Die Presse hat bereits kräftig ausgeteilt gegen Bundespräsident Christian Wulff, nun gibt es auch aus der Politik heftigen Gegenwind. Niedersächsische CDU-Kollegen gehen auf Distanz und einer von ihnen meint, vergeben könne Wulff nur noch Gott. Mm. Merkel kann ihm ja „vorsagen“ …Christian Wulff schweigt, die Kanzlerin schweigt, keiner seiner bisherigen Unterstützer hat sich bislang zu Wort gemeldet. Dafür keimt allmählich Kritik auf – nicht nur aus der Opposition, wie von SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil: «Wir haben den Eindruck, das hier nur Stück für Stück aufgeklärt wurde. Mein Vertrauen ist erschüttert», sagte dieser. Auch in der niedersächsischen CDU wächst die Distanz zum Bundespräsidenten.

«Viele Parteifreunde haben bei mir angerufen. Alle äußerten sich negativ zu Wulffs Verhalten», sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Heinz Klare, der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. «Die Leute wollten totale Aufklärung, sonst wird das Amt des Bundespräsidenten beschädigt.»

Der frühere niedersächsische Landtagspräsident Jürgen Gansäuer (CDU) ging dem Bericht zufolge in einer Laienpredigt in der hannoverschen Marktkirche auf den Fall Wulff ein. Er erklärte, auch ein Bundespräsident könne der Sündhaftigkeit nicht entfliehen. Für Christen sei deshalb die Vergebung wichtig, aber das Vergeben setze eine «ehrliche und ernsthafte Einsicht und Reue voraus». Ob Einsicht wirklich vorhanden sei oder nur geheuchelt werde, kann laut Gansäuer «nur Gott erkennen».

Wulff soll auch Welt am Sonntag gedroht haben

Derweil ist eine weiterer Drohung des Bundespräsidenten gegen die Presse publik geworden – diesmal gegenüber der Welt am Sonntag, wie Spiegel Online berichtet. Schon im Sommer 2011 soll Wulff versucht haben, einen Artikel über seine Schwester Bettina zu verhindern: «Die Geschichte der heimlichen Schwester». Der stellvertretende Welt-Chefredakteur Oliver Michalsky schrieb bei Facebook, ein Mitarbeiter sei wegen des Artikels ins Schloss Bellevue zitiert und dort bearbeitet worden. Doch auch dieser Artikel erschien.

Am Montagabend war bekannt geworden, dass Wulff nicht nur bei Bild-Chefredakteur Kai Diekmann, sondern auch beim Leiter des Springerkonzerns, Mathias Döpfner, und der Mehrheitsaktionärin Friede Springer angerufen haben soll.

FDP-Vize Zastrow fordert Erklärung in dieser Woche – Wir hingegen fragen: „Was gibts da noch zu erklären?“

Die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt rechnet mit einer Erklärung von Bundespräsident Christian Wulff. «Die Pressefreiheit ist ein sehr hohes Gut in unserer Demokratie», sagte Hasselfeldt im Deutschlandfunk. «Ich bin aber sicher, dass der Bundespräsident die gegen ihn erhobenen Vorwürfe auch überzeugend aufklären kann. Und das kann auch nur er selbst.» Sie sei überzeugt, dass er nach einigen Tagen der Überlegung auch zu diesem Schluss kommen werde.

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Holger Zastrow sagte dem Sender MDR Info, er finde es auch schwierig, dass Wulff jetzt von Medien gejagt werde. «Aber er ist auch in der Pflicht, das aufzuklären. Und da erwarte ich, dass er sich diese Woche erklärt.» Zastrow kritisierte auch das Verhalten Wulffs: «Was mich irritiert, ist, dass jetzt schon wieder was Neues rauskommt. Wenn es so sein sollte, dass er als Bundespräsident persönlich zum Hörer greift, einen Chefredakteur anruft, auf die Mailbox spricht, dann ist das nicht die Größe, die ich von einem Bundespräsidenten erwarte.»

Sollte Bundespräsident Christian Wulff zurücktreten, stünde Schwarz-Gelb ohne eigene gesicherte Mehrheit in der Bundesversammlung da. Denn wenn jetzt ein neuer Bundespräsident gewählt werden müsste, könnten CDU/CSU und FDP nach Berechnungen von election.de zusammen auf 622 bis 624 der 1240 Delegierten zählen. Das ist zwar rechnerisch eine ganz knappe absolute Mehrheit von zwei bis vier Stimmen. Doch zeigt die Praxis, dass mit etlichen Abweichlern zu rechnen ist. Auch will niemand auf die drei Stimmen der rechtsextremen NPD in der Bundesversammlung angewiesen sein. Schon die Wahl Wulffs im Juni 2010 war für Union und FDP eine Hängepartie mit drei Wahlgängen. Dabei hatten sie rein rechnerisch 21 Stimmen mehr gehabt als für die absolute Mehrheit erforderlich.

Wulffs Ex-Sprecher Glaeseker im Visier der Justiz

Derweil ist Wulffs ehemalige Sprecher Olaf Glaeseker ins Visier der niedersächsischen Justiz geraten. Er hatte am 22. Dezember kurz vor der Ansprache des Präsidenten vor der Presse sein Amt niedergelegt. Derzeit werde geprüft, ob gegen ihn ein Anfangsverdacht der Vorteilsnahme vorliege, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover und bestätigte damit einen Bericht der Neuen Presse.

Glaeseker soll ab 2008 mit seiner Frau dreimal in Auslandsquartieren des Eventunternehmers Manfred Schmidt gratis Urlaub gemacht haben. Glaeseker, einst enger Vertrauter von Christian Wulff, war damals Niedersachsens Regierungssprecher im Rang eines Staatssekretärs und hätte als Landesbediensteter teure Geschenke wie Gratisurlaub möglicherweise nicht annehmen dürfen.

Jan. 2012 | Allgemein | 2 Kommentare