aufziehender-sturm-aeb15248-42c2-449d-878b-a313ac7d089eDie Weltpolitik gleicht einem aufziehenden Gewittersturm. Ob in Schwarzafrika oder Zentralamerika, in Arabien oder im Mittleren Osten – überall braut sich Unheilvolles zusammen. Und auch Europa und die USA, dereinst mal, sagen wir mal mit Einschränkungen,  Hort der Stabilität, werden von Krisen heimgesucht wie schon seit langem nicht.

Zehn Beobachtungen und ein Schlusswort zur aktuellen Bedrohungslage

Die Welt ist aus den Fugen. Es fehlen adäquate und verträgliche Dichtstoffe. Dies gilt – aus unterschiedlichen Gründen – zumindest für den Nahen Osten, den Maghreb, Teile des saharischen bzw. subsaharischen  Afrika und Asiens sowie fast ganz Zentralamerika. Generell gilt: Fragile Regionen, zerbrochene Staaten und Blutdiktaturen allenthalben und in wachsender Zahl. George Orwell konnte sich in „1984“ schon eine ganze Menge an Grauen für die damalige Zukunft Eurasiens vorstellen, aber lebte er noch, so wäre er gewiss überrascht angesichts der Varianz und Intensität des Grauens auf unserem Planeten. Es ist mehr als eine Überlegung wert, darüber zu reflektieren, was Menschen anderen Menschen anzutun in der Lage sind und welche inneren und äußeren Beweggründe sie hierfür haben. In einem Lied von Wolf Biermann inspiziert der Teufel mal wieder die Erde und wendet sich voll Entsetzen ob der Brutalität und Gräuel von dort rasch wieder ab. Für ihn, so schien es dem Teufel, gab es auf der Erde nichts mehr zu tun. Das große, historische Projekt der Aufklärung, vor 80 Jahren durch den Nationalsozialismus schon einmal in Brand gesetzt, ist vorerst gescheitert. Möglicherweise nun definitiv! Der exzessiven, allgemeinen Globalisierung der letzten Jahrzehnte folgt nun in verstärktem Maße die kriegerische Globalisierung in zahlreichen kleinen und mittleren Brandherden, was sich allmählich zu einem breiten Flächenbrand verdichtet. Wir im neuen Krisenherd Europa sind auf jeden Fall dabei und auch Teil des Problems. Die Bedrohung hat jedoch große Teile unseres gesamten irdischen Lebensraums erfasst – Südamerika, Teile Asiens, die VR China (zurzeit noch) einmal ausgenommen. Es zeichnet sich klar ab: Die Bedrohung wird massiv bleiben, sich noch verschärfen. Das Kind der Freiheit und Gewaltlosigkeit ist tief in den Brunnen gefallen. Rettungslos?

Es gehört zum beabsichtigten Realismus dieser thesenartigen Beobachtungen,  zunächst einmal folgendes festzustellen: Auf kurze bis mittlere  Sicht ist die Lage in den genannten Krisenregionen aussichtslos, zunehmend auch in Europa. Europa wird hineingezogen in Fragilität und Krise, weil es schon immer beteiligt war: Kolonialismus, Imperialismus, Militarismus, Kriege, rigide Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen. Die Globalisierung ging früh von Europa aus. Die Globalisierung der Krise wird ubiquitär. Wenn Offizielle des „herrschenden Blocks an der Macht“ (R. Bahro) bei uns behaupten, sie hätten angesichts des neuen Widerstands und der Attacken der Gotteskrieger die Lage im Griff, dann mogeln sie. Eigentlich sagen sie dies auch kaum noch, sondern wirken spätestens nach den Attentaten in Paris eher nachdenklich, zuweilen hektisch, ratlos und uneinig, mitunter auch nassforsch – am äußerst rechten Rand fischend. Auf jeden Fall aber auch militanter als sowieso schon. Ja, das Kind ist in den Brunnen gefallen, und es wurden auch im Westen über ein bis zwei Dekaden allzu viele interessengeleitete Fehler gemacht, um es gemäßigt auszudrücken. Auf längere Sicht besteht jedoch Hoffnung, möchte man als Optimist feststellen. Dies dann, wenn das Erforderliche getan und das Abwegige unterlassen wird. Wird der multilaterale, destruktive Wahn fortgesetzt, dann ist es kein übertriebenes Negativpathos zu sagen, dass die Welt, die Menschheit in einen Dritten Weltkrieg hineinschlittert, der sich in ersten Konturen bereits abzeichnet. Es ist zum Verzweifeln und manche einer mag sich wie der ungehörte Mahner und Warner Stefan Zweig in den Jahren zwischen den beiden letzten Weltkriegen fühlen. Extrapoliert man die Zahlen der Opfer der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts, weiß man, was da auf erschreckende Weise aufzukeimen droht. Dies muss aber nicht zwangsläufig unser „Schicksal“ werden, auch wenn der Atem der Geschichte gerade mal wieder besonders morbid, ja todeslüstern schnappt. Oder doch?

