Anlässlich der Vergabe des „Henri Nannen Preises für Verdienste um die Pressefreiheit“ an Journalisten im Iran am 7. Mai in Hamburg fordert Reporter ohne Grenzen (ROG) die Aufnahme von verfolgten iranischen Medienschaffenden in Deutschland.

In einem offenen Brief an Bundesaußenminister Guido Westerwelle und Bundesinnenminister Thomas de Maizière setzt sich ROG für eine zügige Erteilung von Notvisa für iranische Medienschaffende ein, die nach den Protestkundgebungen im Sommer 2009 aus ihrer Heimat fliehen mussten. Viele von ihnen haben bisher keine sichere Zuflucht gefunden.

„Die dramatische Lage von iranischen Journalisten und Bloggern erfordert schnelles Handeln und Mitmenschlichkeit“, heißt es in dem Schreiben vom 5. Mai 2010 an die Bundesminister. „Es kann nicht sein, dass der Einsatz für Demokratie und Menschenrechte im Iran zwar in politischen Reden gelobt wird, aber westliche Unterstützung dann erlahmt, wenn es um konkrete Hilfe geht.“

In dem Brief erinnert ROG-Geschäftsführer Christian Rickerts noch einmal an die Zusage der Bundesregierung, einige der ins Ausland geflüchteten Journalisten und Menschenrechtsverteidiger in Deutschland aufzunehmen. Seit dieser Ankündigung vom 16. März 2010 sei jedoch keiner der Journalisten, mit denen ROG in direktem Kontakt steht, von deutschen Behörden kontaktiert worden. „Wir verstehen nicht, warum nach der generellen Zusage der Bundesregierung der Prüfungsprozess des derzeit federführenden Bundesinnenministeriums nicht beschleunigt werden kann“, so Rickerts.

Mehr als 50 Journalisten haben seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl vom 12. Juni 2009 den Iran verlassen, um den Repressalien des Regimes zu entkommen. Viele von ihnen haben in der Türkei vorübergehend Zuflucht gefunden, können aber dort nicht bleiben. Ihre Lebensbedingungen sind schwierig. Flüchtlingsunterkünfte werden von Kräften des iranischen Geheimdienstes infiltriert es fehlt jede Perspektive für einen dauerhaften Aufenthalt. Seit mehr als einem halben Jahr bemüht sich ROG international um eine menschenwürdige Lösung für die geflüchteten Journalisten und Blogger.

Im Gegensatz zum deutschen Staat hat die französische Regierung sehr schnell Bereitschaft gezeigt zu helfen und mittlerweile fast 30 Journalisten und Blogger mit ihren Familien aufgenommen. Auch die USA, Kanada, Italien und Norwegen folgen diesem Beispiel.

Der „Henri Nannen Preis“ wird in diesem Jahr zum sechsten Mal vergeben. Stellvertretend für unterdrückte Journalisten im Iran nimmt Maziar Bahari den Preis für Pressefreiheit entgegen. Der iranische Journalist wurde während der Unruhen nach der Präsidentschaftswahl im Juni 2009 festgenommen. Er musste 118 Tage in Isolationshaft im Gefängnis verbringen und wurde im Oktober 2009 entlassen. Seitdem setzt sich der Journalist für die Freilassung seiner inhaftierten Kollegen ein und hat das iranische Regime immer wieder öffentlich angeprangert.

Mai 2010 | Allgemein, Politik, Zeitgeschehen | Kommentieren