Aus allen Teilen Baden-Württembergs versammeln sich zweimal jährlich die besten jungen Nachwuchsmusiker der Klassik um in einer 3-wöchigen Arbeits- und Konzertphase Ihrer Leidenschaft im grossen, sinfonischen Klangkörper ausdruckt zu verleihen. Zusammengesetzt aus ausgewählten Spielern und Preisträgern des Wettbewerbs „Jugend Musiziert“ ist das Orchester bekannt für seine außerordentliche Spielfreude und hohe Qualität. Unter der künstlerischen Leitung von Johannes Klumpp verspricht das diesjährige Herbstprogramm eine vielfältige Bandbreite an Meisterwerken der klassischen Musikliteratur.
Der Tango aus der Suite zur Filmmusik „Agonie“ von Alfred Schnittke verspricht einen dramatisch-temperamentvollen Auftakt. Alfred Schnittke (1934-1998) war Komponist und Pianist deutsch-jüdischer Abstammung. Er wurde als Sohn des jüdische Journalisten Harry Schnittke geboren. Alfred Schnittke begann seine musikalische Ausbildung in Wien und setzte sie am Moskauer Konservatorium fort. Ab 1973 widmete sich Schnittke nur noch der Komposition. Auf der Suche nach seiner kompositorischen Identität schrieb Schnittke anfänglich viel szenische Musik und Filmmusik. Agonie ist ein Spielfilm des sowjetischen Regisseurs Elem Klimow. Er handelt vom Leben des sibirischen Bauern Rasputin, der Anfang des 20. Jahrhunderts zu großem Einfluss im Zarenhaus kam.
Die Wechselwirkung zwischen Leichtigkeit und Sehnsucht wird im Programm durch Die Rokoko-Variationen A-Dur op. 33 für Violoncello und Orchester von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky fortgeführt. Als besonderen Gast begrüßen wir am Violoncello Jakob Spahn – Solo-Cellist am Bayerischen Staatsorchester. Pjotr Iljitsch Tschaikowsky (1840 – 1893) wurde das Leben als Komponist nicht leicht gemacht. Trotz bemerkenswerten Fähigkeiten am Klavier, wurde seine musikalische Begabung in der Jugend kaum gefördert. Dem Wunsch seiner Eltern widersprechend, begann er ein Musikstudium am Petersburger Konservatorium. Nach erfolgreichem Abschluss arbeitete er als Professor für Musiktheorie am Moskauer Konservatorium und nebenbei als Musikkritiker. Die Rokoko-Variationen sind der Versuch in eine heile Welt zu flüchten, die in seinem realen Leben eher schwer zu finden war. Er besann sich dabei auf das 18.Jahrhundert und lehnt seine Komposition an seinen, von ihm hoch geschätzten, Vorgänger Mozart an. Die Leichtigkeit und Unbeschwertheit kommt ebenso zum Ausdruck, wie die Sehnsucht nach eben diesen Lebenswerten.
Den Höhepunkt verspricht Dimitri Schostakowitsch mit der Sinfonie Nr. 10 e-Moll op. 93. Dimitri Schostakowitsch (1906-1975) wurde bereits mit 13 Jahren am Konservatorium Petrograd in Petersburg aufgenommen. Schon 1925 schaffte er den Sprung vom Student zur Berühmtheit, durch seine 1. Symphonie, die gleichzeitig seine Abschlussarbeit war. Nachdem Schostakowitsch unter der Herrschaft Stalins nur mit großer Zurückhaltung und unter strenger Zensur arbeitete, stellt die Sinfonie Nr. 10 seinen Befreiungsschlag dar. Es war Schostakowitschs erste sinfonische Arbeit seit 1945 und seit seiner Demütigung infolge der „antiformalistischen“ Säuberungen von 1948, bei der er seiner Lehrämter in Moskau und Leningrad enthoben wurde. In der Zeit zwischen 1945 und dem Tode Josef Stalins am 5. März 1953 repräsentierte er die Sowjetunion in einer Reihe sogenannter „internationaler Friedenskongresse“. Bis zum März 1953 hatte sich eine erhebliche Anzahl ernsthafter Werke in den Schubladen Schostakowitschs gestapelt, die entweder auf ihre Uraufführung oder ihre Rehabilitierung harrten. Solomon Wolkow schrieb in seinem Buch „Zeugenaussage“, die 10. Sinfonie handle von „Stalin und den Stalin-Jahren“ Diese Theorie wird jedoch bis heute heftig diskutiert.