Der bisherige Aktionismus seit den Anschlägen auf die Twin Towers in New York und auf das Pentagon vor knapp 15 Jahren, der W. Bush-Krieg im Irak, die Interventionen in Afghanistan, Syrien, Libyen, Mali und weitere westliche Interventionen haben vor allem im Nahen und Mittleren Osten sowie in Afrika die Bedrohungslage nicht gemildert, sondern verschärft. In der Folge der Bombardierungen und militärischen Initiativen wurde eine neue Generation islamistischer Krieger und Milizen geradezu herangezüchtet oder aufgepeppt: der IS, diverse Al Kaida-Ableger, die Taliban-Gruppen, mit dem Islamismus verbündete Tuareg,  indirekt auch Boko Haram über die Ölpolitik des nahezu diktatorisch geführten Nigeria (vergessen wir den dort brutal agierenden Ölkonzern nicht, der unsere Autos mobil hält!). Ich sage nicht, dass es einfach gewesen wäre, anders zu reagieren, aber man hätte es besser machen können. Man hat es gar nicht wirklich versucht. Nehmen wir ein aktuelles Beispiel der Unbelehrbarkeit: Der Wüstenstaat Mali, das ist ohne viel Talent erkennbar, wird zum neuen deutschen Auslandseinsatz-Desaster werden. Auf Afghanistan folgt Mali. Deutschland wird weder am Hindukusch noch in Timbuktu wirksam verteidigt. Deutschland wird dort vielmehr angreifbar gemacht, weil konzeptionslos und ohne Gesamtstrategie vorgegangen wird. Ob Frankreich mit der brüderlichen Hilfe gedient sein wird, steht erst einmal dahin. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich selbst hat in Mali auch in den letzten Jahren krasse Fehler begangen.

Grundsätzlich hat die Politik zu lange Zeit und eigentlich schon immer das archaische Grundproblem ignoriert, dass die Gewalttätigkeit des Terrorismus vor allem ein maskulines Jugend-Phänomen ist, immer schon war. Dies war in der Ära der alten Ägypter, Griechen und Römer so. Es war im 30-jährigen Krieg, im 100-jährigen Krieg,  in nachfolgenden Kriegen in Europa und auch in der Zeit des Ersten und Zweiten Weltkriegs so. Und so ist das nun auch heute noch. Marodierende Banden kaputter und verführter junger Männer allenthalben, die immer wieder erkennen, dass es einen spannenden Wirkzusammenhang zwischen Hormonen, Kampf und Anerkennung gibt. Immer wieder dasselbe Phänomen! Warum bekommen wir das nicht in den Griff? Neu ist die extrem starke Massierung desillusionierter und desorientierter junger Menschen, aus deren Reihen sich die Kämpfer in den arabischen Krisenregionen wie aus einem Füllhorn rekrutieren. Kämpfer, die nun auch nach Europa vordringen und sich mit in Europa (Frankreich, Belgien, etc.) generierten jungen Kämpfern und Schläfern verbünden. Die Kämpfer aus der Ferne haben in hoher Zahl  ihre Väter, Brüder und Familien im westlichen Kugel- und Splitterhagel sterben sehen und erleben dies weiter. Die Despoten vor Ort taten und tun ihr Übriges. Wer glaubt, die verletzten Seelen dieser Welt seien vergessen, der irrt. Im Nahen Osten gibt es keine therapeutischen Gesellschaften. Gerade dort nicht.

