Hein & Oss

Hein & Oss

Der Liedermacher Heinrich Kröher, der mit seinem Zwillingsbruder als Duo Hein und Oss auftrat, ist tot. Der Pfälzer Künstler starb heute, am Sonntag (14. Februar), im Alter von 88 Jahren in seiner Heimatstadt Pirmasens.

Hein und Oss (Oskar) Kröher standen über Jahrzehnte gemeinsam auf der Bühne und sangen zur Gitarre Volkslieder. Ihr Repertoire, mit dem sie seit den1960er-Jahren mehr als 15 Langspielplatten und CDs aufnahmen, umfasst Arbeiterlieder, Freiheitslieder der 1848er-Revolution, Seemannsmusik, Cowboysongs, Chansons und vieles mehr.

Im Umfeld von Künstlern wie Hannes Wader (73), Franz Josef Degenhardt (gestorben 2011) oder Reinhard Mey (73) zeigten die Kröher-Zwillinge – nicht nur – auf der Waldeck, dass Volkslieder nicht altmodisch klingen müssen. Beide gaben auch Songbücher heraus und verfassten Texte. Ein paar Wochen lang waren sie auch einmal in der Hitparade der DDR.

Heinrich Kröher hatte sich zuletzt weitgehend von der Bühne zurückgezogen. Er starb nach kurzer Krankheit. Sein Zwillingsbruder Oskar Kröher lebt ebenfalls in Pirmasens. Beide wurden in einer bildungsbürgerlichen Familie groß. Der Vater war leitender Angestellter einer großen Schuhfabrik.

Diese Agenturmeldung habe ich bestürzt gerade eben, spät in der Nacht erst, gelesen und habe sie  unredigiert übernommen. Wir haben einen Freund verloren. Aus meiner Erinnerung schreibe ich dies:

Zeiten durch Lieder erkennen

Auch Sängerin Katja Epstein (rechts, zwischen den Liedermachern Hein und Oss Kröher) gehörte zu den Zuschauern auf der Waldeck-

Auch Sängerin Katja Epstein (rechts, zwischen den Liedermachern Hein und Oss Kröher, rechts unten Tenno und Pit) gehörten zu den Machern auf der Burg Waldeck …

Ich erinnere mich an viele Abende auf Burg Waldeck, zuletzt mit dem Mindener Kreis auf Burg Ludwigstein aber besonders an einen Besuch in ihrer zweiten Heimat, der Kurpfalz: Hein & Oss Kröher, die Pfälzer Zwillinge stellten der Rundschau in unserem  Altstadthinterhof in der „GraGa“ unter der Pergola bei pfälzischem Riesling und vielen Liedern bis in den frühen Morgen ihr bei der Pfälzischen Verlagsanstalt erschienenes, 370 Seiten starkes „ Die Liederpfalz” vor als ein „Muss” für all jene, denen Lieder aus der Heimat mehr als nichts bedeuten.

Zusammen mit dem früh verstorbenen Peter Roland hatten die Zwei auf Burg Waldeck das Festival „ Chanson – Folklore – International” gegründet.
Insidern aus der Jugendbewegung war das Duo längst ein Begriff, als von der Waldeck aus das „Neue Singen” von den Medien begierig aufgenommen wurde. Schon damals galten sie als „Traditionalisten”,  die „Folksong-Welle” hat sie nicht davon abgehalten, Volkssänger zu sein.

Dieser Begriff aus dem Wiener Biedermeier wurde von Hein & Oss wieder mit „liederlichem” Leben erfüllt. Mit volkstümelnder, innig verkitschter teutscher Innerlichkeit hatten die Beiden freilich ebensowenig am Hut, wie etwa mit zackigem Marschstiefel-Rhytmus. Auf unzähligen Schallplatten und mittlerweile natürlich längst auch auf CDs sind sie immer noch nach zu hören – Volkslieder der unterschiedlichsten sozialen und geographischen Herkunft, Liebeslieder sangen die Zwillinge besonders gern, es finden sich aber auch Seemannslieder, Kinderlieder, Freiheitslieder, Arbeiterlieder, Wander-, Vaganten- und Zigeunerlieder in ihrem musikalischen Gepäck. Viele davon haben Hein & Oss von gemeinsamen Auslandsfahrten mitgebracht – dem Volk aufs Maul geschaut und aufgeschrieben. Und genau so haben sie das dann auch gesungen – nicht etwa übersetzt, sondern französisch, englisch, griechisch, italienisch, russisch und jiddisch – wie das ja bei uns war und heute – wenn es sie denn noch gibt – in guten bündischen Gruppen üblich ist.

Obgleich mittlerweile Vorbild einiger Generationen von „Liedermachern” mochten sie selbst nicht als Liedermacher bezeichnet werden. Sie „machten” nicht, sagen sie , sondern sie singen, was andere Autoren – über Generationen hinweg als Volkslieder überliefert – geschaffen haben.
Dass aber Volkslieder immer etwas damit zu tun hatten, was das Volk gerade bewegte, gibt es längst auch von Hein & Oss „gemachte” Lieder.

Dem mag Pate gestanden haben, was Lieselotte von der Pfalz aus ihrem französischen Exil als Herzogin von Orleans am 11. Februar 1700 in ihre kurpfälzische Heimat geschrieben hat: „In Frankreich kann man alle Zeiten durch ihre Lieder erkennen, denn alles wird gesungen.”
So finden sich auch im Repertoire von Hein & Oss eigene Lieder mit literarischer Qualität und politischem Gewicht. Dichter und Sänger sagen singend ihre Meinung, reflektieren spontan über Ereignisse. Das „Giftgaslied” etwa ist so entstanden.

Aber auch begnadete Erzähler waren die Beiden, warfen sich Worte, Sätze oder gemeinsam erlebte Situationen zu, so spann der andere die Geschichte weiter, an jeder Stelle konnte einer vom andren den Faden aufnehmen: Das gefährliche Abenteuer mit dem Tiger in Indien etwa, oder die Begegnung mit Indianern, aber auch – besonders gern – Geschichten aus der Pfalz: „Elwetritsche, Wildsäu, Drecksäu” zum Beispiel. Und diese Geschichten durfte dann schon auch in direkte Verbindung gebracht werden mit „Die Müllverbrennungsanlach”.

Augenzwinkernd, engagiert und aktuell.

Die Kröher-Zwillinge haben sich zu keiner Zeit in irgendeine Ecke stellen lassen, ließen sich nicht einfach katalogisieren.

Dass hierzulande wieder gesungen wird, dass wir einen wesentlichen Teil unserer Lieder weder den Mäusen in verstaubten Archiven (pardon, Ihr von Burg Ludwigstein seid hier natürlich nicht gemeint) noch von den Leuten mit dem falschen Zungenschlag überlassen müssen, dazu haben Hein & Oss & ihre Gitarren entschieden und entscheidend beigetragen. tenno

Schließ Aug und Ohr für eine Weil
Vor dem Getös der Zeit,
Du heilst es nicht und hast kein Heil
Als wo dein Herz sich weiht.

Dein Amt ist hüten, harren, sehn
Im Tag die Ewigkeit.
Du bist schon so im Weltgeschehn
Befangen und befreit.

Die Stunde kommt, da man dich braucht.
Dann sei du ganz bereit
Und in das Feuer, das verraucht,
Wirf dich als letztes Scheit.

Feb 2016 | Allgemein, Feuilleton | Kommentieren