Aktive Sterbehilfe als Tötung auf Verlangen strafbar
Sterbehilfe ist nicht gleich Sterbehilfe. Die aktive Sterbehilfe – also der durch fremdes Handeln herbeigeführte Tod eines sterbewilligen Menschen – ist hierzulande stets verboten. Wer eine solche Tötung auf Verlangen vornimmt, muss laut § 216 Strafgesetzbuch (StGB) mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren rechnen.
Hilfe bei „Selbstmord“ hingegen nicht strafbar
Selbstmord (Freitod!) ist in Deutschland nicht strafbar. Aufgrund der Strafrechtssystematik, nach der die Beihilfe eine strafbare Handlung voraussetzt, ist auch die Hilfe beim Selbstmord hierzulande nicht strafbar. In Österreich ist die Hilfeleistung dagegen strafbar, in der Schweiz, wenn sie aus selbstsüchtigen Beweggründen erfolgt. In Deutschland ist es dagegen in Hinblick auf den damit bezweckten Tod nicht strafbar, einer ernsthaft sterbewilligen und einsichtsfähigen Person beispielsweise ein tödlich wirkendes Mittel zu überreichen, nicht jedoch zu verabreichen. Letzteres würde wiederum eine strafbare, aktive Sterbehilfe darstellen. Nun will der restriktivste Gesetzentwurf künftig aber gerade die Suizidhilfe allgemein und damit auch für Angehörige unter Strafe stellen, ein anderer nur dann, wenn diese geschäftsmäßig erfolgt.
Ärztliches Standesrecht verbietet je nach Region Suizidhilfe
Unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung geht das ärztliche Standesrecht darüber hinaus. Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten, sagt § 16 der Muster-Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte. Verbindlich wird dies jedoch erst mit Übernahme durch die jeweiligen Landesärztekammern. Einzelne Kammern haben das Verbot für ihnen angehörende Ärzte abgeschwächt auf ein „sollen“ keine Suizidhilfe leisten. Zehn der siebzehn Landesärztekammern verbieten sie jedoch ausdrücklich. Mögliche Folgen bei Zuwiderhandlungen sind Verwarnung, Bußgeld oder gar der Verlust der Approbation. Hier wollen zwei der derzeit diskutierten Gesetzentwürfe ansetzen. Eine zivilrechtliche Gestattung der Suizidhilfe in engen Grenzen wie einer vorliegenden Einwilligung würde die berufsrechtlichen Regelungen überwiegen. Entsprechenden Sanktionen wäre dadurch die Grundlage entzogen.
Indirekte Sterbehilfe als straffrei angesehen
Davon abgegrenzt wird die indirekte Sterbehilfe. Von ihr ist die Rede, wenn die aktive Hilfe nicht direkt zum Sterben erfolgt, es dadurch aber zum früheren Tod kommen kann. Typisches Beispiel ist die Gabe schmerzlindernder Mittel, die mit lebensverkürzenden Nebenwirkungen einhergehen. Diese indirekte Sterbehilfe ist nach derzeit herrschender Meinung straffrei. Eine gesetzliche Regelung fehlt jedoch bislang. So basiert sie vor allem auf unterschiedlichen Begründungen. So soll die indirekte Sterbehilfe straffrei sein, weil sie statt des schnelleren Todes vordergründig die Linderung und einen würdevollen Tod bewirken soll. Das Recht des Sterbenden auf einen würdevollen Tod überwiege laut Bundesgerichtshof dabei das Recht auf Leben und rechtfertige die lebensverkürzende Behandlung. Von dem Ziel eines weniger leidvollen Todes ist allerdings auch die aktive Sterbehilfe oft getragen, was zeigt, wie schwer die Abgrenzung ist.
Passive Sterbehilfe vom Patientenwillen abhängig
Davon abzugrenzen ist wiederum die passive Sterbehilfe. Hier wird der Tod nicht aktiv herbeigeführt. Stattdessen tritt er durch Unterlassen lebensverlängernder Maßnahmen wie etwa künstlicher Ernährung schneller ein. Sie betrifft vor allem den häufigen Fall, dass viele nicht bis an ihr Lebensende mit Schläuchen an Maschinen angeschlossen sein wollen und statt so vor sich hin zu vegetieren lieber sterben wollen.
Das brachte und bringt nach wie vor Ärzte in eine problematische Situation, da ihre vorrangige Aufgabe darin besteht, Leben zu erhalten. Gleichzeitig verbessern sich die medizinischen Möglichkeiten immer weiter. Zwar fehlt Ärzten die Berechtigung dazu, wenn ein Patient einer lebensverlängernden Behandlung widerspricht. Niemand muss eine Zwangsbehandlung oder Zwangsernährung über sich ergehen lassen. Doch was ist, wenn Betroffene ihren Willen nicht mehr äußern können?
Patientenverfügungsgesetz sollte Klarheit schaffen
Mit dem Patientenverfügungsgesetz hat der Gesetzgeber versucht, in diesen Fällen Klarheit zu schaffen. Volljährige können gem. § 1901a BGB für den Fall, dass sie nicht mehr in eine Behandlung einwilligen können, schriftlich festlegen, was und was nicht mit ihnen geschehen soll. Ob die Verfügung dann gegebenenfalls auf die Situation zutrifft, prüft dessen Betreuer bzw. von ihm Bevollmächtigter. Der Arzt prüft seinerseits die in Hinblick auf Gesundheitszustand und Prognose indizierten Maßnahmen und erörtert sie sodann in Hinblick auf den Patientenwillen mit dem Betreuer bzw. Bevollmächtigten. Nahe Angehörige und Vertrauenspersonen des Betroffenen sollen dabei mitwirken. Der Betreuer bzw. Bevollmächtigte lassen sich mittels einer Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht vorab bestimmen. Andernfalls bestimmt das zuständige Betreuungsgericht einen Betreuer.
Außerdem ist auch ohne eine solche bzw. ohne zur Situation passende Patientenverfügung der mutmaßliche Wille Betroffener zu beachten. Feststellen muss diesen sein Betreuer bzw. Bevollmächtigter dabei insbesondere anhand früherer mündlicher oder schriftlicher Äußerungen, ethischer oder religiöser Überzeugungen und sonstiger persönlicher Wertvorstellungen. Entscheidend ist auch die bisherige Einstellung zu Leiden und Schmerzen. Unter diesen Umständen ist die passive Sterbehilfe straffrei. Kommt es zum Streit zwischen einem Betreuer und Arzt über den Patientenwillen und damit insbesondere die Frage eines Behandlungsabbruchs muss das Betreuungsgericht entscheiden. Das ist wiederum wichtig für die Frage einer eventuellen Strafbarkeit der Beteiligten.