Wegen eines Berichts über die Tätigkeit für einen privaten Nachrichtendienst erwägt der Bundestagsabgeordnete Michael Fuchs rechtliche Schritte gegen abgeordnetenwatch.de. Durch neue Äußerungen des Unions-Fraktionsvize erscheint dessen Beraterjob derweil in einem immer dubioseren Licht.

 

fuchsDer Koblenzer Abgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs will möglicherweise rechtlich gegen die Internetplattform Abgeordnetenwatch.de vorgehen. Das berichtete vor einigen Tagen die Rhein-Zeitung. Anlass ist offenbar ein abgeordnetenwatch.de-Bericht vom 24. Juli über die jüngste Nebentätigkeit des Unions-Fraktionsvize („Michael Fuchs berät privaten Nachrichtendienst„). Seit kurzem wird Fuchs auf der Bundestagshomepage als Beiratsmitglied von „Hakluyt & Company“ (H&C) geführt, eine von ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern gegründete Firma, die Informationsbeschaffung für Großunternehmen und Private Equity Gesellschaften („Heuschrecken“) betreibt.

Alles kein Problem, wie Fuchs meint? Ganz im Gegenteil. Denn wenn ein einflussreicher Koalitionspolitiker mit Zugang zu vertraulichen Informationen aus dem Regierungslager ausgerechnet im Dienst eines privaten Nachrichtenbeschaffers steht, birgt dies aus Sicht von abgeordnetenwatch.de einen eklatanten Interessenskonflikt. Das Unternehmen mit Büros in London, New York und Singapur trägt im Auftrag von mächtigen Playern aus der internationalen Finanzszene überall auf der Welt Informationen zusammen. Ist es da vorstellbar, dass Hakluyt & Company ausgerechnet vom Insiderwissen und den Kontakten eines einflussreichen Politikers aus der größten Volkswirtschaft Europas nicht profitieren will?

Auf mehrere Fragen von abgeordnetenwatch.de zu seiner fragwürdigen Nebentätigkeit hat Michael Fuchs bislang keine Stellung genommen. Dafür äußerte er sich in der Rhein-Zeitung zur abgeordnetenwatch.de-Berichterstattung:

„Was sie tun, ist rufschädigend. Mir werden Sachen unterstellt, die nicht stimmen.“

Was in unserem Bericht nicht stimmt, teilte der CDU-Bundestagsabgeordnete allerdings nicht mit. Derweil erscheint die Nebentätigkeit für Hakluyt & Company durch weitere Äußerungen des Koblenzer Bundestagsabgeordneten in einem immer dubioseren Licht. Denn offenbar ist der stellvertretende Fraktionsvorsitzende von CDU/CSU – anders als auf der Bundestagshomepage angegeben – gar nicht Mitglied im Beirat von Hakluyt & Company. Fuchs erklärte gegenüber seiner Heimatzeitung:

„Bei der Tätigkeit handelt es sich um keine Beiratstätigkeit nach deutschem Recht. Es gibt zum Beispiel keinen Vertrag.“

Ein Beirat – Englisch: advisory board – ist ein Gremium mit beratender Funktion. Allem Anschein nach ist Fuchs für Hakluyt & Company aber in informellen Zirkeln tätig, so zumindest lesen sich seine Äußerungen in der Rhein-Zeitung. Mit der Angabe „Mitglied des Beirates“ auf seiner Bundestagsseite habe er lediglich klarstellen wollen, „dass ich neben den Reden auch an anschließenden gemeinsamen Diskussionen mit Kunden von Hakluyt & Company und Politikern anderer Länder teilnehme.“ Und weiter:

„Ich diskutiere dort mit Kunden von Hakluyt & Company über Themen aus Politik und Wirtschaft, beispielsweise über den Euro und Europa, über internationale Handelsfragen und die WTO (Welthandelsorganisation). Ich nehme aus diesen Gesprächen sehr viel mit an Wissen für meine Arbeit im Bundestag. Ich bin froh, dass ich dort interessante Informationen bekomme.“

Ist es nur Fuchs, der interessante Informationen aus diesen Zusammenkünften mitnimmt? Oder steht der gut vernetzte Koalitionspolitiker den zahlungskräftigen Kunden von Hakluyt & Company beratend zur Seite, wie zumindest die Angabe „Beirat“ vermuten lässt? Eine entsprechende abgeordnetenwatch.de-Anfrage vom 17. Juli ließ Fuchs bislang unbeantwortet.

Es ist nicht dass erste Mal, dass der Koblenzer Abgeordnete wegen Angaben zu seinen Nebentätigkeiten in Erklärungsnot gerät. 2009 wurde bekannt, dass Fuchs seinen Beiratsposten für die Politberatungsfirma PKS verheimlicht hatte. Im Februar 2012 enthüllte abgeordnetenwatch.de, dass der CDU-Politiker jahrelang seinen Vorstandsposten bei der Deutschen Außenhandelskammer in Hongkong nicht gemeldet und damit erneut gegen die Transparenzregeln des Bundestags verstoßen hatte. Auch seine Beiratstätigkeiten im Lobbyverein „Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen e. V.“ sowie im Interessenverband der deutschen Familienunternehmen „ASU“ unterschlug Fuchs gegenüber der Bundestagsverwaltung und meldete diese erst nach, als ein Bürger via abgeordnetenwatch.de in zwei Mails kritisch nachfragte.

Durch abgeordnetenwatch.de-Recherchen wurde im Januar 2013 bekannt, dass Fuchs seit mehreren Jahren unentdeckt für Hakluyt & Company tätig gewesen war. Auf der Bundestagshomepage war seit 2008 der Eindruck erweckt worden, als hätte Fuchs bei einer harmlosen Geographen-Vereinigung namens „Hakluyt Society“ 13 Honorarvorträge für mindestens 57.000 Euro gehalten. Doch der Eintrag war nachweislich falsch, das Geld kassierte Fuchs von „Hakluyt & Company“. Unklar sind die Umstände, wie es zu der falschen Angabe auf der Bundestagshomepage kam. Der CDU-Politiker bestreitet, dafür verantwortlich zu sein. Gegen die damalige Berichterstattung von abgeordnetenwatch.de ging er juristisch vor.

Nachtrag:

Das Portal Telepolis hat den Fall Michael Fuchs/Hakluyt & Company in einem Artikel mit der Überschrift „Klag an einem anderen Tag: Geheimagent Michael Fuchs, MdB, kämpft um seinen guten Ruf“ sehr anschaulich beschrieben.

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Aug. 2013 | Allgemein | Kommentieren