Die Uraufführung der Oper – historisch detailgetreu und aus Kindersicht verständlich nacherzählt von Ingrid Leser-Matthesius mit traumhaften Bildern von Ludvik Glazer-Naudé und den musikalischen Höhepunkten der Oper auf der beigelegten CD:
Wenn Soferl am Theater vorbeikommt, hört sie zwar von drinnen Orchester und Sänger beim Proben dieser wunderschöne Musik. Gerne aber würde sie – am liebsten natürlich zur Premiere – diese Musik nicht nur beim Vorbeigehen auf der Straße hören, sondern drinnen ohne Mauern dazwischen und ohne den Lärm von Passanten und Kutschenverkehr.
Um die Eintrittskarte bezahlen zu können, verkauft Soferl nun jeden Tag Äpfel vor dem Theater, aber am Tag der Premiere fehlt ihr immer noch Geld; und die Aufführung soll doch gleich beginnen!
Da entdeckt „Herr Mozart” die traurige kleine Apfelverkäuferin vor dem Theater und nimmt sie mit hinein ins Theater.

„Niki ist wirklich total begeistert davon“, erzählt Papa Clemens: „Wir lesen, Nikolai dirigiert, wir kommen zu einer Nummer, die den Track auf der beiliegenden CD angibt, hören, genießen die sehr schöne Aufnahme … und schauen weiter bis zur nächsten Nummer. Dann, vor der nächsten Szene lese ich wieder erst den Text vor, dann klicken wir uns weiter und hören und sehen. Toll!“
Der Vorhang hebt sich, auf der Bühne wird die märchenhafte Geschichte der Zauberflöte erzählt – die Geschichte von Prinz Tamino und seiner Pamina, dem Vogelfänger Papageno, der bösen Königin der Nacht und dem Sonnenkönig Sarastro. Und von nun an ist Soferl im Theater – und mit ihr zusammen Nikolai Clemens mit dem Buch, das er von seinem Vater Clemens geschenkt bekommen hat – mittendrin in den Bildern, dem Text und der wunderschönen Musik.
Mozarts Zauberflöte ist eine Oper der Superlative – seine letzte, bekannteste und vermutlich auch beliebteste. Gleichzeitig aber ist die Zauberflöte eine Oper, in der sich auf unterschiedlichen Ebenen Gegensätzliches manifestiert, das freilich auch ebensolche Rezeptionen nach sich zieht – von „naiv“ bis höchst komplex. Dass das Werk auf der Grundlage seiner vordergründig märchenhaften Handlung gehört und gesehen werden kann, beweisen eine Reihe von Bilderbüchern, die – zwar – meist gut geeignet sind, Kinder auf die Begegnung mit der Musik von Wolfgang Amadeus Mozart im Allgemeinen und der Zauberflöte im Besonderen vorzubereiten. Ergibt es aber Sinn, muss vorab gefragt werden dürfen, diesem Reigen einen weiteren Titel hinzuzufügen? Die Antwort darauf ist einfach: Ja, unbedingt!
Diese neue Präsentation in diesem Bilderbuch
Sie hebt sich von den meisten anderen ab insofern, als es hier nicht nur um die „Oper als solche“ geht, sondern um eine Aufführung zur Zeit ihrer Entstehung. Was wiederum bedeutet, dass sich der Plot um die junge Soferl rankt, eigentlich Sofia, die in Wien lebt und trotz ihres zarten Alters von sechs oder sieben Jahren ihrer Familie beim täglichen Broterwerb helfen muss. Immer, wenn sie gewaschene und gebügelte Hemden austrägt, geht sie am Volkstheater auf der Wieden vorbei. Ganz besonders angezogen wird sie von der geplanten Aufführung der Zauberflöte. Um sich eine Eintrittskarte leisten zu können, verkauft sie vor dem Theater Äpfel. Als dieser Plan jedoch nicht aufgeht, kann sie die Aufführung dennoch aufgrund einer Intervention von Mozart hochselben dennoch sehen. Danach steht ihr Entschluss fest, auch im Chor zu singen und, wie könnte es anders sein, das Vorsingen bei Mozart und Schikaneder endet dann – nicht unüblich in „solchen Geschichten“ erfolgreich.
Wobei sich das alles zwar ein bisschen nach abgeschmackter Story mit Happy End anhört, was aber nicht nur in pädagogischen Kontexten gut einzusetzen ist, um einer jungen Zielgruppe ab sechs Jahren die sozioökonomischen Umstände des 18. Jahrhunderts zu erklären und ein erstes Verständnis für den Wandel historischer Gegebenheiten zu wecken.
Ingrid Leser-Matthesius erzählt Soferls Geschichte in gut verständlichem Text. In diesen Rahmen hinein bettet sie einen Mini-Opernführer, nämlich einen knappen Bericht über den Plot der Zauberflöte und über deren Aufführung aus Soferls Perspektive.
Jeder, der sich auf dieses Buch einlässt, wird mit nachgerade optischen Rauschzuständen belohnt. Würden wir aber die jeweils eine Doppelseite einnehmenden Bilder nach dem Kriterium Originalität beurteilen wollen, dann wäre das Ergebnis zwar nicht eindeutig zu beantworten, aber die Frage nach der Gegenstandsadäquatheit darf jedoch demgegenüber mit einem klaren Ja beantwortet werden.
Ludvik Glazer-Naudé malt das Wien des 18. Jahrhunderts in realistischer Darstellungsform. Bei der bildlichen Wiedergabe der Opernhandlung bleibt er seinem Stil zwar treu, passt sich aber dem Bühnenbild an und lässt vor allem im Hintergrund die Konturenschärfe schwinden. Die märchenhafte Pracht der Aufführung und mit ihr die Binnenhandlung hebt sich vom Rahmen durch einen Text ab, der nicht mehr lediglich auf der linken Seite gedruckt ist, sondern sich auf einer Art Bühne über beide Doppelseiten erstreckt.
Mehr noch als der Text sind die Bilder vereinnahmend, appellativ sogar, Glazer-Naudé fordert auf und entfacht ganz einfach die Neugier, Zusätzliches über die Oper erfahren zu wollen. tno
Ludvik Glazer-Naudé / Ingrid Leser-Matthesius: Die Zauberflöte. Oper von Wolfgang Amadeus Mozart. Erzählt von Ingrid Leser-Matthesius.
Mit den musikalischen Höhepunkten auf CD und Illustrationen von Ludvik Glazer-Naudé.
Ars Edition, München 2015.
48 Seiten, 19,99 EUR.
ISBN-13: 9783760799957