Angela Merkel und die Union dank FDP obenauf, die SPD am Boden. Eines ist nach der Wahl sicher: Langes Koalitionsgeplänkel wird es nicht geben. Die Rollen sind klar verteilt. Die SPD ist gezwungen, sich neu zu ordnen – und sollte diese Chance nutzen.
Wenn Angie und Guido zusammen im Cabrio vorfahren, hoffe ich, sie halten nicht als erstes vor Ackermanns Bank und bitten ihn auf den Rücksitz. Deutschland wird in den kommenden vier Jahren von einem bürgerlichen Lager regiert. Nicht wenige (wir, trotz alledem und überhaupt auch) hatten auf eine Fortsetzung der Großen Koalition gehofft. Auf das vermeintlich kleinere Übel, nachdem die Umfragen Rot-Grün (das würde richtig gewesen sein) keinerlei Chance einräumten.
Die Fortsetzung der Großen Koalition wäre jedoch alles andere als ein «kleineres Übel» gewesen. Bequem wäre es gewesen. Deutschland hatte sich eingerichtet in einer Großen Koalition, in der es so schlecht ja nicht lief. Doch Bequemlichkeit allein reicht nicht, um den Folgen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, dem Klimawandel oder dem gigantischen Haushaltsdefizit in Deutschland zu begegnen. In diesen Fragen braucht es keine mühsam ausgehandelten Kompromisse zwischen zwei Volksparteien.
Nicht allen wird die Politik schmecken, die das bürgerliche Lager unter Angela Merkel wählen wird. Doch allzu heftig dürfte der Ruck von der Mitte nach rechts nicht ausfallen. Eine stets abwartende Kanzlerin, die auch am Wahlabend die Politik der Mitte beschwört, wird den Weg, den sie vier Jahre lang erfolgreich bestritten hat, nicht ohne Not aufgeben. Und auch einen noch so selbstbewussten Guido Westerwelle wird Merkel – gestählt durch vier Jahre Querelen sowohl mit Parteigenossen als auch politischen Gegnern – in seine Schranken weisen können.
Die Opposition wird sich reiben an der neuen Regierung – allen voran die SPD. Das schlechteste Wahlergebnis in der Geschichte der Volkspartei spricht eine deutliche Sprache. Die Partei wird sich neu ordnen müssen – und dafür bietet die Oppositionsrolle eine nicht schlechte Chance.
Als Juniorpartner in einer erneuten Großen Koalition wären Kompromisse und Zugeständnisse gefragt gewesen. Jetzt kann die SPD in den kommenden Jahren zeigen, wo sie inhaltlich steht. Sie muss den notwendigen Schritt nach links wagen – auch in Richtung der Linkspartei. Nur so besteht die Hoffnung, dass die Partei wieder ein klares Profil erhält. Dies wird dann auch die CDU zwingen, sich wieder mehr Kontur zuzulegen. Denn deutsche Politik muss endlich wieder an inhaltlicher Schärfe gewinnen …
28.Sep..2009, 23:48
Nicht nur die „Gelben“ selbst, sondern auch bestimmte Gruppierungen in der Schweiz, Liechtenstein und finanztechnisch ähnlich gebauten Ländern dürften sich am meisten über den Ausgang der Bundestagswahl gefreut haben. Mit Schwarz-Gelb-Blau wird jetzt eine geradezu authentische Bahamas-Koalition für bis zu 4 Jahre regieren. Mir ist etwas mulmig, muss ich gestehen.
Mal sehen, wie lange die durchs Land schwappende La Ola-Westerwelle anhält oder ob – sagen wir – in einem halben Jahr bereits eine ernüchternde Osterflaute einsetzt, weil auch noch die allerletzten Visionen auf dem Altar eines immer weiter radikalisierten Markt-Pragmatismus geopfert sein könnten.
Der Freiherr und der FDP-Chef, die neuen Macher und Hoffnungsträger einer Gesellschaft, die knapp mehrheitlich tatsächlich zu glauben scheint, dass die Überwindung der großen Krise am besten bei denen aufgehoben sei, die sie mit ihren wirtschaftsliberal-deregulativen Kampfgesängen seit Jahren selbst mit heraufbeschworen haben! Was für ein wahlpolitischer „bal pervers“! Demokratie ist manchmal einfach zu wahr, um wirklich schön zu sein.
Beste Grüße
Fritz Feder