Am 13. Juni fand der der Internationale Tag der Privatsphäre, statt. Dieser Tag ist umso aktueller, als Bundestag und Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Einschränkung unser aller Privatheit abstimmen lassen wollen.
„Die Vorratsdatenspeicherung würde auch zu mehr Überwachung von Journalisten führen. Das wäre eine Einschränkung von Freiheit und Rechtsstaat“. Seine eigenen Argumente von vor wenigen Monaten holen Justizminister Maas jetzt ein. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nämlich ist heute (12. Juni 15) bei der ersten Lesung seines Gesetzentwurfs zur Vorratsdatenspeicherung von der Opposition als Umfaller bezichtigt worden. Maas habe „noch vor kurzem sehr gute Argumente gegen die anlasslose Speicherung von Kommunikationsdaten gefunden“, sagte der Abgeordnete der Linkspartei, Jan Korte, am Freitag im Bundestag. Maas sei jetzt nur wegen einer „Laune“ von Sigmar Gabriel (und, von wessen umfallen noch?) umgeschwenkt.
In der Tat und nachdem Maas, wie wir meinen guter Gründen wegen, das Gesetz bislang abgelehnt hat, verteidigt er nun – rechtzeitig, einen Tag vor dem „Interational Day of Privacy“ – das geplante Gesetz, das er in Abstimmung mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) formuliert hatte, als „effektives und maßvolles Instrument zur Verfolgung von Mördern, Vergewaltigern und Straftätern aus dem Bereich der Kinderpornografie“. Maas wies zudem darauf hin, dass der Gesetzentwurf nicht nur die Speicherung von Daten vorsieht, sondern auch zu einer fristgerechten Löschung dieser Daten verpflichte. Ein Schuft, wer Böses darüber denkt: Vizekanzler Gabriel hatte im März Druck auf den bislang immer erklärten Gegner der Vorratsdatenspeicherung Maas ausgeübt. Damit wollte Gabriel offenbar angesichts der islamistischen Terrorbedrohung in Europa das Profil der SPD im Bereich der inneren Sicherheit schärfen. Auch SPD-Innenminister wie Boris Pistorius aus Niedersachsen haben für die Einführung der Speicherpflicht plädiert. Auf Bundesebene entspricht das Gesetz aber – wer häte das gedacht – in erster Linie einer Forderung der Union.
Nun erleben doch aber derzeit gerade unsere Parlamente selbst, wie es ist, wenn das Private und Schützenswerte auf einmal offenliegt. Die Aufregung der Abgeordneten und Mitarbeiter ist verständlich, erfahren sie doch jetzt, wie sich die Bewohner dieses Landes fühlen müssen, wenn Alles und Jedes von Interesse ist und ausgespäht wird.
Die geplante anlasslose Vorratsdatenspeicherung stellt alle Bürger ausnahmslos unter Generalverdacht. Sie bricht dezidiert mit dem Prinzip der Unschuldsvermutung, die aus gutem Grund eine verfassungsmäßige Grundlage moderner Demokratien ist. (Heribert Prantl zu alledem in der Südd. Zeitung)
Die Bundesregierung muss sich fragen lassen, mit welcher Begründung sie das Recht aller deutschen Bürger unter dem Vorwand einer angeblichen Gefahr durch Terrorismus beschneiden will. Wer Terroristen fangen will, sollte sich auf klassische Ermittlungsarbeit konzentrieren und nicht einfach alle Bürger verdächtigen und durchleuchten. Dies geschieht in der Hoffnung, vielleicht per Zufall doch einen Straftäter zu erwischen. Hier stimmt nichts. Die Maßnahme ist nicht verhältnismäßig, da hier praktisch gegen alle ermittelt wird. Sie ist nicht zielführend, weil man nicht nach den Richtigen sucht. (Quelle)
Setzen wir uns auch künftig dafür ein, Bedrohungen dort zu bekämpfen, wo sie sich tatsächlich zeigen, und aber auch die Polizei personell in die Lage zu versetzen, diesen mit klassischer Ermittlungsarbeit zu begegnen. Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist jedenfalls nicht die Lösung!
