Es dauerte einiges an Überzeugungsarbeit, bis Heidelberg um ein Museum reicher zu werden in der Lage war, um welches die Stadt längst von vielen Kunstzentren in aller Welt beneidet wird.
Während des Heidelberger Kunsthistorikers und Psychiaters Buch „„Bildnerei der Geisteskranken“ um 1920 internationale Aufmerksamkeit erlangte – und nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten auch bald die der Nazis – wird das Museum von den meisten Heidelbergern aber eher (was Wunder)  so gut wie gar nicht beachtet. Heute hat die Sammlung Prinzhorn im Bergheimer Altklinikum direkt neben der psychiatrischen Klinik nach vielen auf dem Speicher in Kisten und Kasten zugebrachten Jahren eine Heimat gefunden.

Das Museum mit mittlerweile rund 12.000 Exponaten – Aquarellen, Zeichnungen, Collagen, Ölgemälden, Textilen Werken und Holzskulpturen, darunter bildnerisch gestaltete Partituren von Adolf Wölfli, ist weltweit einzigartig. Dem neuen Intendanten  Holger Schultze seis gedankt, dass Hans Kresnik nach zwanzig Jahren Abstinenz wenigstens mal wieder einen Abstecher ins Heidelberg Theater macht – von 1979  wirkte und berserkte  der Choreograph für zehn Jahre hier und ließ durchaus weltweit die Theaterwelt auch außerhalb der Provinz vom Theater, und, natürlich auch von sich, reden machen

Christoph Klimke, der den Text zur der Auftragsarbeit „Sammlung Prinzhorn“, die gerade am Theater der Stadt Heidelberg in der Regie von Hans Kresnik ihre Uraufführung erlebte – (der Rundschau „Premierenkritik“ lesen Sie im nächsten Beitrag („Ikonographie der Apokalypse“) – schreibt neben Theaterstücken und Libretti auch Gedichte, Erzählungen und Essays. Mit Pasolinis Teorema – Gastmahl der Liebe 1996 an der Berliner Volksbühne, beginnt Klimkes Zusammenarbeit mit Johann Kresnik – unter anderem auch mit Felix Nussbaum 2010 am Theater Osnabrück.

Einführung in Christoph Klimkes Stück „Sammlung Prinzhorn“:

Ein Krankenhaus in München, 14. Juni 1933. Hans Prinzhorn liegt im Sterben. In einem Fiebertraum ziehen Stationen seines Lebens vorüber. Seine Eltern. Seine Frauen. Seine Kollegen. Seine Patienten. Christoph Klimkes Schauspiel interpretiert Prinzhorns ereignisreiches Leben von seinem Ende her – poetisch verdichtet und dokumentarisch konzentriert. Der Arzt und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn war 1919 an die Psychiatrische Klinik der Universität Heidelberg gekommen, wo er über 5000 künstlerische Arbeiten von etwa 435 Patienten psychiatrischer Anstalten in ganz Europa sammelte. Dieser Fundus sollte zu einem Museum ausgebaut werden und die Bedeutung der Kunst psychisch kranker Menschen dokumentieren. Stattdessen wurde sie 1938 in der NS-Ausstellung »Entartete Kunst« gegen die Kunst der Moderne instrumentalisiert und geriet nach dem Zweiten Weltkrieg in Vergessenheit. Erst von 1980 an wurde die Sammlung restauriert, katalogisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – unter Mitarbeit von Johann Kresnik. Von 1979 bis 1989 war Kresnik Ballettdirektor in Heidelberg. Hier entwickelte er seinen Stil eines modernen choreografischen Theaters an der Schnittstelle von Tanztheater und Schauspiel. Nachdem Kresnik in Osnabrück bereits die Bekanntschaft mit jetzt in Heidelberg neuem Intendanten gemacht hatte, kehrte  Johann Kresnik für kurze Zeit an seine frühere Wirkungsstätte zurück.

Feb 2012 | Allgemein, Feuilleton | Kommentieren