[1]Die Einführung einer Bettensteuer in Heidelberg rechnet sich nicht. Die erhofften Steuermehreinnahmen im Stadtsäcken werden durch den Verwaltungsaufwand der Beherbergungsbetriebe überkompensiert.
Hinzu kommen eine beachtliche Komplexität, Bürokratie und Rechtsunsicherheit, die viele kleine und mittelständische Heidelberger Beherbergungsbetriebe vor schier unlösbare Aufgaben stellen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten der VHP Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, welches die Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar beauftragt hat.
„Die Einführung einer Bettensteuer würde zu einer hohen Belastung der mittelständischen Heidelberger Übernachtungsbetriebe führen. Insbesondere für die vielen kleinen, familiengeführten Unternehmen wäre ein solcher Aufwand nur schwer zu verkraften“, fasst IHK-Präsidentin Irmgard Abt die Ergebnisse des Gutachtens zusammen.
Die Erstellung des Gutachten [2]s wurde durch den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA mit fachbezogenen Informationen unterstützt. Ziel war es, die Bürokratiekosten zu ermitteln,die von den insgesamt 76 Heidelberger Hotels und Beherbergungsbetrieben bei Einführung der Bettensteuer zu stemmen wären.
[3]Je nach Größe muss ein Hotel etwa 15.000 bis 46.000 Euro Personal- und Sachkosten pro Jahr einsetzen, wenn der Heidelberger Gemeinderat die von
der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen beantragte Bettensteuer einführt, ergibt das Gutachten der VHP. „Alle Hotels zusammen müssten 1,6 Millionen
Euro pro Jahr aufwenden, um eine neue Steuer einzutreiben, die dem Stadtsäckel 1,4 Millionen Euro bringen soll. Dabei ist der Aufwand von Seiten der Stadt, der von der Kämmerei mit 173.000 Euro kalkuliert wird, noch nicht einmal berücksichtigt“, rechnet VHP vor. Die hohen Belastungen der Übernachtungsbetriebe könnten weitere negative Effekte wie den Wegfall von Arbeits- und Ausbildungsplätzen sowie einen Imageschaden Heidelbergs
als Tourismusstandort zur Folge haben, warnt der Gutachter. Auch sei zu befürchten, dass einige Hotels aufgrund der steigenden Bürokratiekosten
ihre Budgets für die von ihnen mitfinanzierten Marketingaktivitäten der Stadt kürzen müssten. Das Fazit der Gutachter lautet dementsprechend, dass
die Einführung einer Übernachtungssteuer sowohl bei gesamtwirtschaftlicher als auch kommunaler Betrachtungsweise nicht empfehlenswert, sondern
geradezu schädlich für den Tourismusstandort Heidelberg ist.
[4]Als Datenbasis für die Gutachter diente neben eigenen Erhebungen und Erfahrungswerten auch eine Stichprobe mit Informationen von 13 kleinen, vier mittleren und vier großen Hotels. Für die Gutachter ist klar, dass vor allem die kleinen Häuser aufgrund der hohen Fallzahlen von bis zu zehntausend Ankünften pro Jahr besonders unter der Bettensteuerbürokratie zu leiden hätten. „Wo es größeren Hotels noch gelingen kann, einen Teil des notwendigen Arbeitsaufwands auf bereits vorhandenes Personal abzuwälzen, wird dies bei vielen mittelständischen Betrieben und deren geringeren Personalausstattung voraussichtlich nicht möglich sein. Hier werden die Hoteliers selbst die erforderliche Mehrarbeit leisten müssen“, prognostizieren die Gutachter.
„Jeder Betrieb ist bei Einführung der Steuer mit durchschnittlich 21.000 Euro Bürokratiekosten dabei“, so Melanie von Görtz, Geschäftsführerin des DEHOGA in Heidelberg. „Das entspricht in vielen Unternehmen einer halben bis dreiviertel Kraft. Für manches Hotel ist dies existenzgefährdend und bringt für sie erhebliche Wettbewerbs-nachteile im Vergleich zu Unternehmen im Umland“, warnt von Görtz. Die hohen Bürokratiekosten entstehen vor allem deshalb, weil für jeden Gast eine individuelle Prüfung erfolgen muss und die für Übernachtungen typischen Tagespreise und Packagelösungen unter Einbindung von weiteren Angebotsbausteinen wie Minibar, Frühstück, Eintrittstickets, etc. in zu versteuernde und nicht zu versteuernde Elemente aufgeteilt werden müssen. Zudem müssen Arbeitgeberbescheinigungen von Geschäftskunden, die diese Steuer nicht zahlen müssen, eingefordert, gesammelt und dokumentiert werden.
IHK und DEHOGA appellieren an den Heidelberger Gemeinderat:
Führen Sie diese neue Steuer, die es bislang nur in 20 von 11.000 Kommunen in Deutschland gibt, nicht ein. „Wir dürfen die mittelständisch strukturierte
Heidelberger Hotellerie nicht mit den Aufgaben einer Steuerbehörde belasten. Unsere Betriebe wollen ihre Gäste betreuen, nicht eine vermeidbare Bürokratiebelastung bewältigen“, so IHK-Präsidentin Abt.