Am 29. Oktober beginnt die diesjährige Herbstarbeitsphase des Landesjugendorchesters Baden-Württemberg. Die Arbeitsphase startet mit der Probenwoche an der Landesakademie für die musizierende Jugend Baden-Württembergs in Ochsenhausen. Das Orchester, das in diesem Herbst 88 Musiker zwischen 13 und 20 Jahren zählt, trifft sich hier um sich intensiv und konzentriert auf die direkt anschließende Konzerttournee vorzubereiten. Von erfahrenen Dozenten aus renommierten Orchestern wie dem Staatsorchester Stuttgart (dem LJO-Patenorchester), dem RSO Stuttgart, den Stuttgarter Philharmonikern sowie dem Nationaltheater Mannheim werden die MusikerInnen in getrennten Stimmproben vorbereitet und anschließend in mehrtägigen Tutti-Proben zusammengeführt. Die jungen Künstler gehören zur Top-Elite der deutschen Nachwuchsmusiker und überzeugen in ihren Auftritten durch Lebendigkeit, Spielfreude und Enthusiasmus. Der Funke springt förmlich von der Bühne und ist wohltuend und ansteckend. Diese musikalische Meisterleistung erntet stets größte Wertschätzung und wird zu Recht mit der von professionellen Orchestern auf eine Ebene gehoben. Zusammen mit dem künstlerischen Leiter Johannes Klumpp, der bereits im Frühjahr 2014 mit großem Erfolg beim LJO zu Gast war, und dem Solisten Jakob Spahn, Solocellist des Münchner Staatsorchesters, wird das Orchester mit diesem außergewöhnlichen Programm für ein besonderes Konzertvergnügen sorgen.
Die diesjährige Herbst-Tournee führt das Landejugendorchester quer durch das Bundesland. Nach der öffentlichen Generalprobe auf dem Eckenberg in Adelsheim geht es nach Steinheim am Albuch. In Buchen wird das Programm verkürzt und in Form eines Kinder- und Familienkonzertes auf der Bühne präsentiert. Mit Charme und kurzen Erklärungen wird dem Nachwuchspublikum klassische Musikliteratur nahe gebracht und interessant vermittelt. Die Moderation übernimmt Juri Tetzlaff vom KIKA. Weiter geht es in Heilbronn in der Harmonie. Dort findet die diesjährige Aufzeichnung des SWR statt. Das Landesjugendorchester kann auf langjährige Kooperationen mit anerkannten Veranstaltern und Städten in Baden-Württemberg und darüber hinaus zurückblicken. Auch Donaueschingen und Leonberg gehören zu solch wichtigen Partnern. Die Preisverleihung des „JUMP – Jugend Musik Preis Leonberg“ bildet den besonderen Ausklang der Herbstarbeitsphase des LJO, die einen Teil dieses Konzertes mitgestalten wird.
Die Arbeitsphase steht unter der künstlerischen Leitung von Johannes Klumpp.
Solist ist Jakob Spahn.
Das Programm im Überblick:
Alfred Schnittke: Tango aus der Suite zur Filmmusik „Agonie“
(nicht in Leonberg)
Pjotr Iljitsch Tschaikowsky: Rokoko-Variationen A-Dur op. 33 – für Violoncello und Orchester
Solist: Jakob Spahn
Dimitri Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 10 e-Moll op. 93
Künstlerische Leitung: Johannes Klumpp
Die Konzerttermine:
Fr, 06.11.15, 19.00 Uhr Adelsheim, Aula Eckenberg-Gymnasium (öffentliche Generalprobe)
Sa, 07.11.15, 19.00 Uhr Steinheim am Albuch, Albuchhalle
So, 08.11.15, 17.00 Uhr Buchen im Odenwald, Stadthalle (Familienkonzert mit Juri Tetzlaff)
Di, 10.11.15, 19.00 Uhr Heilbronn, Wilhelm-Maybach-Saal (SWR2-Aufzeichnung)
Mi, 11.11.15, 19.00 Uhr Donaueschingen, Mozartsaal
Fr, 13.11.15, 19.00 Uhr Leonberg, Stadthalle (Preisverleihung JUMP – gekürztes Programm)