27. Januar 2015 ab 12.30 Uhr in der Universitätsklinik für Allgemeine Psychiatrie Heidelberg / Journalisten und Öffentlichkeit herzlich eingeladen / Gedenkveranstaltung der Stadt Heidelberg am Abend im Rathaussaal / der 27. Januar ist der 70. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung / Neue Informationstafel ergänzt Mahnmal, das an Kindermorde zu Forschungszwecken erinnert.

Die Universitätsklinik für Allgemeine Psychiatrie Heidelberg lädt am 27. Januar 2015 von 12.30 bis 14 Uhr zu einer Gedenkstunde für die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“ ein. Ein Mahnmal vor dem Haupteingang erinnert an die 21 geistig behinderten Kinder – Patienten der Heidelberger Klinik – die 1944 in der Anstalt Eichberg/Eltville ermordet wurden, um ihre Gehirne in Heidelberg untersuchen zu können. Eine neue Informationstafel, die den geschichtlichen Hintergrund verdeutlicht, wird der Öffentlichkeit vorgestellt und ergänzt das vom Heidelberger Künstler Rolf Schneider 1998 erstellte Mahnmal, ein Gedenkstein vor dem Eingang der Psychiatrischen Klinik.
Der 27. Januar ist der Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz und wurde von den Vereinten Nationen zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts erklärt. Bei der Veranstaltung sprechen Professor Dr. Sabine Herpertz, Ärztliche Direktorin der Klinik für Allgemeine Psychiatrie, und Bürgermeister Dr. Joachim Gerner Grußworte. Professor Dr. Wolfgang Eckart, Leiter des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin, hält eine Gedenkrede. Treffpunkt der Veranstaltung ist am Mahnmal (Universitätsklinik für Allgemeine Psychiatrie, Voßstr. 4, 69115 Heidelberg)
Am Abend lädt die Stadt Heidelberg außerdem zu einer Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus in den Großen Rathaussaal. Ab 18 Uhr empfängt Dr. Joachim Gerner die Gäste; Studenten des Historischen Seminars berichten über Personen, die damals in Heidelberg lebten und vertrieben wurden.

21 Kinder wurden im Namen der Forschung ermordet

 Foto Download Ein Mahnmal vor dem Haupteingang der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg erinnert an die 21 geistig behinderten Kinder die in der NS-Zeit für die medizinische Forschung ermordet wurden. Foto: Universitätsklinikum Heidelberg

Ein Mahnmal vor dem Haupteingang der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg erinnert an die 21 geistig behinderten Kinder die in der NS-Zeit für die medizinische Forschung ermordet wurden.
Foto: Universitätsklinikum Heidelberg

Das Mahnmal trägt die Innschrift „Den Opfern zum Gedenken – uns zur Mahnung. Wir beklagen diese 21 Kinder. Patienten der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg, die 1944 im Namen einer verbrecherischen medizinischen Forschung getötet wurden“, dazu die Namen und das Alter der Kinder. „Wir wollen die Erinnerung an dieses Grauen wachhalten und uns der Verantwortung für unsere Patienten bewusst sein – insbesondere im Hinblick auf die Geschichte unserer Klinik“, betont Professor Dr. Sabine Herpertz. „Oft sind wir von Patienten und Angehörigen nach dem Mahnmal gefragt worden, deshalb haben wir den Stein um eine Informationstafel ergänzt.“

 Zwangssterilisation und „Verhütung erbkranken Nachwuchses“: Klinikchef Professor Carl Schneider
Von 1933 bis 1945 war der in die nationalsozialistischen Krankenmorde verstrickte Professor Carl Schneider Leiter der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg. Carl Schneider trat für die konsequente Umsetzung des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ ein und befürwortete die Zwangssterilisation. Diese Einstellung im Sinne des nationalsozialistischen Regimes war ein Grund für seine Berufung zum Ordinarius. In Heidelberg untersuchte er mit seinem Team 52 geistig behinderte Kinder und ihre Familienangehörigen. Die Kinder wurden in ein Forschungsprogramm einbezogen, mit dem die Ärzte – im Einklang mit kriegsvorbereitenden, bevölkerungspolitischen Überlegungen –  angeborene und früh erworbene geistige Behinderungen besser unterscheiden wollten. Teil des grausamen Forschungskonzeptes war, die Kinder im Rahmen der nationalsozialistischen „Euthanasie“ zu töten und ihre Gehirne im Anschluss zu untersuchen.

Carl Schneider zählte seit 1939 zu den Obergutachtern des nationalsozialistischen „Euthanasieprogramms“, dem mindestens 200.000 Patientinnen und Patienten zum Opfer fielen. Er trat für eine im Sinne des nationalsozialistischen Staates modernisierte psychiatrische Versorgung, Therapie und Forschung ein, die für die heilbaren Kranken alle Therapiemöglichkeiten ausschöpfen sollte, während die „unheilbaren Pflegefälle“ nach Ausnützung ihrer Arbeitskraft der „Euthanasie“ anheimfallen sollten. Kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner floh Carl Schneider und nahm sich 1946 in der Untersuchungshaft das Leben.

Gedenkstunde für die Kinder als Opfer der medizinischen Forschung in der NS-Zeit am Mahnmal der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg, Voßstraße 4, 69115 Heidelberg

Zeit: 12.30-14.00 – Treffpunkt am Mahnmal vor der Klinik, Hörsaal im Erdgeschoss der Klinik

Am Mahnmal:
Grußworte von Frau Prof. Sabine Herpertz, Ärztliche Direktorin der Klinik für Allg. Psychiatrie
Grußworte von Herrn Bürgermeister Dr. Joachim Gerner

Im Hörsaal der Klinik für Allg. Psychiatrie:
Gedenkrede von Prof. Dr. Wolfgang Eckart, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin
Schlussworte von PD Dr. Maike Rotzoll
Musikalisches Rahmenprogramm

Jan 2015 | Heidelberg, Allgemein, InfoTicker aktuell, Junge Rundschau | Kommentieren