Dr. Wolfgang Niopek

? Herr Dr. Niopek, bis vor noch nicht allzulanger Zeit waren in Heidelberg lediglich Stimmen der Gegner eines Stadthallenanbaus zu hören. Das hat sich – im Stadtbild ist es bereits vielfältig merkbar – geändert. Was genau ist da „passiert“?

! Wir haben im Dezember 2009 den „Unternehmerrat Heidelberg“  initiiert, dies bereits mit dem ersten konkreten Ziel,

die Erweiterung der Stadthalle zu unterstützen. Gründungsmitglieder seinerzeit waren der DEHOGA, der Einzelhandelsverband, die Kreishandwerkerschaft, die Architektenkammer und die IHK Rhein-Neckar. Ich war gebeten worden, die Sprecherfunktion dieses Unternehmerrats zu übernehmen. Nachdem es ja nun zu einem Bürgerentscheid über die Stadthallenerweiterung kommt, haben sich immer mehr Akteure in der Stadt hinter unsere Initiative gestellt, so dass wir nun das Aktionsbündnis ins Leben gerufen haben, unter dem Motto „Ja zur Erweiterung der Stadthalle! – kein Neubau am Bahnhof“.

Die Gegner einer Stadthallenerweiterung argumentieren bislang weniger mit einer Ablehnung aus wirtschaftlichen Gründen, denn mit vorgeblich ästhetischen Gründen. Wie begegnen Sie dem?

Unser Anspruch als Aktionsbündnis ist es, die Heidelberger Bürger und Bürgerinnen zu überzeugen, dass sie mit ihrer Ja-Stimme  beim Bürgerentscheid die Erweiterung der Stadthalle unterstützen und dadurch helfen, ein Stück weit die Zukunft und den Wohlstand unserer Stadt und unsere Arbeitsplätze zu sichern. Wir wollen und werden nicht tatenlos zusehen, wie die Heidelberger Bürgerschaft aus Unkenntnis, fehlender Informationen wegen oder bedingt durch unzutreffende Informationen zu falschen Entscheidungen verleitet wird.

NEIN-Sager: Viel Lärm um Nichts. Aber: Der Weltuntergang im Dorf findet nicht statt

Im übrigen wissen wir, dass es auch in den Bereichen Wissenschaft, Kunst und Kultur sowie bei den Arbeitnehmern und Studenten in unserer Stadt viele Unterstützer der
Stadthallenerweiterung gibt. So ist es aus unserer Sicht ein sehr wichtiges Signal, dass die Universität Heidelberg von ihrem Prorektor, Herrn Prof. Kurt Roth, in unserem Aktionsbündnis vertreten wird. Wir sind überzeugt, dass viele weitere Befürworter ebenfalls in den nächsten Tagen und Wochen noch sehr engagiert für die Stadthallenerweiterung eintreten werden. Denn diese liegt auch in deren Interesse. Auch mit Demonstrationen  haben wir gezeigt, dass es in Heidelberg nicht nur einige lautstark agierende Gegner, sondern auch viele Befürworter dieser Erweiterung gibt.

Zudem wollen wir, dass der nach jahrelangen Diskussionen mit großer Mehrheit im Frühling dieses Jahres gefasste Gemeinderatsbeschluss zur Erweiterung endlich umgesetzt wird. Der Heidelberger Gemeinderat hat ja aus vielen guten Gründen mit großer Mehrheit für die Erweiterung der Stadthalle gestimmt.

Sie haben also bei den Bürgern noch  Überzeugungsarbeit zu leisten, damit sie  mit „Ja“ stimmen können …

Ja, das ist richtig; wir sprechen  die Bürger mit fundierten Informationen an  und zeigen Ihnen, wie wichtig dieses Vorhaben für ihre Stadt, unsere Arbeitsplätze und die Zukunft unserer Jugend ist. Eine modernisierte und erweiterte Stadthalle kommt allen gesellschaftlichen Gruppen der Stadt zugute: der mittelständischen Wirtschaft, den Kunst- und Kulturschaffenden, den vielen Vereinen, der Wissenschaft und den Arbeitnehmern. Deshalb laden wir alle Bürger ein, sich nicht nur die Argumente der Stadthallengegner, sondern auch die der Befürworter anzuhören und sich dann eine eigene Meinung zu bilden.

Das klingt ja nun einerseits schön eingängig, wie aber wollen Sie andererseits all das nicht nur so unter die Leute bringen, sondern auch belegen, dass nämlich eine Entscheidung für die Stadthallenerweiterung – auch für die Zukunft der Stadt – unabdingbar nötig wäre?

