Der Bezirksbeirat Weststadt/Südstadt hat sich mit großer Mehrheit – zwölf Stimmen dafür, eine dagegen, bei zwei Enthaltungen – für die Umbenennung der Treitschkestraße in der Heidelberger Weststadt ausgesprochen.

In einem Gutachten legte Prof. Dr. Johannes Heil, Inhaber der Ignatz-Bubis-Stiftungsprofessor für Religion, Geschichte und Kultur des europäischen Judentums und Prorektor der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, dar, dass für die Umbenennung der Treitschkestraße ein zwingendes öffentliches Interesse gegeben sei, da der Namensgeber – aufgrund seiner antisemitischen Werke und Schriften – nicht würdig sei, mit einem Straßennamen geehrt zu werden.

„Ohne Einschränkung“, so Professor Heil, „gilt daher auch, was einer der besten Kenner der Materie [Karsten Krieger in „Der ‚Berliner Antisemitismusstreit‘ 1879-1881“] vor einigen Jahren formulierte: ‚Wahrscheinlich prägte Treitschke wie kein zweiter das Identitätsbewusstsein sowohl der Führungseliten als auch der Mittelschichten im Deutschen Kaiserreich. Die durch ihn beförderte und in ein nationales Weltbild integrierte scheinbare Domestizierung der Judenfeindschaft hat vermutlich maßgeblich dazu beigetragen, dass der Antisemitismus einen integralen Teil des eigenen Weltverständnisses bildete, dessen zerstörerisches Potenzial sich allerdings erst seit dem zweiten Weltkrieg offenbarte.’“

„Der Name Treitschke bietet keinerlei positive Anknüpfungspunkte“

„Nach gründlicher Abwägung ist festzuhalten, dass der Name Treitschke heute keinerlei positive Anknüpfungspunkte bietet“, so das Fazit von Professor Heil. „Aus der Person Treitschkes heraus ist nichts zu gewinnen, was für eine Beibehaltung der Straßenwidmung spräche.“

Umbenennung in Goldschmidtstraße

Die Treitschkestraße soll in Goldschmidtstraße umbenannt werden. Auf einem Zusatzschild sind Angaben über das Leben und Wirken der Eheleute Goldschmidt vorgesehen. Leontine Goldschmid wurde als Leontine Edle von Portheim in Prag im Jahre 1863 geboren und verstarb 1942 in Heidelberg. Victor Goldschmidt wurde 1853 in Mainz geboren und verstarb 1933 in Salzburg. Das Ehepaar lebte in Heidelberg, wo Victor Goldschmidt sich als Honorarprofessor für Kristallographie durch seine Arbeit Weltruhm verschaffte. Beide gründeten 1919 die „Josephine und Eduard von Portheim-Stiftung für Wissenschaft und Kunst“, die bis heute in Heidelberg existiert. Nach dem Tode Victor Goldschmidts im Jahre 1933 wurde seine Ehefrau Leontine von den Nationalsozialisten aus dem Stiftungskuratorium verdrängt, der Stifterwille missachtet und das Stiftungsvermögen zweckentfremdet. Leontine Goldschmidt wählte am 25. August 1942 den Freitod, um dem Transport in das Konzentrationslager Theresienstadt zu entgehen.

Für den neuen Straßennamen wird die Kurzform „Goldschmidtstraße“ verwendet, da die komplette Schreibweise „Leontine-und-Victor-Goldschmidt-Straße“ zu lang wäre.

Den von der Straßenumbenennung Betroffenen soll nach dem Willen des Bezirksbeirates ein Zeitpuffer für die Umstellung gegeben werden.

Die endgültige Entscheidung über die Straßenumbenennung trifft der Heidelberger Gemeinderat am 30. Juni 2011.

Ja, ach ja, die Portheimstiftung – da war doch was …

 

Mai 2011 | Heidelberg, Allgemein | Kommentieren