Krim-Parlament für Anschluss an Russland
Das Parlament der Krim hat am Donnerstag für einen Anschluss an Russland votiert. Zudem sollen die Bürger der Halbinsel bereits am 16. März in einem Referendum darüber entscheiden, ob sie künftig zu Russland oder zur Ukraine gehören. Kommentatoren bewerten diese Beschlüsse als klugen Schachzug des russischen Präsidenten und fürchten eine Destabilisierung der gesamten Schwarzmeerregion.
Lidové noviny – Tschechien
Putin wäscht sich mit Referendum rein
Putin verdient einen Orden für seinen Erfindungsreichtum, bemerkt ironisch die konservative Tageszeitung Lidové noviny und bewertet das angekündigte Referendum als einen schlauen Schachzug des russischen Präsidenten: „Erst schickt er Soldaten auf die Krim, ohne dass er auf den Widerstand des hereingelegten Westens stößt. Und jetzt strebt er mit Hilfe der dortigen pro-russischen Behörden danach, sich die Abtrennung der Halbinsel von der Ukraine und ihre Einverleibung legitimieren zu lassen. Putin macht keine großen Fisimatenten und nimmt sich, was ihm erlaubt wird. … Natürlich ist es ein Unding, über so grundsätzliche Fragen unter großem Zeitdruck und im Angesicht russischer Waffen zu entscheiden. … Möglich, dass sich die Mehrheit auch unter freien Bedingungen für Russland entschiede. Putin interessiert sich aber gar nicht für den Willen der Bewohner. Die ‚Bitte‘ um Angliederung an Russland würde die westliche Kritik zum Verstummen bringen, dass er sich wie ein Imperator verhalte.“ (07.03.2014)
taz – Deutschland
Annexion der Krim von langer Hand geplant
Der Anschluss der Krim an Russland ist eine lang vorbereitete Aktion, glaubt die linke Tageszeitung taz und sieht in den Beschlüssen des Krim-Parlaments eine wohlkalkulierte Inszenierung: „Die Annexion ist ohnehin längst gelaufen. Die Scheinlegitimität eines Volksentscheids ist allerdings nützlich, um mögliche Bedenkenträger im Innern zu beruhigen. … Das Ergebnis steht ohnehin fest. Selbst wenn es Zweifler gäbe, würden die Bajonette der befreienden Besatzungsmacht nachhelfen. … Die Überraschung sei groß gewesen, heuchelt Moskau, als das Krimparlament gestern für die Zugehörigkeit zu Russland stimmte. Die Inszenierung ist abstoßend, Volksvertreter werden zu Schmierenkomödianten. Das Volk hat Besseres als diese Würdelosigkeit verdient. Die Schlüsselfigur auf der Krim, der neue Ministerpräsident Sergei Axjonow, hatte bei den letzten Wahlen gerade mal 3 Prozent aller Stimmen erhalten. Auch ein eilig der Duma vorgelegtes Gesetz, das den Anschluss fremden Territoriums erlaubt, spricht für eine lang vorbereitete Operation.“ (07.03.2014)
Tages-Anzeiger – Schweiz
Russland bricht ein Tabu
Dass die Entscheidung des Krim-Parlaments über die Zugehörigkeit der Halbinsel zu Russland in Moskau mit Begeisterung aufgenommen wurde, zeigt, dass Russland weiter geht als je zuvor, bemerkt der Tages-Anzeiger: „Bisher hat Moskau das Tabu einer Grenzänderung, das seit der Teilung der Sowjetunion gilt, nie gebrochen. Mit einem Anschluss der Krim stösst Putin nicht nur die Ukraine, sondern alle Ex-Sowjetrepubliken vor den Kopf, von denen er gern behauptet, sie seien Russlands Partner. Mit der gleichen Logik wie auf der Krim könnte Russland in fast jedem dieser Länder intervenieren… Doch in Putins Augen geht die Kosten-Nutzen-Rechnung trotzdem auf. Er gewinnt die Krim und damit faktisch ein Vetorecht über die Ukraine. Er hat gegenüber dem Westen eine rote Linie gezogen, auch wenn diese weiter östlich liegt, als Moskau das gern hätte. Und er hat den Streit um die Schwarzmeerflotte beendet: … Mit der Annektierung erspart sich Putin nun den erniedrigenden Abzug.“ (07.03.2014)
Standart – Bulgarien
Am Schwarzen Meer droht ein Sicherheitsvakuum
Eine Abspaltung der Krim von der Ukraine würde die gesamte Schwarzmeerregion destabilisieren, warnt die Tageszeitung Standart: „Mit Abchasien und der Krim könnte es in der Schwarzmeerregion bald zwei autonome Gebiete geben, denen eine zentrale staatliche Kontrolle und damit eine staatliche Garantie für ihre Sicherheit fehlt. Die Zusammenarbeit aller Schwarzmeer-Anrainer im Bereich der Sicherheit ist entscheidend im Kampf gegen Terrorismus, Waffen-, Drogen- und Warenschmuggel sowie zur Vermeidung von Umwelt- und anderen Katastrophen. Von der Krise in der Ukraine hängt nun in entscheidendem Maße ab, ob diese Zusammenarbeit weitergeführt werden kann. Falls nicht, wären alle Bemühungen der vergangenen Jahre vergebens. Alle Abkommen würden auf einen Schlag ungültig und es würde ein großes Sicherheitsvakuum in dieser für Bulgarien äußerst wichtigen Region entstehen.“ (07.03.2014)