12.Jun.2015, 23:21
„Die verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung ist die am tiefsten in die Privatsphäre eingreifende und unpopulärste Überwachungsmaßnahme, die Sicherheitsideologen bis heute hervorgebracht haben. Sie hat sich für viele Bereiche unserer Gesellschaft als höchst schädlich erwiesen, in denen Menschen berechtigterweise auf Nicht-Rückverfolgbarkeit angewiesen sind (z.B. Kontakte zu Psychotherapeuten, Ärzten, Rechtsanwälten, Betriebsräten, Journalisten). Eine verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung schafft Risiken des Datenmissbrauchs und des Verlusts vertraulicher Informationen über unsere höchstpersönlichen Kontakte, Bewegungen und Interessen.
Es hat sich herausgestellt, dass eine Vorratsdatenspeicherung zur Aufdeckung, Verfolgung und Bestrafung schwerer Straftaten überflüssig ist. Die verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung hat sich vor Gerichten wiederholt als grundrechtswidrig erwiesen und gerichtlicher Überprüfung nicht standgehalten. Der von SPD, CDU und CSU geplante organisierte Angriff auf unsere digitalen Freiheitsrechte muss deshalb mit einen Proteststurm beantwortet werden.
Am 20. Juni hat es die SPD-Basis in der Hand, diesen ‚besonders schweren Eingriff mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt‘ (Zítat Bundesverfassungsgericht) zu stoppen. Jeder Mensch sollte sich dafür einsetzen – auf der Straße und im Netz!“
23.Jun.2015, 17:37
Jusos Heidelberg: VDS ist ein „Tritt vors Schienbein der eigenen Basis“
Jungsozialist*innen sind empört über die Positionierung der SPD bei dem Thema Vorratsdatenspeicherung (VDS) und fordern ein Umdenken der Parteiführung.
„Willy Brandt würde sich im Grabe umdrehen“, sind sich die Sprecher der Jusos Heidelberg einig, wenn es um die Einführung der Vorratsdatenspeicherung (VDS) geht. Diese wurde am vergangenen Samstag auf dem Parteikonvent der SPD in Berlin verabschiedet. 124 Delegierte stimmten für und 88 gegen die VDS – eine klare Zustimmung ist das nicht. Der Gesetzesentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD), der diesen auf Druck von Gabriel erstellen musste, ist nun beschlossene Sache. „Diese Entscheidung ist für uns nicht nur ein inhaltlicher Fehlgriff. Diese Entscheidung ist ein Tritt vors Schienbein der eigenen Basis“, resümiert Michael Herth aus dem Sprecher*innenkreis der Jusos. „Dazu bestätigt diese Entscheidung die Naivität der SPD in Bezug auf moderne und digitale Themen. Für jüngere Mitglieder und Sympathisanten ist das ein schlechtes Zeichen“, so Milena Brodt, ebenfalls Sprecherin der Heidelberger Jusos.
Den Worten des baden-württembergischen Innenministers, Reinhold Gall (SPD), widersprechen die Jusos daher deutlich. Dieser hatte am Samstag über Facebook verlauten lassen, er verzichte gerne auf „vermeintliche Freiheitsrechte“, wenn durch die VDS Kinderschänder überführt würden. „Diese Äußerung ist nicht nur populistisch und geht in ihrer Absicht am Problem vorbei, sie zeigt eine unerhört arrogante Sicht auf demokratische Grundwerte“, erklären die Jusos.
Diese fordern nun: Die VDS zu stoppen, einen Mitgliederentscheid über diese Frage herbeizuführen sowie ein generelles „Umdenken und Umlenken des Parteivorsitzenden Gabriel.“
24.Jun.2015, 01:23
Nach dem „Ja“ des SPD-Parteikonvents zur grundlosen Vorratsdatenspeicherung steht dem Gesetz, das uns zu Verdächtigen und den Staat zum allgegenwärtigen Auge macht, nichts mehr im Wege: Die Bundestagsmehrheit aus CDU/CSU und SPD wird die Vorratsdatenspeicherung nach der parlamentarischen Sommerpause beschließen. Damit wird unser freiheitlicher Rechtsstaat endgültig zum Überwachungsstaat.
Wenden wir uns gegen diese neuerliche Beschneidung unseres Rechts auf Privatsphäre; lehnen wir stattdessen ab, Freiheit gegen ein trügerisches Gefühl der Sicherheit durch ein sinnloses Instrument wie die Vorratsdatenspeicherung zu tauschen.