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Das Hornberger Schießen

hornberger_schiessen-1 [1]Das kleine Städtchen Hornberg im Schwarzwald hat es zu einiger Berühmtheit gebracht. Das Hornberger Schießen war zwar ein Fehlschlag, eine Peinlichkeit, deren Kunde sich weit im Lande verbreitete und über die Hinz und Kunz – also Alle – lachten. Und doch wären viele, viele andere Kleinstädter froh, wäre ihr Heimatort Schauplatz eines solches Ereignisses gewesen, aus dem sich im Ringen um Touristen gut Kapital schlagen lässt. So wohlwollend haben die Hornberger die Sache wohl nicht immer beurteilt. In einem alten Buch mit badischen Sagen heißt es: „Die Hornberger machen sauere Gesichter, wenn man sie damit neckt.“[1]

Um den genauen Verlauf des Hornberger Schießens ranken sich mehrere Sagen. Eine davon besagt, dass dereinst die Bürger des Städtchens beschlossen hätten, ein großes Preisschießen zu veranstalten, wohl um die Bekanntheit des recht unbedeutenden Hornbergs zu heben. Mit viel Einsatz und Vorfreude traf man alle notwendigen Vorbereitungen, pries das bevorstehende große Ereignis in weitem Umkreis vollmundig an. Am Festtag war auch alles bestens vorbereitet – nur an Schießpulver hatte keiner gedacht. Und so kam es gar nicht erst zum Hornberger Schießen, das später solche Berühmtheit erlangte.[2]

Weil so dusselig eigentlich keiner sein kann und Preisschützen doch eigene Waffen und eigenes Pulver zur Hand haben sollten, gibt es eine Geschichte, in der sich die Hornberger zwar auch etwas ungeschickt anstellen, aber dafür das Herz am rechten Fleck haben. Diese Erzählung wird – nicht wirklich verwunderlich – auch von den rund 4.300 Hornbergern bevorzugt.[3]

Als sich anno domini 1564 der Herzog von Württemberg bei den Hornbergern ankündigte, war die Freude groß. Welch hoher Besuch! Welche Ehre! Selbstverständlich konnten und wollten die Hornberger den Landesvater nicht empfangen wie einen Klinkenputzer und sannen auf Mittel und Wege, ihrer Freude und Ehrerbietung gebührend Ausdruck zu verleihen. Salutschüsse aus den alten Kanonen sollten es sein! Alsbald waren die alten Rohre geputzt und in Position gebracht und Pulver bereitgestellt. Am Tag der Tage hielt schon von frühester Stunde an ein Wachposten auf dem Schlossturm Ausschau nach dem Tross der Herzogs. Doch der ließ auf sich warten. Also versüßte man sich die Wartezeit mit dem einen und anderen Becher voll schöngeistiger Getränke. Endlich tauchten am Horizont Kutschen und Reiter auf. Und so wurde geballert, was die Rohre und Pulvervorräte hergaben. Leider stellte sich heraus, dass der Herzog lediglich sein Gefolge vorausgeschickt hatte. Der Landesherr selbst traf etwas später ein – doch da hatte sich alles Schießpulver bereits in Rauch, Lärm und Asche aufgelöst. Die etwas verlegenen Hornberger ersetzten das fehlende Ballern durch um so lauteres Brüllen.

Nach einer ähnlichen Überlieferung galt das Hornberger Schießen nicht dem Gefolge des Herzogs, sondern einem Viehhirten mit seiner Herde, die mächtig Staub aufgewirbelt hatte. Anscheinend war das Sehvermögen des durstigen Wachpostens zu dieser Stunde bereits etwas getrübt.

Andere Quellen machen keinen schon doppelt sehenden Wachposten für die Schlappe verantwortlich, sondern die lange Zeit des Wartens vor den Toren der Stadt, die zum Verkosten des teuren, für den Herzog angeschafften Weines und zum Probeschießen genutzt wurde, bis Wein- und Pulverfass leer, die vornehmen Bürger aber voll waren und sich vorm Herzog bis auf die Knochen blamierten.[4]

Und noch eine Legende sei kurz erzählt. Demnach gerieten 1519 die Hornberger und die Villinger aneinander. Um die tausend bewaffnete Bürger aus Villingen zogen vor Hornberg auf, um die Übergabe der Stadt zu erzwingen. Doch ein Teil der Angegriffenen wollte nicht ohne weiteres klein beigeben und nutzte die Kanonen im Schloss für eine wilde und völlig planlose Rumballerei. Doch wo schossen sie hin? Überall hin, nur nicht auf den Feind. Der brauchte nur in aller Ruhe abwarten, bis den Hornberger Recken Pulver und Kugeln ausgingen und sie entnervt aufgaben.

[1] Schnezler, August: Badisches Sagenbuch, Verlag Creuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Bd. 1, S.485
[2] So und ähnlich bspw. in: Richter, Albert: Deutsche Redensarten, Verlag R. Richter, Leipzig 1893, S. 12
[3] Vgl. die Darstellung der Ereignisse auf der Website der Stadt Hornberg
[4] So u.a.: Brauer, Eduard: Badische Sagenbilder in Lied und Reim, Braun´sche Hofbuchhandlung, Karlsruhe 1858, S. 42 f.