George Benson ist mit 70 noch umwerfend, Keith Jarrett geht mit Gary Peacock und Jack DeJohnette ins dritte Jahrzehnt und bei Anthony Strong ist Britannia ausnahmsweise mal tatsächlich cool.
In dem dickleibigem Katalog zur Münchner Ausstellung über das Plattenlabel ECM gibt es ein ziemlich aufschlussreiches Bild. Man sieht darauf Keith Jarrett gemeinsam mit seinem Produzenten Manfred Eicher im Kampf an der Tischtennisplatte. Der Pianist präsentiert sich mit freiem Oberkörper und erwartet mit stählern ehrgeizigem Blick den Pingpong-Return seines Gegners. Ungefähr so muss man sich wohl auch Jarretts Herangehensweise an die Standards des Jazz vorstellen, die er seit inzwischen genau 30 Jahren mit Gary Peacock am Bass und Jack DeJohnette am Schlagzeug unermüdlich bearbeitet. Nackt, hochkonzentriert und mit heiligem Ernst spielt sich das Trio die Bälle zu, die, wenn sie von Jarrett wie zu Beginn des aktuellen Live-Albums aufgeschlagen werden, einen schier unberechenbaren Drall entwickeln.
Wie ein Außerirdischer verteilt der Pianist da zunächst Sternenstaub auf den Tasten, bis der Miles-Davis-Klassiker „Solar“ zu erkennen ist. In der Folge erweist sich die Aufnahme aus Luzern als höchst erdig-irdisches Vergnügen: Jarrett spielt zur eigenen Belustigung Stride-Piano („Between the Devil and the Deep Blue Sea“), zitiert den Bebop-Weltmeister Bud Powell („Tonight“) und lässt die rührselige Bernstein-Ballade „Somewhere“ in modaler Ekstase wie ein Soul-Pop-Ritual enden. Es ist alles nur ein Spiel. Aber was für eins!

Jun 2013 | Allgemein | Kommentieren