Die neuen jungen Krieger erledigen die kriegerische Drecksarbeit mit nekrophiler Lust, sie werden inspiriert und angeleitet von in die Jahre gekommenen Predigern, Offizieren, Imamen, ergrauten Eminenzen, Scharfmachern und selbst ernannten Führern. Die Anleitung geschieht in der Form von Heilsversprechungen, irdischen Anreizen und Gehirnwäschen. Das Phänomen, dass sich so viele junge Männer für Selbstmordattentate zur Verfügung stellen, wird dabei noch nicht hinreichend erkannt. Es wird unterschätzt, dass den jungen Syrern und Irakern, sei es auch nur in deren Einbildung, lediglich die Wahl zwischen Skylla und Charybdis blieb und bleibt. Sie hatten und haben im realen Leben weder so noch so die Chance einer würdigen Wahl. Das Irrsinnige, aber bei näherem Hinsehen schon auch Erklärbare ist, dass sie ein besseres Leben spüren, wenn sie sich fanatisieren, kämpfen und morden. Bis eben zum eigenen Kamikaze- oder Harakiri-Tod, der ihnen in vielen Fällen sichtlich kaum Angst macht, ja als Erlösung angesehen wird. Anders als in früheren Jahrzehnten hat der Westen den Zugang zu solchen jungen Leuten verloren, ja völlig verspielt. Der mehr oder minder gemäßigte Islam sowieso auch, der zu lange geschwiegen hat – sei es aus klammheimlicher Freude oder aus Angst. Erst allmählich erwacht er aus dem Schweigen der Lämmer!

Bei der islamistischen Netzwerkarbeit der jungen Krieger spielt die Nutzung der digitalen Medien eine herausragende Rolle. Mag es an Nahrung und anderen alltäglichen Versorgungsmitteln vor Ort in den „Krisenregionen“ immer wieder gefehlt haben und fehlen, Handys, Internet, Soziale Netzwerke und Playstations, vor allem nun Number 4 (ja, wirklich!), und auch das Verschlüsselungsnetzwerk Telegram, standen und stehen fast immer irgendwie zur Verfügung und werden clandestin für gezielte Nachrichtenübertragung im Sinne des IS und anderer Sharia-Milizen genutzt. Mit Hilfe dieser Geräte wird der Kampf der jungen Leute gegen die als dekadent empfundene westliche Zivilisation organisiert. Wird sie bloß als dekadent empfunden oder ist sie es auch?  Die Tötungsshows vor Ort, zumeist Enthauptungen, werden wie Rituale zelebriert (verbunden mit Bilderabkäufen westlicher Medien vom IS, direkt oder indirekt) und ebenfalls in die digitalen Medien eingespeist, um zusätzlich Angst und Schrecken zu verbreiten, Terror eben. Die jungen Terroristen jedenfalls erleben seit ihrer frühen Kindheit bestimmte Auswuchtungen und Exzesse des westlichen Alltagslebens über die digitalen Kanäle hautnah mit, wenden sich, indem dies alles sowieso unerreichbar scheint, brüsk ab, fühlen sich in ihrem Glauben, der nichts mit einem gütigen Gott zu tun hat, bestärkt: luxuriöse Völlerei, Wegwerfgesellschaft, extremer Individualismus, Verschwendung von Ressourcen, Prostitution, Drogenhandel, Waffenhandel, Sportdoping, monetäre Spekulation, Doppelmoral. Alles auffällige westliche Phänomene, wenn auch nicht nur. Die eigenen Armutserlebnisse, das Spartanertum, der Purismus der Islamisten werden in einer Art Umkehr und Abkehr als verabsolutierte, moralische Position gepredigt – in Erwartung von nichts weniger als des Paradieses. Wenn ich mal für Momente den Irren spiele, stelle ich mir das sogar schön vor. Ja, das ist es eben! Gott ist groß! Manchmal!

Die Gewaltmethoden der neuen, vielfach manisch-depressiv wirkenden Kämpfer sind islamfaschistisch. Die ganze Symbolik, das martialische Auftreten gehen in diese Richtung. Einiges erinnert an die mittelalterlichen Assassinen im Persien und Syrien des 11. bis 13. Jahrhunderts, die blutige Mordattentate verübten, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Die Ideologie bzw. die Vorgehensweisen sind nicht von einer konvivialen Ethik gestützt, wie sie etwa die Guerilla von Che Guevara und Fidel Castro in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts  in Kuba, phasenweise in Bolivien und Angola oder in den 70er Jahren die Sandinistas in Nicaragua einforderte (Spielarten des tropischen Sozialismus). Oder die portugiesische Nelkenrevolution, die  von mutigen und fröhlichen  jungen Leuten getragen wurde. Von jenen Guerilla-Gruppen (bzw. linken Offizieren) wurden in der Zeit des Kampfes um die Macht die Zivilbevölkerungen geschont und umworben und es wurden vor allem Polizeistationen, Militärkasernen, Folterstationen, Geheimverließe oder auch Amtssitze der Diktaturen angegriffen. Die Ideologie war konvivial, d.h. sie zielte auf eine Vertreibung von Tyrannenmonstern (Batista, Somoza, Salazar) und die Errichtung sozial lebbarer Gesellschaften, in denen die Angst vor dem Machtapparat reduziert, ja abgeschafft werden sollte. Der IS hingegen verfolgt nekrophile Ziele, will selbst Tyrannei sein und bedient sich in dieser Hinsicht faschistoidischer Tradionsstränge, die religiös überhöht werden. Deren Hauptziel ist nicht auf die Befreiung unterdrückter Bevölkerungsschichten ausgerichtet, sondern reine Blutherrschaftspose. Sie begreift den gewaltsamen Tod als reinigendes Schlacht- und Racheopfer von Fremden, als Festivität. Der Buddhismus ist hierzu ein religiös-pazifistisches Gegenkonzept (Ausnahme: Myanmars Norden), aber fast ausschließlich in Asien und einigen spirituellen Zirkeln in Europa und den USA präsent.