Das werden wir zeigen. Und wir können  auch belegen, dass eben der von den Stadthallengegnern immer wieder propagierte Neubau am Bahnhof keine wirkliche Alternative ist. Zehn Jahre hat die Stadt den Standort am Bahnhof geprüft, und zehn Jahre wurde versucht, Partner und Investoren dafür zu gewinnen. In zehn Jahren ist dies nicht gelungen.  Zehn Jahre wurde geprüft,  zehn Jahre gingen verloren und sind Beleg genug dafür, dass der Bahnhofstandort wirklich keine Alternative darstellt. Und aus Sicht der Fachleute ist der Bahnhof-Standort für ein Kongresszentrum im Vergleich zum Neckarufer ohnehin nicht geeignet und im Vergleich mit anderen Kongressstandorten nicht wettbewerbsfähig. Nachdem nun auch noch die sogenannten Burelli-Planungen für den Bahnhofsbereich nach ebenfalls jahrelanger Diskussion vor wenigen Tagen aufgegeben wurden, ist endgültig klar, dass am Bahnhof auf Jahre hinaus kein neues Konferenzzentrum entsteht.

Die Bürger von Heidelberg dürfen deshalb diese mit einem verbesserten, guten Entwurf belegte, machbare und im Vergleich zu einem Neubau am Bahnhof preiswertere Chance, die eine Erweiterung unserer Stadthalle bietet, nicht verstreichen lassen; wir setzen darauf, dass die Bürgerinnen und Bürger die ja vom Gemeinderat nach langer Diskussion mehrheitlich beschlossene Erweiterung mit ihren Ja-Stimmen  einfordern.

Mittlerweile – nimmt man Ihr Motto richtig zur Kenntnis – geht es nur noch marginal um eine Erweiterung, sondern um etwas viel Bedeutenderes: „Rettet die Stadthalle“ fordert der Unternehmerrat nun neuerdings. Wie wünscht das verstanden zu werden?

Wir haben für unsere Kampagne „Ja zur Erweiterung der Stadthalle! – Kein Neubau am Bahnhof“ das ergänzende Motto „Rettet die Stadthalle“ gewählt, das deutlich machen will und soll, dass das Infrastrukturangebot der Stadthalle nicht mehr zeitgemäß ist und hier dringend investiert werden muss – richtiger gesagt: ohnehin investiert werden muss. Alle sind sich einig, dass sich dies bei unserer tollen Stadthalle auch wirklich lohnt und wir sie nicht weiter veralten und verkommen lassen dürfen. Es ist völlig klar, dass bei einer Entscheidung gegen die Erweiterung der Stadthalle auf Jahre hinaus keine Investitionen in Heidelberg in diesem Bereich stattfinden werden, weder in die Stadthalle, die dringend saniert werden muss, noch in einen Neubau, für den sich kein Investor fand, sondern wir wieder eine quälende jahrelange Debatte haben werden, mit der Konsequenz, weitere Arbeitsplätze zu verlieren. Und wir haben in Heidelberg 4000 Arbeitslose, die dringend neue Perspektiven brauchen.
Das Motto „Rettet die Stadthalle“ meint ferner dezidiert, dass wir auf eine neue Perspektive für unsere bestehende Stadthalle setzen und nicht einfach auf einen anderen und zudem noch nachweislich ungeeigneten Standort.
„Rettet die Stadthalle“, dies Motto will zudem deutlich darauf hinweisen,  dass eine Stadthallenerweiterung die auch finanziell eindeutig und mit Abstand günstigere Alternative im Vergleich zu einem zusätzlichen Neubau am Bahnhof ist, weil die Investitionskosten sehr viel niedriger sind als bei der von den Anbaugegnern geforderte Neubau-Lösung,  auch deshalb, weil mit dem Anbau die Betriebskosten erheblich geringer ausfallen, als wenn zwei Kongresshäuser zu betreiben wären.

Dies alles wird – wiewohl ohne einleuchtende Begründung – von den Gegnern eines Anbaus in Zweifel gezogen. Die sagen „Nein“, menetekeln den „falschen Standort“, wehklagen darüber, dass die „Identität unserer schönen Stadt“ ebenso verloren gehe wie „Arbeitsplätze“ und endzeitvisionieren ein „Verkehrschaos“: „Es werden Sattelschlepper und Dutzende von Kleinlastern und Hunderte von Teilnehmern das Kongresszentrum anfahren“ und wollen zu guter Letzt die „Stadthalle als Haus der Bürger und der Kultur“ erhalten.“ Da sind doch Bürger zugange – möchte man jedenfalls glauben (gemacht werden) – wie sie eine Verwaltung lieben sollen müssste.

