach die Türkei Flüchtlinge nach Syrien abschiebt, haben niederländische Parlamentarier empört. Kolumnist Bert Wagendorp hält dies in der linksliberalen Tageszeitung De Volkskrant für scheinheilig:

„Wenn das Parlament den Deal mit der Türkei verhindern wollte, hätte es sich ja schon im Januar für die großzügige Aufnahme von ein paar hunderttausend Syrern aussprechen können, als niederländischen Beitrag zur europäischen Lösung des Problems. … Die Mehrheit aber wollte ein Ende des Zustroms der Flüchtlinge. Die einen mit dem Hinweis auf die zu uns kommenden Vergewaltiger und Terroristen. Andere aus Angst vor dem Wachstum genau jener Partei, welche auf die zu uns kommenden Vergewaltiger und Terroristen hinwies. … Die Lösung unserer Probleme musste unvermeidlich dreckige Folgen haben. Das wusste jeder. … Es ist dreckige Politik. Aber die haben wir selbst gefordert.“

Bert Wagendorp

 

Immer wieder berichten Medien über militärische Erfolge gegen die IS-Miliz in Syrien und dem Irak. Können die Terroristen allein mit militärischen Mitteln letztendlich besiegt werden?

 

VILÁGGAZDASÁG (HU)

Terror muss in Europa bekämpft werden

Solange er nicht über die Einsätze im Nahen Osten hinausgeht, ist der Kampf gegen den Terrorismus nicht zu gewinnen, mahnt der Sicherheitsexperte Máté Szalai in der Wirtschaftszeitung Világgazdaság:

„Mit der Invasion in Afghanistan 2001 konnte al-Qaida nicht besiegt werden, im Gegenteil: Das internationale Netzwerk der Terrororganisation wurde erst danach so richtig aufgebaut. Mit der Besetzung eines Landes im Nahen Osten werden die Terrorzellen in Europa nicht verschwinden. … Beim Kampf gegen den Terrorismus sind nicht (ausschließlich) der Islamische Staat, geschweige denn eine andere Zivilisation zu besiegen, sondern die Brüder el-Bakraoui und Konsorten. Wir haben nicht die Konflikte im Nahen Osten zu lösen, sondern jene lokalen Probleme, die europäische Bürger dazu bewegen, sich von den europäischen Werten abzuwenden und sich den Terroristen anzuschließen.“

Máté Szalai

 

DNEVNIK (BG)

Unterdrückte flüchten in den radikalen Islam

Je mehr Muslime in Europa Armut und Unterdrückung erfahren, desto größer die Gefahr, dass sie sich radikalisieren, warnt das Nachrichtenportal Dnevnik:

„Einer der Gründe, warum immer mehr in Europa geborene Muslime in die Fänge des radikalen Islam geraten, ist, dass er ihnen etwas gibt, was die europäische Ideologie ihnen nicht geben kann: Eine romantische Erklärung, warum sie arm und unterdrückt sind, während die anderen um sie herum ein scheinbar glückliches und wohlhabendes Leben führen. Der radikale Islam macht sie zu Helden. Er lässt sie in eine Art ästhetisierten Gehorsam fallen. Dieser lässt sie abstumpfen, so dass sie sich nicht mehr fragen, was sie mit der Freiheit anfangen sollen, die ihnen die Europäer aufzwingen. Nicht zuletzt bietet er ihnen das Bewusstsein, Teil einer starken Gemeinschaft zu sein, mit der sie sich identifizieren wollen – im Gegensatz zum verhassten Europa der Parlamente, der Kirchen und der Ghettos, zu dem sie nicht dazugehören wollen.“