Ein Drittel der Linksfraktion im Bundestag wird vom Verfassungsschutz beobachtet, darunter auch Gesine Lötzsch. Während sich die Parteichefin wehrt, verteidigt Innenminister Friedrich die Überwachung, denn – sagt er – „die Linke ist in Teilen verfassungsfeindlich“.
Die vom Verfassungsschutz beobachtete Linke-Chefin Gesine Lötzsch sieht sich nicht als verfassungsfeindlich an. Sie habe die Aufgabe, die Verfassung zu verteidigen und die nehme sie auch sehr ernst. Das sagte Lötzsch im ZDF-Morgenmagazin. Zuvor war bekanntgeworden, dass der Verfassungsschutz 27 der 76 Bundestagsabgeordneten der Linken beobachtet.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hält die aktuelle Debatte über die Beobachtung von Linke-Abgeordneten durch den Verfassungsschutz für unnötig. «Das wird jetzt alles hochgezogen, weil man offensichtlich einen günstigen Moment glaubt, wo man sich als die Partei der Linken einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz entziehen kann. Aber das wird ihnen nicht gelingen», sagte Friedrich im Deutschlandfunk.
Innerhalb der Linken gebe es Teile, die sich nicht von linksextremistischer Gewalt abgrenzten, einen marxistischen Staat errichten wollten oder sich nicht vom Unrechtsstaat der DDR distanzierten. «Es gibt Strukturen bei den Linken, die ganz klar darauf hinweisen, dass sie diesen Staat nicht wollen», so Friedrich. Das seien nicht einzelne Sympathiebekundungen, sondern «ein strukturelles Problem der Linken.»
Die Linke werde bereits seit mehr als 16 Jahren beobachtet. «Insofern ist die Aufregung, die jetzt da künstlich erzeugt wird, nicht verständlich», sagte Friedrich. Die Beobachtung der Partei sei notwendig, weil sie «in Teilen die Beseitigung unserer Ordnung anstrebt». Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kritisierte die Beobachtung der Parlamentarier hingegen als «unerträglich» – das meint dazu nota bene die Piraten Partei auch …
Friedrich: Teile der Linken wollen marxistischen Staat errichten
In Niedersachsen wird die Partei nicht nur beobachtet, sondern auch überwacht. Es werden also nicht nur Reden und Schriften ausgewertet, sondern auch geheimdienstliche Mittel eingesetzt. Niedersachsens Verfassungsschutz-Präsident Hans-Werner Wargel räumte den Einsatz von geheimdienstlichen Mitteln bei der Beobachtung ein. «Wir haben immer öffentlich gesagt, dass wir nicht nur mit offenen Mitteln beobachten», sagte Wargel dem Sender Radio Bremen.
Friedrich erklärte, auf Bundesebene gebe es nur eine Beobachtung. «Mir ist nicht bekannt, dass vonseiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegen diese Anweisung verstoßen wird, sonst müsste ich da natürlich sofort einschreiten.» Was in den Ländern geschehe, müsse auch dort geklärt und verantwortet werden.
Linke vermutet V-Leute in den eigenen Reihen
Der Vorsitzende der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, bezweifelt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz zur Beobachtung der Linkspartei keine V-Leute oder verdeckte Ermittler einsetzt. Ramelow sagte der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung, ihm habe sich 2006 ein ihm seit längerem bekannter Mann mit den Worten vorgestellt, er sei als V-Mann tätig. Dieser Mann habe sich ihm offenbar aus Furcht offenbart, entdeckt zu werden.
Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau (Linke), die ebenfalls im Visier des Verfassungsschutzes ist, sieht eine Verunsicherung der Bürger. «Das große Problem bin doch nicht ich», sagte sie der Mitteldeutschen Zeitung. «Meine Arbeit ist öffentlich. Aber Bürgerinnen und Bürger sind stark verunsichert angesichts der Anliegen, die sie mir anvertraut haben.»
Pau bekam auf eigenes Drängen vor zwei Jahren drei Aktenordner vom Kölner Bundesamt ausgehändigt, aus denen sie drei Fakten entnehmen konnte: ihren Namen, das Geburtsdatum und die Wahl ins Bundestagspräsidium 2006. Alles andere sei geschwärzt gewesen «mit der Begründung, ich könne sonst Rückschlüsse auf die Arbeitsweise des Verfassungsschutzes ziehen», sagte Pau. «Seitdem klage ich gegen die Beobachtung und werde das jetzt auch noch einmal forcieren.»
Aktuelle Stunde des Bundestages
Heute nachmittag (Mittwoch, 25. 01. 12) befasst sich der Bundestag mit dem Thema. Im Plenum ist eine Aktuelle Stunde dazu geplant. Zudem kommt das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste zusammen. Auch in der geheim tagenden Runde dürfte die Überwachungspraxis des Bundesamtes für Verfassungsschutz, die seit Tagen parteiübergreifend für Empörung und Kritik sorgt, eine Rolle spielen. Für die Linkspartei wird Steffen Bockhan in dem Gremium vertreten sein, der selbst auf der Liste der beobachteten Abgeordneten steht.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte das Vorgehen des Verfassungsschutzes verteidigt. Die Behörde habe einen gesetzlichen Auftrag, Organisationen und Parteien zu beobachten, die womöglich verfassungsfeindlich seien.
Der Parteichef der Linkspartei, Klaus Ernst, forderte das Innenministerium zu umfassender Aufklärung auf. Wenn dies nicht schnell genug und in voller Gänze erfolge, «dann behalten wir uns weitere Schritte der parlamentarischen Aufklärung vor. Dazu zählt ausdrücklich auch die Option, einen Geheimdienst-Untersuchungsausschuss einzurichten», sagte Ernst dem Hamburger Abendblatt. «Wir müssen die Demokratie vor den Geheimdiensten schützen», fügte er hinzu. Vor – meinen w i r zu guter letzt – sowohl als auch!
25.Jan..2012, 19:02
Gerade in den letzten Wochen hat sich erwiesen, wie sehr der Deutsche Staat immer noch auf dem rechten Auge blind ist. Da gesellt sich nun passend hinzu, dass er auf dem linken Auge umso gezielter fein geschliffene Ferngläser und Lupen zum Einsatz bringt. Ich rede von der fetten Horde der deutsche Überwachungsstaatselite und ihren allzeit bereiten operativen Handlangern!
Ich denke, diese in den meisten unserer europäischen Nachbarstaaten eher undenkbare Schrägjustierung der Linsen, die viele Deutsche aber als „symmetrisch“ empfinden, hat bei uns eine sehr lange Tradition. Sie beginnt in etwa damit, dass wir „unseren Friedrich den Großen“, den nun groß Gefeierten, für einen tollen Hecht hielten und halten, während sich z.B. der Philosoph Voltaire nach einigen Diskursversuchen empört und mit Abscheu von jenem autokratischen, egomanen Regenten abwandte; spätestens aber beginnt sie mit Wilhelm II. und dem, was damals dann die Folge war.
Deutschlands Seele scheint nur – um es geometrisch auszudrücken – gleichschenklige Dreiecke zu kennen, während die Neonazis ziemlich gelassen auf einer langen Hypotenuse aufmarschieren. Man/frau reibt sich die in der Demokratur neuen Stils brennenden Augen …
Passen wir auf!
Beste Grüße
Fritz Feder