Das Gurs-Mahnmal in Heidelberg-Bergheim war im Rahmen eines Schülerwettbewerbs um die Deportation Heidelberger Juden am 22. Oktober 1940 nach Frankreich verschleppter jüdischer Heidelberger Mitbürger wegen entstanden, die dort im Lager Gurs interniert wurden. An dem feierlichen Akt nahmen nahmen vor zwei Jahren neben Jugendlichen der beteiligten Schulen zahlreiche Gäste teil, darunter der Zeitzeuge Hans Flor, der damals seine Verwandten am Bahnhof ins Ungewisse verabschieden musste, sowie Manfred Lautenschläger, der die Aufstellung des Mahnmals mit einer großzügigen Spende ermöglichte. Im (draufklicken dann wird alles groß) – Bild (got) von rechts: Bürgermeister Wolfgang Erichson, Anna-Sophia Weißling, der Bildhauer Grégory Boiteux und Manfred Lautenschläger beim enthüllen dieser Tafel, die seitdem das Mahnmal erläutert:
Damit dieses dunkle Kapitel der Heidelberger Geschichte nie in Vergessenheit gerät, erinnert seit 2014 ein massives Stein-Mahnmal in der Nähe des damaligen Gleises 1 des Heidelberger Bahnhofs, das, unweit des ehemaligen Hauptbahnhofes, an die Deportation der Heidelberger jüdischen Bürger nach Gurs erinnern will. Nachdem nun die Neugestaltung der Schwanenteich-Anlage und die Bauarbeiten an der Kurfürstenanlage abgeschlossen sind, vervollständigt diese bronzene Inschriftentafel das Mahnmal.
Für das Mahnmal ausgewählt wurde ein von der ehemaligen Schülerin der Elisabeth-von-Thadden-Schule Anna-Sophia Weßling Entwurf, aus dem heraus sie einen Kubus entwarf, auf dessen Oberfläche Gleise zu sehen sind. Sie symbolisieren den Weg, über den die Heidelberger Juden aus ihrer Heimat verschleppt wurden.
Dieser Entwurf wurde dann von Bildhauer Grégory Boiteux als massiver Block aus Odenwälder Granit mit den Kantenmaßen 1,45 mal 1,45 mal 1,60 Meter umgesetzt. Der tonnenschwere Stein steht etwa dort, wo am ehemaligen Hauptbahnhof die jüdische Bevölkerung den Zug besteigen musste. Vor dem Stein befinden sich Schienen und Gleisschotter.
Die Idee zur Gestaltung des Umfeldes stammt von Landschaftsarchitekt Wolfgang Roth, die Schienen spendete der Mannheimer Stahlbauer Volkmar Kürschner, das Mahnmal-Umfeld wurde von der Dossenheimer Firma Böttinger angelegt. Die Realisierung der Gedenkstätte wurde dank einer großzügigen Spende der Manfred-Lautenschläger-Stiftung realisiert.
Schülerwettbewerb
Das Mahnmal ist im Rahmen eines Schülerwettbewerbs entwickelt worden, den die evangelische Kirche zusammen mit der jüdischen Gemeinde und der Stadt Heidelberg initiiert hatte. Im Oktober 2010 hatten sich 60 Heidelberger Schüler einer 10ten Klasse des St. Raphael-Gymnasiums und der Elisabeth-von-Thadden-Schule bei einem Studientag unter dem Motto „Damit Erinnerung Gestalt gewinnt“ mit dem Thema beschäftigt. Sie diskutierten unter anderem mit dem Lager-Zeitzeugen Kurt Meier. Die Kunstlehrer der beiden Schulen leiteten das rund fünf Monate dauernde Schulprojekt. Insgesamt 50 Entwürfe wurden der Jury vorgelegt.
Deportation nach Gurs
Im Sommer des Jahres 1940 beschlossen die nationalsozialistischen Gauleiter Badens, ihre Verwaltungsbereiche als erste im Deutschen Reich als „judenfrei“ zu proklamieren. Über 5.600 jüdische Bürger aus Baden wurden am 22. Oktober 1940 nach Frankreich deportiert und in Gurs interniert. Auch von Heidelberg aus fuhren Züge nach Gurs. Die in allen Stadtteilen festgenommenen Juden wurden zum Gleis 1a des alten Hauptbahnhofes gebracht, wo bereits der Deportationszug wartete. (links im Bild sitzend der über 90 Jahre alte Zeitzeuge Hans Flor)
In Gurs war man auf die große Anzahl der Neuinternierten nicht eingestellt. Ernährung und medizinische Versorgung waren völlig unzureichend. Eine Ruhrepidemie kostete bereits im ersten Jahr zahlreiche Menschen das Leben. Die Gefangenen mussten zunächst teilweise auf dem Erdboden schlafen, später durften sie sich einen Sack mit Stroh als Unterlage füllen. In den Baracken wurde ihnen ein 70 Zentimeter breiter Raum zugestanden. Die Trennung von den Familien, Hunger, katastrophale hygienische Bedingungen und Krankheit prägten die Situation; pro Tag starben etwa sieben Menschen.
Insgesamt verstarben in Gurs mehr als tausend der aus Baden internierten jüdischen und Bürger. Für viele der Deportierten bedeutete Gurs den Beginn eines Leidensweges in die Konzentrationslager des Ostens. Ab März 1942 veranlasste der Leiter des Judenreferates der Gestapo, Theodor Dannecker, Transporte nach Auschwitz, Lublin-Majdanek, Sobibor und in andere Vernichtungslager, wo die meisten kurz nach ihrer Ankunft ermordet wurden. Der erste Transport verließ Gurs am 6. August 1942 und fuhr über Drancy bei Paris „mit unbekanntem Ziel“ Richtung Osten. Ab 1941 gab es auch gelegentliche Verlegungen von Gurs in andere französische Lager. So kamen im Frühjahr desselben Jahres kinderreiche Familien in die Lager Rivesaltes oder Récébédou, was der jüdischen Hilfsorganisation O.S.E. (Oeuvre de Secours aux Enfants) ermöglichte, aus diesen Lagern mehrere hundert Kinder zu retten.
Einer, der „von alledem nichts gewusst“ hat: Albert Speer bezeichnete sich in einem auf zwei Nachmittage verteilten acht Sunden dauernden Gespräch mit Heidelberger (KFG) Schülern wenige Wochen vor seinem Tod in der Rundschau-Redaktion selbst als einen „großen Mitläufer“ – hier der Teil davon, in welchem er über seine Schulzeit spricht: „Antworten an eine andere Generation“
Begleitend zum Mahnmal hat die Stadtbücherei eine dauerhafte Informationsausstellung zur Geschichte der Juden in Heidelberg bis zu ihrer Deportation sowie über das Lager GURS eingerichtet. Ohne Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit, aber mit zahlreichen Detailinformationen, Dokumenten und Artikeln sowie mit Bildern aus dem Heidelberger Stadtarchiv ausgestattet, steht die Ausstellung für die Nutzung in der Bücherei zur Verfügung.