Dürfen die das? Die Frage beschäftigt Bischöfe, Kirchenmitarbeiter, Theologen, einfache Gemeindemitglieder. Dürfen die Kirchen ausgerechnet die Unternehmensberatung McKinsey holen, auf dass smarte Jung-Controller Strukturen verbessern, Kosten senken, Personal abbauen? Oder verraten sie damit einmal mehr den Geist ihres Gründers, der zu den Menschen gerade nicht nur nicht über Effizienz geredet hat, sondern Geldwechsler mit der Peitsche aus dem Tempel getrieben haben soll? Werden die Kirchen nun selbst zur Firma, verwechselbar, auswechselbar? Am Ende: Übernahmereif !
Die Frage hat sich mehr oder weniger von selbst beantwortet: McKinsey ist drin in der Kirchenverwaltung. Zum Beispiel bei der katholischen deutschen Bischofskonferenz; kostenlos durchforsteten die Unternehmensberater das Sekretariat in Bonn nach ineffizienten Arbeitsabläufen, Verkrustungen, Parallelstrukturen. Nun gibt es dort nicht mehr eine unüberschaubare Vielzahl an Kommissionen, die alle inhaltlich arbeiten und sich darüber hinaus auch noch selbst verwalten, sondern vier Fachabteilungen und eine Verwaltungseinheit und, statt gewachsener Gemeinden gibt es nun (auch hier in Heidelberg) zusammengeschusterte sogenannte „Seelsorgeeinheiten“ …
Erfahrung reicht nicht mehr
Im Juni waren die Bistümer Mainz und Osnabrück dran. In Mainz sollen die Kirchenmitarbeiter künftig Telefon- und Tarifgebühren sparen, die Bildungshäuser sollen mehr Geld bringen, die Gemeinden sich stärker selbst verwalten. Immobilienverkäufe, ein „moderater Stellenabbau“ ohne Kündigungen und die Konzentration auf religiöse und soziale Kernaufgaben sollen die Bistümer des Bischofskonferenz-Vorsitzenden Kardinal Karl Lehmann und des Jugendbischofs Franz-Josef Bode zukunftsfähig machen. „Selbst kleine und mittlere Unternehmen können nicht mehr nur mit Erfahrung und gesundem Menschenverstand geleitet werden“, sagte Lehmann bei der Vorstellung des Konzepts im Juni – passiert ist im Bistum Mainz seitdem aber nicht mehr viel. Nun widmen sich seit dem gestrigen Mittwoch vier Berater der Sanierung des überschuldeten Erzbistums Berlin und gehen „jede Position in unseren Büchern durch“, wie Bistumssprecher Andreas Herzig formuliert.
McKinsey hat seit Jahren bereits Erfahrung mit der Beratung von Kirchen. Damals empfahl der Münchner McKinsey-Direktor Peter Barrenstein dem evangelischen Dekanat München, sich auf seine „Kernkompetenzen“ Glaubensvermittlung, Mission, Seelsorge und soziale Arbeit zu konzentrieren, interne Abläufe zu verbessern und den Umgang mit den Mitarbeitern zu professionalisieren. Im katholischen Bistum Essen wurde die Sache knifflig: Das Ruhrbistum war schon damals von einer heftigen Finanzkrise gebeutelt. Die als hart verschrienen Sanierer schafften es immerhin, dauerhaft 33 Millionen Euro einzusparen, 370 Stellen wurden gestrichen. Mittlerweile gibt es im Düsseldorfer Büro der weltweit tätigen Beratungsfirma mit dem 36-jährigen Betriebswirt Jochen Messemer einen Spezialisten für Aufträge aus den Kirchen, über deren Kosten – was Wunder – beide Seiten schweigen.
Problemlösung statt Erlösung
Ein Erfolg? McKinsey ist selbst eine Religion, und ihr Dogma ist das Geld, sagen die Kritiker. Die McKinsey-Consultants seien „Problemlöser“, argumentiert der Management-Berater und katholische Theologe Jürgen Werner: „Problemlöser sind Menschen, die es nicht darauf ankommen lassen wollen, dass man auf Erlösung angewiesen ist.“ Was der McKinsey-Mann Barrenstein, selbst Vorstandsmitglied im „Arbeitskreis evangelischer Unternehmer“, so nicht auf sich sitzen lassen will: Man wolle den Kirchen „ermöglichen, ihren Auftrag und ihre Aufgabe besser zu erfüllen“, indem man „Vorgehensweisen erfolgreicher Unternehmen für die Kirche nutzbar macht“.
Beschäftigen wir uns doch mal, wenn auch noch nicht schlussendlich – (ja ja, ich räume ein: es weihnachtet sehr, nicht die rechte Zeit dafür), dennoch mit der Frage: Brauchen wir Kirchen ?