Zwischenbilanz „Ein Jahr“ im Talkstudio: Bei Maybrit Illner haben sich Vertreter der christlich-liberalen – womit wir ja schon bei einem Widerspruch an und für sich wären – Koalition nach einem Jahr schwarz-gelber Regierung Kritikern gestellt. Ob Hotelsteuer oder Atompolitik – Niebel und de Maizière standen Seit an Seit.
Angiften wegen Nichtigkeiten, Streit den ganzen Tag: Das unterstellen böse Zungen eigentlich nur alten Ehepaaren. Doch auch bei jungen Partnern läuft es oft nicht rund. Die schwarz-gelben Koalitionäre, einst als «Traumpaar» gestartet, wurden in den vergangenen zwölf Monaten oft mit keifenden Frischvermählten verglichen. Ewiger Streit statt beherztem Regieren, das ist der Eindruck, der CDU/CSU und FDP in den Umfragen abstürzen ließ. Und auch Maybrit Illner hatte mit ihrer Frage wohl auf einen Selbstläufer gehofft: «Ein Jahr schwarz-gelb – vom Traumpaar zum Albtraum?»
Ganz so einfach war es dann doch nicht: Offenbar hat das zerstrittene Paar inzwischen den Weg zur Eheberatung gefunden. Fast schon zärtlich äußerte sich CDU-Innenminister Thomas de Maizière über den ebenfalls anwesenden FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel: «Herr Niebel war ja früher auch ein kleiner Rabauke, aber jetzt verstehen wir uns prächtig.» Sprach’s und grinste seinen Sitz- und Koalitionsnachbarn an.
Insgesamt – was Wunder – beurteilte de Maizière die Arbeit der Koalition positiv: «Besonders weil wir die Schuldenbremse konsequent verfolgt haben und mit der Trendwende in der Umweltpolitik die Bewahrung der Schöpfung umsetzen.» Einziger Fehler in seinen Augen: «Wir hätten schon vor den NRW-Wahlen loslegen sollen.»
Auch Koalitionspartner Niebel war guter Dinge: Dass seine Partei in Umfragen bei fünf Prozent liegt, nahm er gelassen: «Natürlich freut uns das nicht, aber man darf nicht vergessen: Wir haben die Bürger bereits um 20 Milliarden entlastet!»
Journalist Spreng: «Über schwarz-gelb schwarz geärgert»
Der Journalist Michael Spreng empfand das erste Jahr der Regierung dagegen eher als Belastung. Sein trockener Kommentar: «Einige in meinem Bekanntenkreis haben sich über schwarz-gelb so sehr schwarzgeärgert, dass sie jetzt grün sind.»
«Genau», setzte Hannelore Kraft (SPD) noch einen drauf, «die Bürger schauen nämlich ins Portemonnaie und sehen, dass weniger drin ist». Die Schere zwischen Arm und Reich sei weiter auseinander gegangen, so die nordrhein-westfälische Frontfrau.
Offensichtlich hatten sich Niebel und de Maizière bestens auf den gemeinsamen Auftritt vorbereitet: Zwischen sie passte kein Blatt Papier – und besonders Niebel brachte Erfolgsmeldungen der Regierung im Maschinengewehr-Stakkato ins Volk …
Jedoch hatten sie die Rechnung ohne die Wirtin gemacht: Maybrit Illner hat Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um die beiden schwarz-gelben Koalitionäre aus der Fassung zu bringen. Bohrende Fragen und kritische Recherchefilme schoss sie auf Niebel und de Maizière ab, hakte unermüdlich nach – Attacken, die das Ministerduett in trauter Gemeinschaft parierte. Außerdem holte die Moderatorin zu jedem Streitthema der Koalition einen verärgerten Bürger aus dem Publikum. Atomkraft, Gesundheit oder Integration: Nettigkeiten bekamen die beiden Koalitionäre keinesfalls zu hören. Nicht einmal von der Wirtschaft.
Kraft nervte de Maizière
Da war etwa CDU-Mittelständler Timo Kirstein, der sich bitter beklagte: «Was die Bürger eigentlich sehen möchten ist vertrauensvolle Zusammenarbeit – und vor allem Glaubwürdigkeit». Lockerung des Kündigungsschutzes, ein einfacheres Steuersystem und vor allem «innovative Politik»: Kirsteins Wunschliste für den Mittelstand war immer noch lang. Auch wenn de Maizière mehrfach beteuerte, dass «schwarz-gelb das Land aus der Krise geführt hat».
Wirklich gereizt reagierte das Ministerpaar nur einmal: Hannelore Kraft bohrte so lange genüsslich in der Wunde der Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers bis de Maizière genervt abwiegelte: «Das ist jetzt halt wie’s ist, aber ändern lässt es sich nicht mehr».
Allen Provokationen zum Trotz erwies sich das Regierungsduo im Talkstudio insgesamt als sehr belastbar. Auch wenn die Bilanz des ersten Regierungsjahres erwartungsgemäß bescheiden ausfiel, haben de Maizière und Niebel es geschafft, Harmonie und Einigkeit zu demonstrieren. Maybrit Illner ist damit eine glasklare Beantwortung der Frage gelungen: Momentan ist schwarz-gelb eher Traumpaar statt Albtraum – ob sich neues Eheglück tatsächlich einstellt, bleibt abzuwarten.
05.Nov..2010, 19:13
Ich habe diese Frage im internet gelesen auf der Tagesschau seite.
Mich interessiert diese Frage auch sehr.
Was mich interessieren würde:
Werden bei solchen Umfragen auch der Anteil an Nichtwähler erfasst?
Und warum fasst man alle restlichen Parteien unter „Sonsitge“ zusammen?
Meiner Meinung nach sollten Partein ab einem Prozentpunkt zumindest namentlich erwähnt werden…
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