Nachdem in den vergangenen Wochen von den Stadthallengegnern doch sehr einseitig, verkürzt und auch unzutreffend über die Stadthallenerweiterung informiert wurde, wollen wir uns  mit unserem Aktionsbündnis „Rettet die Stadthalle“ mit einer sachorientierten Informationsarbeit und mit tragfähigen und schlüssigen Argumenten für die Erweiterung stark machen und alle Bürger für dieses Vorhaben gewinnen.
Der anstehende Bürgerentscheid ist eine Entscheidung – auch – über die Zukunft von Arbeitsplätzen in unserer Stadt. Wir wollen nicht zulassen, dass Heidelberg immer mehr Kongresse, Touristen, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen verliert, unsere wichtige Infrastruktur verkommt und viele Betriebe in Heidelberg Pleite gehen. Wir wollen aber auch, wie alle anderen Bürger unserer Stadt, mit diesem Standort Stadthalle und dem Erweiterungsgelände verantwortungsbewusst umgehen. Deshalb war es auch uns zunächst wichtig, dass der Oberbürgermeister auf die Kritik aus der Bürgerschaft reagiert hat und hier viele und gute Verbesserungen des ersten Rohentwurfs des Architekten vorgenommen wurden. Dies gilt insbesondere für die Verkehrsführung, die Begrünung, die Fassadengestaltung und die Dachansicht. Hier gibt es jetzt wirklich gute Lösungen. Wir stehen gemeinsam voll und ganz hinter diesem Konzept.

Es gibt nicht wenige Befürworter des Anbaus, die dennoch – eben drum, wie ich für mich argumentiere – eine Unterschrift für einen Bürgerentscheid geleistet haben, weil dies für die Stadt so vehement wichtige Projekt auch im Nachhinein auf einer breiten demokratisch zustande gekommenen Basis stehen sollte.

Deshalb haben wir eine breit angelegte Informationskampagne vorbereitet, damit sich nicht mehr nur ein harter Kern von Fachleuten und Aktivisten mit diesem Thema befasst, sondern die Bürgerschaft insgesamt über den neuen Entwurf informiert wird. Wir werden als Aktionsbündnis in den nächsten Tagen und Wochen viele Veranstaltungen, auch Podiumsdiskussionen anbieten, zum Beispiel zu den Argumenten für und gegen die beiden Standorte, zu den Konsequenzen für die Arbeitsplätze, zur Bedeutung für die mittelständische Wirtschaft oder auch zur Dringlichkeit dieses Vorhabens aus Sicht des Heidelberger Handwerks.
Zudem werden wir natürlich auch mit Plakaten – einige sehen Sie ja schon im Stadtbild – und Flyern die Bürger direkt ansprechen, mit Ihnen an Informationsständen diskutieren und auch bei Demonstrationen Flagge zeigen und so versuchen, sie für ein „Ja zur Erweiterung der Stadthalle“ zu gewinnen. Wir laden alle Bürgerinnen und Bürger ein, sich persönlich zu informieren und ein eignes Urteil über den nun wirklich attraktiven Entwurf zu bilden. Der Einstieg kann gerne über unsere neue Internetseite www.rettet-die-stadthalle.de erfolgen.

Oberbürgermeister Würzner hat sich viel vorgenommen. Viele seiner Bau- und Sanierungsmaßnahmen allerdings waren – wie etwa die Ziegelhäuser Landstraße – längst überfällig, dazu gehört auch das Kongreßzentrum …

Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Oberbürgermeister als Reaktion auf die Hinweise und Anregungen aus der Bürgerschaft, aber auch aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses, den ersten Entwurf für die Stadthallenerweiterung konkret ausarbeiten und dabei viele Wünsche der Bürger einarbeiten ließ und nun – wie sich ja kürzlich bei der Präsentation zeigte – eine gute Akzeptanz für den verbesserten Entwurf erwarten darf. Die Bürger haben den Erstentwurf kommentiert, der Oberbürgermeister hat darauf reagiert und damit – so kann man sicher sagen – trägt der jetzt vorgelegte und verbesserte Entwurf für die Stadthallenerweiterung auch die Handschrift der Heidelberger Bürgerschaft.

Was geben Sie also  den Bürgern mit auf dem Weg ins Wahllokal ?

Wir appellieren an alle Bürgerinnen und Bürger in Heidelberg, sich am 25. Juli  mit ihrer Stimme für die Erweiterung der Stadthalle auszusprechen. Die Menschen in Heidelberg können ihren Wohlstand nicht nur auf den Leistungen früherer Generationen aufbauen, sondern müssen auch selbst neue und wichtige Entwicklungen anpacken und umsetzen. Die Erweiterung der Stadthalle ist dafür ein ganz wichtiger Schritt.

Das Gespräch mit Dr. Wolfgang Niopek führte Jürgen Gottschling

Juli 2010 | Heidelberg, Allgemein, Sapere aude, Zeitgeschehen | 6 Kommentare