Das Blutkalifat, das der IS ansteuert, ist als „Staatsalternative“ vorerst keine Gefahr für Europa. Der IS wird auf absehbare Zeit nicht in europäischen Ländern zur Macht kommen. Mit Destruktion, Todeslogik und Panikerzeugung kann zurzeit nichts Funktionierendes im allerdings schwierigen Europa aufgebaut werden. Bei aller beobachtbarer „Verweichlichung“ des Westens ist der Hang zu innerer Zivilität und individueller Freiheit, insbesondere auch die Emanzipation der Frauen,  in Europa erst einmal stärker. Und die Waffen Europas sind es auch. Es wird so etwas wie wehrhafte Demokratie in Europa geben. Ob es dann noch Demokratie sein wird oder bald Demokratur? Die USA haben nach Nineleven demokratisches  Terrain schon ein Stück weit verlassen. Es droht andererseits ein teilweise schleichender, teilweise offener Zerfall Europas in zusätzliche „Failed States“, wenn es so weitergeht wie bisher. Wenn der antagonistische Kurs der Destruktion gehalten wird. Dies nicht nur wegen des Islamismus, wie wir wissen. Die romanhaften Befürchtungen von M. Houellebecq, wir könnten eines Tages islamistisch regiert werden, sind auf längere Sicht gesehen bedenkenswert und nicht per se als bloße Phantasie eines leidenden Romanciers  abzutun. Wir pflegen übrigens durchaus positive Beziehungen zu den existierenden Blutkalifaten der Region des Nahen und Mittleren Ostens, die wir so auch in ihrer extrem orthodoxen Scharia-Religiosität mit am Leben halten und stärken. Wir begreifen sie zynisch oder auch mal schaudernd als „unsere Diktaturen“. Und was ist mit der Türkei? Doppelmoral!

Der Blutzoll, den der asymmetrisch agierende Islamfaschismus hervorruft, wird auf absehbare Zeit hoch sein, gerade weil vor allem die Zivilbevölkerungen – ganz gleich ob in Europa, Afrika oder im Nahen Osten – zunehmend ins Visier genommen werden. Und darin ähneln sich, so bitter dies ist, beide Seiten sehr, der militärische Block des Westens und die islamistischen Milizen: Zivile Opfer sind Teil des Kalküls oder werden in Kauf genommen. Wie es in Kriegen eben ist, die keine Gnade kennen. Der intervenierende Westen nennt es immer „Kollateralschäden“ (welche ein Terminus!), wenn Bombardierungen und Drohnen-Angriffe Menschen treffen, die „zur falschen Zeit am falschen Ort“ sind. Ja, die hochgelobte Waffengenauigkeit hochmoderner Militärtechnologien! Die Zahl der gemordeten Zivilisten, die auf das Konto des Westens geht, ist hoch. Die logische Folge ist massenhafte Migration der Überlebenden. Und die islamistischen Selbstmordattentäter haben zivile Opfer bewusst im Visier und auf ihrem Konto: normale Bürger und Bürgerinnen, Andersdenkende, gemäßigte Muslime, „Verräter“ aus den eigenen Reihen und nun vor allem auch junge Menschen en masse. Eigentlich alle, außer sie selbst, die Islamfaschisten. Die IS-Milizionäre als irdische „Götter des Gemetzels“.

