Bei „Medizin am Abend“ am 11. Dezember mit Professor Dr. Manfred Cierpka ging es – rechtzeitig zum Weihnachtsfest (welches ja bekanntermaßen sehr häufig diverser Verdrängungen wegen in einen Eklat mündet) – um die Familie, ihre Krisen und wie man sie bewältigen kann
Der letzte Vortrag der Veranstaltungsreihe „Medizin am Abend“ vor Weihnachten und in diesem Jahr war der Familie gewidmet. Der renommierte Heidelberger Familienforscher und Psychotherapeut Professor Dr. Manfred Cierpka
befasste sich mit der Lebensform, die unsere Gesellschaft nach wie vor zusammenhält: Denn allen Widrigkeiten und Zweifeln an der Familie zum Trotz leben heute 85 Prozent der Kinder und Jugendlichen bis zu ihrem 18. Lebensjahr mit ihren leiblichen Eltern zusammen, vielfach sind die „Kinder“ auch (oft erheblich) älter.
Unter dem Titel: „Trotz allem Familie! Wege aus der Krise“ zog der Ärztliche Direktor des Instituts für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie am Universitätsklinikum Heidelberg eine Bilanz zur Situation der Familie in unserer Gesellschaft – im Spannungsfeld zwischen der Selbstverwirklichung Erwachsener, der Vielfalt der Lebensformen und der ungebrochenen Sehnsucht aller Menschen nach Geborgenheit. Und er stellt Möglichkeiten der Beratung, der Begleitung und Behandlung vor, die den Familien bei der Prävention und der Bewältigung von Problemen und Krisen helfen.
Familien seien „nach wie vor die Keimzellen unserer Gesellschaft, aber sie haben es immer schwerer“. Vieles deute darauf hin, dass die Spannungen zwischen den individuellen und den familiären Interessen zugenommen haben und die Familien häufig überfordert seien, meint Professor Cierpka.
Familiendiagnostik als erster Schritt aus der Krise
Von einer generellen Krise scheinen auch die stagnierenden Geburtenzahlen trotz finanzieller Anreize zu künden. Was steckt dahinter? „Die Grundbedingungen für Familie“, so Professor Cierpka, „haben sich verändert“ Die höhere Mobilität im Berufsleben fordere ihren Tribut; eine strukturelle Rücksichtslosigkeit der modernen Arbeitswelt – vor allem Defizite bei Kinderbetreuung und flexibler Arbeitszeit – erschwere das Familienleben. Erst allmählich findet ein Umdenken statt: Politik und Arbeitgeber sind aufgewacht, die Bedürfnisse von Eltern und Kindern werden wahrgenommen und zum Teil berücksichtigt. Doch Elternsein macht Stress: „Viele haben es schwer, weil sie den wachsenden Ansprüchen an ihre pädagogischen Leistungen gerecht werden wollen“. Wenn zusätzlich die Rollenverteilung zwischen den Partnern nicht klappte, nehme der Stress weiter zu.
Wie kann überlasteten Paaren und Familien geholfen werden? „Zur Familiendiagnostik, dem ersten Schritt vor einer Therapie, gehört eine psychologische Beschreibung der einzelnen Familienmitglieder. Untersucht werden dann ihre Interaktionen und die Dynamik im System Familie“, erklärt Professor Cierpka. Dabei geht es um die Familiengeschichte und um individuelle Lebensentwürfe, um unbewusste Phantasien, Wünsche und Ängste. In Beratungs- und Psychotherapiesitzungen werden sie besprochen und gemeinsam Problemlösungen erarbeitet. Aus langjähriger Erfahrung weiß Professor Cierpka: Der Einsatz für die Familie lohnt sich, denn alle brauchen und viele wollen sie.
Weitere Information im Internet
Medizin am Abend
www.medizin-am-abend.de
Institut für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Psychosomatische-Kooperationsforschung-und-Familientherapie.6247.0.html
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit ca. 1.900 Betten werden jährlich rund 110.000 Patienten voll- bzw. teilstationär und 400.000 Patienten ambulant behandelt. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.500 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.