Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
Sachbuch-Bestenliste September: Rang 1
Was geschieht, wenn einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller, der selbst ein Muslim ist, sich in die christliche Bildwelt versenkt? Navid Kermani sieht staunend eine Religion voller Opfer und Klage, Liebe und Wunder, unvernünftig und abgründig, zutiefst menschlich und göttlich: ein Christentum, von dem Christen in dieser Ernsthaftigkeit, Kühnheit und auch Begeisterung nur noch selten sprechen.
Es ist ein Wagnis: Offenen Herzens, mit einer geradezu kindlichen Neugier steht Navid Kermani vor den großen und vor unbekannten Werken der
christlichen Kunst. Und es wird zum Geschenk: Denn seine berückend geschriebenen Meditationen geben dem Christentum den Schrecken und die Schönheit zurück. Kermani hadert mit dem Kreuz, verliebt sich in den Blick der Maria, erlebt die orthodoxe Messe und ermisst die Größe des heiligen Franziskus. Er lehrt uns, in den Bildern alter Meister wie Botticelli, Caravaggio oder Rembrandt auch die Fragen unserer heutigen Existenz zu erkennen – mit klarem Blick für die wesentlichen Details und die untergründigen Bezüge auch zu entfernt scheinenden Welten, zur deutschen Literatur, zum mystischen Islam und selbst zur modernen Heilgymnastik. Seine poetische Schule des Sehens macht süchtig: süchtig nach diesem speziellen Blick auf das Christentum und sehnsüchtig danach, selbst so sehen zu können.
Kermani, Navid
Ungläubiges Staunen
Über das Christentum
4., durchgesehene Auflage 2015. 303 S.: mit 49 farbigen Abbildungen. Gebunden
ISBN 978-3-406-68337-4
Auch als E-Book lieferbar.
24,95 €
„Seit Monaten gehen die Milizen der Terrororganisation „Islamischer Staat“ im Irak mit äußerster Brutalität vor. Andersgläubige werden vertrieben oder ermordet, Frauen vergewaltigt. Doch die „Statik der Gesellschaft“ ist schon früher zerschlagen worden“, sagte Kermani. So habe der „desaströs“ durchgeführte Einmarsch unter Führung der USA 2003 „Chaos und Anarchie“ im Irak befördert, eine Gesellschaft, „wo der Stärkere gewinnt“.
Der zurückgetretene Ministerpräsident Nuri al-Maliki habe die gespaltene Gesellschaft nicht zusammenbringen wollen, im Gegenteil, so Kermani: Al-Maliki habe bewusst die Religionen gegeneinanderauseinandergespielt, habe Chaos gestiftet, um an der Macht zu bleiben. „Er wollte ein neuer Sadamm werden.“ Der Islamwissenschaftler hat sich im Auftrag des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ eine Woche lang im Irak aufgehalten und dabei auch den Distrikt Dohuk im Norden des Landes besucht.
In dieser ärmlichen Region stünden aktuell rund 1,3 Millionen Einwohnern 700.000 Flüchtlinge gegenüber. Er habe die Menschen von Vergewaltigungen und Morden „traumatisiert“ erlebt, so Kermani. Das Elend sei unbeschreiblich, und noch immer komme keine Hilfe an. Während seines Aufenthalts in Bagdad habe er „niemanden Lachen gesehen“.
Wir schon! Aber das war vor dem völkerrechtswidrigen Einmarsch der USA …