Von der Doppelmoral (des Westens) war schon die Rede. Sie besteht darin, dass die sog. zivilisierten Staaten gesellschaftliche Moral und Menschenrechte weltweit anmahnen, sich in der Gestalt der USA und auch einiger europäischer Länder jedoch schon vor Jahren ebenfalls für Zivilisationsbrüche entschieden haben: Massenfolter von Guantanamo bis Abu Ghreib und Bagram, in den zur Verfügung gestellten CIA-Verließen Polens und Rumäniens, ja sogar in der Luft in den Geheimdienstfliegern. Höchst dubiose Staaten als unsere Verbündete, wie Saudi Arabien, Katar, Bahrain, wohin wir  Waffen in großem Umfang liefern. Waffen aus deutschen Waffenschmieden für fundamentalistische Islamisten! Ohne Zweifel goutiert der IS diese eigennützige Unterstützung des Westens  (inkl. Türkei), indem ihm solche Waffen sozusagen vor die Füße fallen. Geliefert aus der Diktatur des Wahabismus, vermittelt über lokale Märkte des Waffenhandels oder erobert im Kampf. „Unsere Diktaturen“ im Nahen Osten haben das Erscheinungsbild, das sich auch der IS mit seinem Kalifat am Ende wünscht: Rigorose Disziplin, exklusive Religiosität, rigide Strafmechanismen, Macht, die auf Angst aufbaut, Zynismus, Sadismus, Peitsche und Blutrausch. Und hier schließt sich der Circulus Vitiosus der Bedrohungslage. Solange wir solche der Humanität enthobene Staaten in der Region als unsere Intensivpartner begreifen und entsprechend handeln, sind wir weder glaubwürdig noch tatsächlich willens bzw. befähigt, die Ursachen des Terrorismus zu bekämpfen, die A. Merkel neuerdings verstärkt zitiert, ohne sie detaillierter zu benennen. Dies ist unser eigentlicher antagonistische Widerspruch in der Krise: Die Dopplemoral unseres Handelns. Und letztlich können wir dann auch nicht sinnvoll und adäquat  mit den sog. neuen Völkerwanderungen umgehen, wir produzieren sie munter weiter mit und halten sie in Gang. Dass wir im Bereich wirksamer und massiver Entwicklungshilfe immer noch beschämend blind (0,34% des Sozialprodukts) sind und vor allem auch den Wirtschaftskonzernen, die in den Krisen- und Gefahrenregionen unseres Globus agieren, stärker auf die Finger sehen müssten (und nicht nur VW bei uns und in den USA), kommt als weiteres fehlstrategisches Phänomen hinzu.

Schlusswort: Es besteht der dringliche Verdacht, dass mit dem vorherrschenden Wirtschaftssystem die nun ausufernde Welt- und Europakrise nicht bekämpft werden kann, sondern immer weiter „Glaspaläste“ neben wabernden Schrottbergen und sich ausbrei-tenden Migrationswüsten errichtet werden. Dies fortgesetzt gedacht wäre dann in nicht allzu weiter Ferne das Ende. Auslöschung. Exterminismus. Es sei denn, es gelänge etwas Futuristisches, ja Kosmisches. Es sei denn, es gelänge, einen anderen Planeten „urbar“ zu machen. Ich kann entgegen mancher offizieller Bekundung nicht erkennen, dass die Krisenlösungsphantasien der Offiziellen des herrschenden Blocks an der Macht in Deutschland, Frankreich, England, USA, Russland und weiteren Ländern sowie deren Wahlvölker, sofern sie wählen dürfen, über militärische Lösungen hinaus reichen. Der militärisch-industrielle Komplex stachelt die Krise weltweit an. Das Privatkapital fischt im Trüben. Die UNO verharrt Ban Ki- moon-mäßig in ewig lächelnder Erstarrung. Die Staatsregierungen treffen sich, meist durchbruchlos, bei ihren gemeinsamen Gipfeln in abgeschotteten Trutzburgen und Tagungstempeln, fernab der Menschen. Die fatalistischen Krieger indessen rücken näher. Anlass all dies für mich zu beten, wenngleich ohne gefaltete Hände, zu hoffen, dass wir einen neuen Planeten finden. Machen wir uns auf … und davon! Die irdische Hoffnung starb zuletzt!

kontakt_10Der Autor dieser Betrachtungen, Fritz Feder, Heidelberger Intellektueller und seit langem Freund des Hauses NEUE RUNDSCHAU ist bislang hier mit höchst bedeutsamen Kommentaren zu Wort gekommen. Nun ist es an Ihnen, – mehr oder weniger – liebe Leser, s e i n e n  Beitrag zu kommentieren. Wir freuen uns darauf.

 

 

Dez. 2015 | Allgemein, Essay, Feuilleton, Junge Rundschau, Zeitgeschehen | 4 Kommentare