Heute, am Sonntag dem 13. Juli, wurde eine Ausstellung der 1964 in Petersburg geborenen Künstlerin Marina Volkova in der Destille“ (Heidelberg, Untere Straße 16) eröffnet, mit der sich diese Altstadtkneipe einreiht in die Galerie von Galerien, die Wegbereiter für Große Namen geworden sind. Es lohnt aber auch, einen Besuch im  Atelier dieser nicht einzuschubladierenden Künstlerin zu vereinbaren, um – was natürlich mit den insgesamt nur 17 in der Destille gehängten Arbeiten schwer zu erreichen ist – sich einen umfassenden Eindruck über ihr künstlerisches Schaffen machen zu können.

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Die „Destillemacher“ Jutta und Dieter Stendel (es fehlt Christine Hartmann). Inmitten die Künstlerin Marina Volkova, die nach ihrem Studium von 1981 bis 1987 an der Kunstakademie Baron Steglitz in St. Petersburg durch zahlreiche Gruppen- und -einzelausstellungen auch in Heidelberg längst bekannt(er) sein sollte …

Nähern wir uns der Künstlerin über ihre Bilder, scheint uns spontan vieles vertraut, jedoch möchte man die Arbeiten auch in Zusammenhängen gesehen wissen, die rätselhaft vorkommen; andererseits aber liegt in eben genau dieser Rätselhaftigkeit doch wieder etwas Vertrautes: das Rätselhafte selbst ist uns ja nicht fremd. Wir erleben es bei beinahe jeder Begegnung mit Unbekanntem, in das wir nicht gleich Einsicht nehmen können, und wir erinnern uns an vieles, was uns rätselhaft geblieben ist und uns ja vielleicht gerade deshalb so nachhaltig beeindruckt hat. Beim betrachten der Bilder, dies zu enträtseln bleiben wir auf uns, unser Sehen, Empfinden und Nachdenken angewiesen. Jedoch hüte ich mich,  zu zergliedern. Oder zu analysieren, etwa nach einem interessanten moralischen oder psychologisierenden System zu suchen, um hinter das Geheimnis ihrer Deutbarkeit zu kommen; stattdessen lasse ich lieber ihre echte, ungebrochene Symbolkraft bestehen. Und die, die ist stark!

Wobei wir ihre sichtbare Vision für weit stärker halten dürfen, als unsere weitschweifige Analyse. Der Künstlerin Absicht, das bedarf es  keiner Worte, verlangt nachgerade, das Sinnen des Betrachters, des sich auf diese Kunst Einlassenden, man möge sich in viel leiserer Weise den sich wandelnden Formen und Gefühlsströmen anschmiegen und sie zu durchdringen suchen; das Aquarell „Erinnerungsknötchen“ mag dafür stehen, wie das „Schweigen der Steine“ wohl auch, ebenso wie (Öl auf Leinwand) ihre „Sehnsuch nach der Gegenwart“. Gehen – nachdem Sie die Ausstellung in der Destille (ein Risling inspiriert das Schauen fühlbar) besucht haben – auf ihre Internetseite: www.volkova.de . Dort finden Sie neben Aquarellen, Ölbildern und Graphiken auch Buchillustrationen, Schallplattencover und andere Auftragsarbeiten. Wo Kunst so zum Brot geht, muss sie sich nicht schämen. Und, nachdem Sie die Ausstellung in der Destille besucht, und wenn Sie dies alles gesehen haben: spätestens dann wissen Sie auch, was und wie ich all das meine.

Jürgen Gottschling

Jul 2008 | Heidelberg, Allgemein, Feuilleton | Kommentieren