Brett- und Kartenspiele machen nicht nur Spaß. Das gesellige Miteinander trainiert auch den Kopf. Interview mit Demenzforscherin Christine von Arnim Ist es, fragt er, gesund sich mit Begriffen wie Gambit oder Royal Flush gut auszukennen? Wir sagen ja, ist es:
Spielen nämlich, das ist auch für (alte) Schreiber ein gutes Hirntraining! Und zwar aus vielen Gründen: Spielen macht Spaß, deshalb fördert es die Motivation. Wenn man gewinnt, wird das körpereigene Belohnungssystem aktiviert.
Zugleich ist jedes Gesellschaftsspiel eine Übung im sozialen Miteinander. Man unterhält sich mit den Mitspielern und muss auch herausfinden, was sie vorhaben. Was für mich als Forscherin aber im Vordergrund steht: Spielen verbindet zwei ganz verschiedene Methoden der Demenzvorbeugung.
Welche denn?
Bei der ersten Methode geht es darum, möglichst oft etwas Neues zu lernen oder zu erleben – egal ob man anfängt zu stricken, Klavier lernt, einen Ausflug macht oder ins Museum geht. Menschen, die ein abwechslungsreiches Leben führen, erkranken seltener an Demenz, zu viel Routine erhöht dagegen das Risiko. Die zweite Methode setzt auf kognitives Training. Dabei werden Aufgaben gelöst, die Teilnehmer sprechen etwa Wörter aus dem Gedächtnis nach.
Sind beide Ansätze erfolgreich?
Ja, aber sie haben auch ihre Grenzen. Die Begegnung mit Neuem wirkt sich positiv auf viele Leistungsbereiche aus, aber nur schwach. Kognitives Training verbessert stark die Fähigkeiten in dem Aufgabenbereich, der geübt wurde. Leider nur in diesem! Wer immer Einkaufslisten auswendig lernt, kann das nach einer Weile richtig gut. Das heißt aber nicht, dass er auch daran denkt, den Hausschlüssel mitzunehmen.
Und was hat das genau mit Gesellschaftsspielen zu tun?
Spiele haben einen bekannten Ablauf, die Regeln ändern sich nicht. Gleichzeitig ist aber jede Runde anders und bietet eine neue Herausforderung. Das ist eine ideale Kombination! Einer meiner Mitarbeiter forscht für seine Doktorarbeit über die Wirkung von Gesellschaftsspielen. Dafür spielten neun Senioren dreimal pro Woche Karten- und Brettspiele, bei jedem Treffen wurde ein neues Spiel gelernt. Die kognitiven Leistungen wurden über fünf Wochen deutlich besser, und zwar in mehreren Bereichen: schlussfolgerndes Denken, Kurzzeitgedächtnis, geistige Flexibilität und Impulskontrolle. Bei der Vergleichsgruppe aus Nichtspielern hat sich nichts verändert.
Dann dürfen sich Spiele-Muffel also nicht länger verweigern?
Es macht keinen Sinn, sich dazu zu zwingen! Es gibt ja noch sehr viele andere Möglichkeiten, geistig fit zu bleiben, zum Beispiel Tanzen, Sport oder Musizieren.
Was halten Sie von Spielen am Computer oder an der Spielkonsole?
Ja, schon. Das kann auch Erfolge bringen. Es ist doch schön, wenn alle zum Spielen um einen Tisch sitzen! Bei elektronischen Spielen fehlt zwar manchmal das Erlebnis, die Figuren oder Karten anzufassen. Je mehr Sinne angesprochen werden, desto besser. Aber als Einstig: Gern doch …