Nach zweijähriger Vorbereitungszeit zeigt das Kurpfälzische Museum exklusiv Spitzenwerke der japanischen Kunst in Kombination mit europäischen Werken so renommierter Künstler wie van Gogh, Kandinsky, Münter, Marc und vor allem Hölzel. Mehr als 130 Exponate dokumentieren eindrucksvoll den kulturellen Einfluss Japans seit der Öffnung des Landes ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die lichtempfindlichen Holzschnitte aus dem MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst, Wien, werden nach wenigen Wochen ausgetauscht. So werden auf der ‚japanischen Seite‘ 2 Präsentationen im Wechsel zu sehen sein.
Ein ausführliches Rahmenprogramm, u.a. in Kooperation mit dem Zentrum für Ostasienwissenschaften / Institut für Japanologie, eine Fülle von Themenführungen und ein breites museumspädagogisches Angebot ergänzen die Sonderausstellung.

Seit etwa 1640 hatte Japan unter der Tokugawa-Dynastie seine Handels- und Wirtschaftskontakte mit dem Ausland extrem eingeschränkt. Erst 1853 erzwang der Kommandeur der amerikanischen Flotte, Matthew Calbraith Perry, mit militärischem Druck den Aufenthalt seines Schiffes in der Tokyo-Bucht; der Abschluss eines Handelsvertrages und die Einsetzung eines amerikanischen Konsuls folgten.

Hans Makart, Die Japanerin 1875

Innerhalb weniger Jahre war die jahrhundertelange Isolation Japans nahezu völlig aufgehoben. Schon kurz nach der Öffnung des Landes begeisterte man sich in den westeuropäischen Hauptstädten für japanische Kunst, Kultur und Lebensart – in der Tradition des Interesses an der Chinamode, die im 18. Jh. vor allem aristokratische Kreise inspiriert und fasziniert hatte.
Paris und London wurden die Zentren für Ostasiatica. Bereits ab 1860 boten französische Händler Farbholzschnitte, Keramik, Lackwaren und Bronzen an, in London kamen die japanischen Bestände der Weltausstellung von 1862 auf den Markt. Japan war dort bereits mit über 600 Exponaten aus allen kunstgewerblichen Bereichen vertreten gewesen. Die auf der Weltausstellung in Paris 1867 gezeigten japanischen Kunstwerke begeisterten die französischen Impressionisten. Um 1870 machten sich die ersten Ostasiatica-Sammler auf den Weg nach Japan.

Ando Hiroshige, Regenschauer über der Großen Brücke bei Ataka um 1857

In der Beschäftigung mit dieser exotischen Kultur, von der jahrhundertelang kaum etwas nach außen gedrungen war, fanden die Mitglieder der künstlerischen Avantgarde ein breites Spektrum von Anregungen für die Gestaltung einer neuen Bild- und Formsprache. Schon die Begegnung mit den ersten farbigen Reproduktionen von ukiyo-e-Holzschnitten – Darstellungen der „fließenden Welt“ (ukiyo-e) – , die Matthew Perry seinem offiziellen Bericht über die Expedition nach Japan und China mitgegeben hatte, kann als Schlüsselerlebnis gelten und gab vor allem der Bildwelt des Impressionismus starke Impulse.
Das Erfassen des Wesens einer Landschaft, das Wagnis naturfremder Farben, die Betonung von Linie, Farbe und Fläche und das daraus resultierende Bild ohne Perspektive und Plastizität bis hin zur Deformierung und karikaturhaften Verzeichnung waren Stilmerkmale der japanischen Kunst und eröffneten den europäischen Künstlern und Kunsthandwerkern völlig neue Perspektiven.

Egon Schiele, Margeriten, Windling und Mohnblume Bleistift, Aquarell 1918

 

In der aktuellen Sonderausstellung des KMH verdeutlichen dies u.a. Werke von Theo Schmuz-Baudiss, Hans Makart, Félix Vallotton, Édouard Vuillard, Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Gustav Klimt, Ernst Ludwig Kirchner, August Macke, Franz Marc und Egon Schiele.
Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf Adolf Hölzel. Von ihm werden bisher nie in der Öffentlichkeit gezeigte Werke vorgestellt. Seine Farb- und Formexperimente, abstrakten Ornamente, Tuschezeichnungen, und seine Lehre der künstlerischen Mittel stellen einen der kreativsten Rezeptionsprozesse der ostasiatischen Kunst dar.

Durch die Zusammenarbeit mit dem MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst, Wien, werden Höhepunkte der japanischen Kunst vom 16. bis 19. Jahrhundert zu sehen sein. Das Spektrum reicht von Paravents, Rollbildern und Tuschemalerei bis zu Holzschnitten von Hokusai, Hiroshige, Utamaro, Harunobu, Kunisada und anderen. Moderne Keramikobjekte zeitgenössischer japanischer Künstler ergänzen diesen Bereich der Präsentation.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit 100 Farbabbildungen im Verlag Das Wunderhorn zum Preis von € 24,80. Noch bis zum 10. Februar 2013

Nov. 2012 | Allgemein | Kommentieren