Christian Wulff wurde freigesprochen. Für Thorsten Denkler (SZ) mag der Ex-Präsident „zwar rehabilitiert sein. Sein Rücktritt aber bleibt richtig“. Eine Prognose, was jetzt in den Medien passiert, wagt Stephan Hebel für die FR: „Gerade solche Medien, die ihn einst mit größter Leidenschaft verfolgten, werden ihn nun mit gleicher Leidenschaft zum Opfer erklären“.

Bei Spiegel Online nennt Roland Nelles drei Lehren aus dem Fall Wulff. Unter Punkt zwei heißt es: „In der Wulff-Affäre haben die Medien ihren Job gemacht und Dinge aufgeklärt, die sonst sicher nicht herausgekommen wären. Doch es gab auch Übertreibungen und Hysterie. Ein geschenktes Bobby-Car ist keine Schlagzeile wert. Und Wut und Neid, die sich (online wie offline) über Wulff wegen seines Ehrensolds von rund 200.000 Euro entluden, gingen viel zu weit.“

Bei Süddeutsche.de beschäftigt sich Thorsten Denkler mit den Gründen für den Rücktritt des Bundespräsidenten: „Wulff war dem Amt nicht gewachsen. Er hat nicht verstanden, was er sein sollte: eine moralische Instanz. Der Bundespräsident hat wenig Macht. Sein ganzes Gewicht liegt darin, ein gutes Vorbild zu sein. In Wort und Tat. Mit Worten konnte Wulff umgehen. Seine Taten haben seine Worte manches Mal konterkariert.“

Für die Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau beschäftigt sich Stephan Hebel mit der „Kunst des Rücktritts“. Dort schreibt er über Wulff: „Gerade solche Medien, die ihn einst mit größter Leidenschaft verfolgten, werden ihn nun mit gleicher Leidenschaft zum Opfer erklären“. Weiter heißt es: „Richtig ist: Ein Freispruch wird den Bürger Christian Wulff rehabilitieren als juristisch unschuldigen Mann. Aber politische Verantwortung ist etwas ganz anderes. Wenn ein Politiker wegen eines Strafverfahrens zurücktritt, dann ist das keine Kunst, sondern die zumeist verspätete Konsequenz aus einer für ihn und sein Amt untragbaren Situation.“

Nach Meinung von Zeit Online-Redakteur Ludwig Greven bleibt vom ehemaligen Bundespräsidenten „vor allem“ seine „unwürdige Art, mit den Anschuldigungen umzugehen – sein langes Leugnen, seine Teilwahrheiten und seine Uneinsichtigkeit. All das hat ihn als Bundespräsidenten hinreichend disqualifiziert.“

Die taz sprach mit Michael Götschenberg. Der Leiter des MDR-Hauptbüros schrieb das Buch „Der böse Wulff“. Auf die Frage, ob die Medien versagt hätten, antwortete er: „Ja, in gewisser Hinsicht schon. Im Endeffekt hat sich fast alles von dem, was in den Wochen der Affäre Wulff auf den Tisch gepackt wurde, als belanglos, haltlos oder sogar unwahr herausgestellt. Insofern sagt dieser Prozess und sein Ausgang auch etwas über die Berichterstattung aus.“

In der Berliner Morgenpost schreibt Hajo Schumacher: “Die Medienwelt darf prüfen, wo die Grenzen zwischen guter, harter Berichterstattung und Schaden für Ruf, Würde, Zukunft und Konto eines Menschen entstehen, vor allem aber, inwieweit sich Enthüller zu willfährigen Instrumenten von Intriganten machen.”

Was damals in der Neue Rundschau stand – und nach der Wahl C. Wulffs zum Bundespräsidenten

Feb 2014 | Allgemein, Politik, Zeitgeschehen | Kommentieren